Denen man nicht vergibt
schwarzes Haar, das ihr kunstvoll zerzaust über eine Schulter strömte. Sie war so gut wie ungeschminkt. Delion betrachtete sie und kam zu dem Schluss, dass fünfhundert Piepen in ihrem Fall wohl nicht außer Frage standen.
»Und Sie sind...?«
»Elaine Books. Was wollen Sie? He, die ist kein Bulle, das ist eine Obdachlose. Ich weiß... Valerie hat mir von Ihnen erzählt, hat gesagt, Sie würden sich immer verziehen, sobald jemand auftaucht, und nur mit diesem Priester reden. Und Sie, Sie sind auch keiner von den hiesigen Bullen, dafür sehen Ihre Schuhe viel zu teuer aus. Was sind Sie, ein Rechtsverdreher? Was wollen Sie hier?«
Delion sagte: »Keine Sorge, die beiden sind mit mir zusammen. Finden Sie wirklich, dass seine Schuhe teurer sind als meine? Nein, vergessen Sie’s. Wir müssen mit Valerie Striker, Ihrer Nachbarin in 4B reden, aber sie macht nicht auf. Haben Sie sie heute Vormittag schon gesehen?«
»Nein.« Miss Books runzelte die Stirn und trommelte mit ihren tadellos manikürten Fingern an den Türrahmen. »Wissen Sie, eigentlich habe ich Valerie schon seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen. Was ist denn mit ihr?«
Dane sagte ganz langsam: »Also das gefällt mir nicht, Delion«.
Delion sagte: »Also gut, Mrs. Books, wir möchten, dass Sie mit uns kommen und zuschauen, wie wir die Tür öffnen, okay?«
»Mein Gott, Sie glauben doch nicht, dass Valerie was zugestoßen ist, oder?«
»Wir hoffen nicht, aber Sie sollen auf jeden Fall bezeugen, dass wir besorgt waren und uns deshalb Zugang verschafften.«
Delion klopfte an die Tür von 4B. Keine Antwort. Er drückte sein Ohr ans Holz. »Nichts«, sagte er.
Delion stemmte die Schulter gegen die Tür und drückte kräftig. Nichts geschah. »Richtig stabile Holztür. Hätte ich mir denken können«, sagte er. Er und Dane nahmen Anlauf und rammten dann gleichzeitig die Schulter gegen die Tür. Sie flog auf und knallte gegen die Wand.
Eine wunderschöne Wohnung, dachte Nick und spähte an den beiden vorbei. So hell und luftig, so viele Fenster und überall Sonne.
Wo war Valerie Striker?
Dane blieb abrupt stehen und schien zu versteinern. Dann drehte er sich um und sagte leise und drängend: »Mrs. Jones, bitte bleiben Sie, wo Sie sind. Danke, Mrs. Books, den Rest erledigen wir selber.«
»He, was riecht hier so?« Elaine Books’ Kopf zuckte zurück. »O mein Gott, o mein Gott.«
»Bleiben Sie zurück«, befahl Delion. Und zu Dane sagte er: »Lassen Sie sie nicht rein.«
Aber es war schon zu spät. Bevor Dane Elaine Books und Nick Jones aus dem Apartment drängen konnte, hatte diese schon zwei weiße Beine hinter dem Wohnzimmersofa hervorstehen sehen. Es war ein wirklich hübsches Sofa, ganz weiß, mit noch weißeren Kissen drauf. Überall auf diesem Sofa waren Flecken zu sehen, als hätte jemand mit der Hand in einen Farbtopf gegriffen und die Farbe munter überall verspritzt.
»O nein«, ächzte Nick. »Das ist keine Farbe, oder?«
»Nein«, sagte Dane, »das ist keine Farbe. Sie bleiben hier stehen, ja? Keinen Schritt weiter.«
Delion trat hinters Sofa und ging dort in die Hocke. Als er sich wieder aufrichtete, sah er grimmig und bekümmert aus.
»Ich glaube, wir haben Valerie Striker gefunden. Man hat sie erwürgt. Ich würde sagen, sie ist mindestens schon zwei Tage tot.« Er nickte Dane zu, der die beiden Frauen wieder zurück in die Diele trieb. Er hörte, wie Delion am Telefon den Abtransport der Leiche in die Wege leitete.
Elaine Books sank an die Wand und begann zu weinen. »Es tut mir so Leid«, sagte Nick. »Sie war Ihre Freundin. Wie schrecklich. Sie war so nett zu mir - trotz... trotz allem, wie ich aussehe.« Langsam und behutsam nahm Nick die Frau in die Arme, damit sie sich an ihrer Schulter ausweinen konnte.
Nick blickte zu Dane auf. »Er hat sie umgebracht. Er muss sie gesehen und Angst gehabt haben, dass sie von dem Mord an Vater Michael Joseph erfährt und sich an ihn erinnert. Er wusste entweder, wer sie war, oder er hat es rausgefunden. Dann ist er noch in derselben Nacht hergekommen und hat sie umgebracht. So muss es gewesen sein, nicht?«
Dane nickte. »Ja, höchstwahrscheinlich.«
Elaine Books weinte jetzt leiser, den Kopf immer noch an Nicks Schulter gelehnt.
Valerie Striker war tot. Wahrscheinlich hatte sie überhaupt nichts gesehen, aber das spielte keine Rolle. Jetzt konnte sie niemandem mehr etwas erzählen. Nick machte die Augen zu, während sie Elaine Books sanft wiegte und dachte, eigentlich sollte ich
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