Denken hilft zwar, nutzt aber nichts
sie dazu bringt, bis zum bitteren Ende mitzubieten. Wie wir vermutet hatten, hatten diejenigen, die über die längste Zeitspanne hinweg die höchsten Gebote abgaben, am Ende das stärkste Gefühl virtueller Besitzerschaft. Natürlich waren sie anfällig für diese Aufwärtsspirale, denn sobald sie sich einmal in die Rolle des Besitzers hineinversetzt hatten, waren sie gezwungen zu verhindern, dass sie ihre Position verloren, und boten immer höher.
»Virtueller Besitz« ist natürlich die wichtigste Triebfeder, die sich die Werbeindustrie zunutze macht. Wir sehen ein glückliches Paar, das in einem BMW-Cabrio die kalifornische Küste entlangfährt, und stellen uns vor, wir wären an seiner Stelle. Wir bekommen von der Firma Patagonia einen Katalog für Wanderkleidung, entdecken darin einen Fleece-Pullover und – wusch – schon stellen wir uns vor, er gehöre uns. Die Falle ist aufgestellt, und wir tappen bereitwillig hinein. Wir werden zu partiellen Besitzern einer Sache, noch bevor sie uns gehört.
Es gibt noch eine weitere Art, uns in die Besitzerschaft hineinzuziehen. Häufig locken uns Unternehmen mit »Test«-Angeboten. Wenn wir beispielsweise einen einfachen Kabelanschluss fürs Fernsehen haben, lassen wir uns womöglich mit einem speziellen »Test«-Preis für ein »Digital-Gold-Paket« (nur 59 Dollar im Monat anstatt der üblichen 89 Dollar) ködern. Schließlich, so sagen wir uns, können wie jederzeit zum einfachen Kabelanschluss zurückkehren oder auf das »Silber-Paket« umsteigen.
Sobald wir aber das Gold-Paket ausprobiert haben, fühlen wir uns schon als sein Besitzer. Werden wir wirklich die Stärke aufbringen, wieder zum Grundpaket oder auch nur zu »Digital-Silber« zurückzugehen? Das steht zu bezweifeln. Anfangs denken wir vielleicht, es sei ein Leichtes, sich wieder auf das Grundpaket zu beschränken, doch sobald wir uns an das digitale Bild gewöhnt haben, verleiben wir den Besitzerstolz darauf unserer Weltsicht und unserem Selbstbild ein und rationalisieren die zusätzlichen Kosten in null Komma nichts weg. Mehr noch, die Angst vor einem Verlust – vor dem Verlust dieses schönen, gestochen scharfen »Gold-Paket«-Bilds – ist uns unerträglich. Mit anderen Worten: Bevor wir wechseln, sind wir vielleicht noch unsicher, ob die Vorteile des digitalen Gold-Pakets den vollen Preis wert sind; doch sobald wir es einmal haben, macht sich ein Besitzergefühl breit und sagt uns, dass sich der Verlust des »digitalen Golds« nicht so leicht verschmerzen lässt wie die paar Doller Mehrkosten im Monat. Zum alten Anschluss zurückzukehren ist in Wirklichkeit viel schwerer, als wir uns vorgestellt haben.
Ein weiteres Beispiel für denselben Haken ist die »30-Tage-Rückgabegarantie«. Wenn wir nicht so genau wissen, ob wir uns ein neues Sofa kaufen sollen, räumt die Garantie, später unsere Meinung wieder ändern zu können, unsere Bedenken aus dem Weg, so dass wir am Ende eins kaufen. Wahrscheinlich können wir nicht einschätzen, wie sich unsere Sicht ändert, sobald wir es einmal in der Wohnung stehen haben; wir wissen nicht, wie wir es betrachten werden – als unser Eigentum –, und wir ahnen nicht, dass wir folglich die Rückgabe als Verlust ansehen.
Besitztum ist nicht auf materielle Dinge beschränkt. Es kann sich auch auf Sichtweisen beziehen. Was tun wir, wenn wireine Idee als unsere eigene betrachten? Vielleicht lieben wir sie mehr, als wir sollten, und schätzen sie höher ein, als sie wert ist. Jedenfalls fällt es uns meistens schwer, wieder von ihr zu lassen – weil wir den Gedanken an ihren Verlust nicht ertragen. Was aber haben wir dann eigentlich? Eine Ideologie – starr und unverrückbar.
Für die Krankheit des Besitzdenkens gibt es keine Heilmethode. Es ist in unser Leben eingewoben, wie Adam Smith sagte. Aber allein, sich dessen bewusst zu sein, ist vielleicht schon eine Hilfe. Um uns herum begegnen wir überall dem Versprechen, dass es unsere Lebensqualität verbessert, wenn wir ein größeres Haus, einen zweiten Wagen, eine Spülmaschine, einen Rasenmäher und so weiter kaufen. Doch sobald wir uns neuen Besitz zulegen, fällt es uns schwer, unsere Ansprüche wieder zurückzuschrauben. Wie ich vorher schon sagte: Besitz verändert einfach unsere Sichtweise. Plötzlich erscheint uns der Schritt zurück in den Zustand des Nichtbesitzens als Verlust, den wir nicht hinnehmen können. Und während wir so beständig unsere Lebensqualität erhöhen, geben wir uns der
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