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Den Tod im Griffl - Numbers 3

Den Tod im Griffl - Numbers 3

Titel: Den Tod im Griffl - Numbers 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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kaum zu hören, doch mein Baby wird plötzlich still. Ich stelle mir vor, dass sie zuhört. Ich singe und beobachte sie, solange ich kann, ich nehme jede Einzelheit in mein Bewusstsein auf und dann, als der letzte Funke Kraft aus mir weicht, schließe ich die Augen und singe weiter.
    Meine Stimme ist ganz schwach, ein Hauch, ein Widerhall, und dann ist sie gar nicht mehr da. Die Worte sind noch in meinem Kopf. Ich folge ihnen in Gedanken und sie werden wieder lauter. Doch es ist nicht meine Stimme, die Stimme gehört jemand anderem.
    »teht hoch übe alle Welt …«
    Wie wunderbar. Mein Baby hat singen gelernt. Vielleicht ist sie ein Engel. Vielleicht ist sie geschickt worden, um mich von hier zu erlösen.
    Ich möchte sie noch mal sehen. Nur noch ein Mal.
    Ich zwinge meine Augen dazu, sich zu öffnen, und sehe zwei kleine Gesichter vor mir. Zwei Engel. Aber nur einer von ihnen singt.
    »… Diemant am Himmelzelt …«
    »Mia.«
    Sie hört auf zu singen.
    »Baby. Baby zwinker, Mummy«, sagt sie. Sie hat sich ins Laub neben das Baby gehockt und den Arm um den Körper gelegt.
    »Ja, Mia. Das ist unser neues Baby. Dein Schwesterchen.«
    Meine Augenlider erschlaffen. Ich versuche alles, um wach zu bleiben. Alles. Aber es ist zu spät.
    »Mummy müde«, sagt Mia.
    »Ja«, murmel ich. »So müde. Ich liebe dich, Mia. Ich liebe dich und ich liebe deine Schwester.«
    Mia beugt sich vor und legt den anderen Arm auf mein Bein. Dann hebt sie die Hand. Die Hand ist blutrot.
    »Arme Mummy«, sagt sie.
    Ich will ihr keine Angst machen.
    »Nur müde, Schatz. Ich werde jetzt ein bisschen schlafen. Ich liebe dich, Süße.«
    »Liebe dich.«
    Sie beugt sich noch einmal vor und küsst mich.
    Meine Augen fallen zu. Dann macht sie das Gleiche, das Gleiche, was Saul getan hat. Sie öffnet mit dem Daumen mein rechtes Auge. Sie hat das schon öfter getan, wenn ich schlief und sie mit mir spielen wollte. Es hat mich immer verrückt gemacht, doch jetzt starren wir Auge in Auge und ich weiß, es ist das Letzte, was ich von ihr sehen werde. Es ist so bittersüß, dass es wehtut. Bitter, weil es Abschied bedeutet. Und süß, weil ich mich immer für Mia entschieden hätte, wenn ich jemanden aussuchen könnte, um mit ihm meinen letzten Moment zu verbringen.
    »Arme Mummy«, sagt sie wieder.
    Ihre Augen haben das blaueste Blau, genau wie meine. Adam hat immer gesagt, er könne sich in diesem Blau verlieren, jetzt verliere ich mich in Mia. Das Letzte, was ich sehe, sind diese tiefen, tiefen Augentümpel. Sie schicken ihr Licht durch meinen Kopf und es bringt wieder Schmerz, doch es ist ein schöner Schmerz, ein Schmerz, der alles andere aussperrt. Blau gilt als kalte Farbe, aber dieses Blau ist anders – warm, tröstend, voller Hoffnung. Es geht durch mich durch, bis in die Zehen und Fingerspitzen. Es breitet sich auf der Haut aus, in Herz, Lunge und Kopf, und als ich Mia ansehe, ist sie in Licht getränkt. Ein goldener Schein umgibt sie. Mein Goldkind.
    »Liebe dich, Mummy.«
    »Liebe dich, Mia.«
    Auf einmal ist noch ein anderes Geräusch da, ein hoher, aufdringlicher Ton. Aber er interessiert mich nicht. Nichts interessiert mich. Ich kann nicht mehr.

ADAM
    Ich renne in Richtung Tor zurück, als ich plötzlich eine Stimme höre, die den Nebel durchdringt. Es ist ein Triumphschrei, ein gewaltiger Siegesschrei. Und er kommt von der anderen Seite der Mauer.
    Ich fahre herum und jage durch das Tor, dann bleibe ich stehen. Am Eingang säumen Baumreihen einen Kiesweg. Durch die Bäume sieht man Steine. Große, aufrecht stehende Steine mit gerader Front. Das ist der Ort. Ich bin in Sarahs Bild, ihrem Albtraum.
    Die Stimme ist hier lauter zu hören und der Jubelschrei hat sich in Worte verwandelt. »Jaaaa! Jaaaa!«
    Ich muss ihn nicht sehen, um zu wissen, wer es ist, doch bald erhasche ich einen ersten Blick auf ihn. Er rennt, springt, tanzt sogar. Ich habe ihn noch nie so gesehen und es gibt nur einen Grund, warum er sich so benimmt. Er hat es getan. Er hat geschafft, was er vorhatte. Er hat meinem Kind die Zahl gestohlen und mein Kind hat jetzt nur noch ein paar Stunden zu leben.
    Ich sollte mich nicht um Saul kümmern. Ich sollte nach Sarah suchen, unser Kind suchen, doch als ich ihn so herumspringen sehe, spüre ich, wie mir das Blut in den Adern kocht. Er ist das personifizierte Böse. Er sollte damit nicht durchkommen. Und das wird er auch nicht.
    Ich renne auf ihn zu.
    Er sieht mich erst, als ich direkt vor ihm bin. Er lacht.
    »Adam«, sagt

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