Denken Mit Dem Bauch
Gefühl heraus zu
entscheiden, die Dinge also rein emotional zu sehen? Oder meinen wir mit »Aus dem Bauch heraus…«, dass wir auf unser körperliches Befinden horchen sollten«? Und - dies klang schon im vorangegangenen Kapitel an: Wie steht es mit der Frage nach der Moral, nach Gut und Böse?
Da wir Menschen stets auf der Suche nach moralischen
Bewertungen unsere Welt durchforsten, ist diese Frage sehr berechtigt. Ist Bauchdenken moralisch gut? Oder ist
Bauchdenken moralisch schlecht? Ist es förderlich? Oder ist es eher hinderlich? In unserem menschlichen Gehirn arbeiten etwa 500 Billionen Schaltstellen, die so genannten Synapsen. Sie sorgen dafür, dass wir gezielt denken können, die Dinge bewerten, Zusammenhänge lernen und mit der neuen Kenntnis der Zusammenhänge folgerichtig (sinnvoll und logisch)
entscheiden. Was nicht bedeutet, dass wir das auch immer tun.
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Die Synapsen sorgen auch dafür, dass wir uns erinnern können -
aber nicht alle Erinnerungen gleichzeitig im Kopf auftauchen.
Dann nämlich würden wir durch die Erinnerungsüberflutung verrückt werden. Unser Erinnerungsapparat würde ganz einfach zusammenbrechen - und wir mit ihm.
Erinnerungen abspeichern können auch die Milliarden von Körperzellen. Jede unserer Körperzellen hat in seinem Inneren eine Art Gedächtnis, fast so wie im Gehirn. In unseren Genen steckt ein riesiges Reservoir von Programmen, Erinnerungen und Befehlen. Wenn wir dieses Zellgedächtnis sichtbar machen wollten, müsste man in winzigste Dimensionen einsteigen.
Würde man ein einziges Zellgedächtnis in der Größe eines Streichholzkopfes sichtbar machen, wäre der dazugehörige Mensch etwa 900 000 Kilometer groß. Eine Entfernung, die so weit wäre, dass der dazugehörige Mensch den Mond wie einen Apfel in der Hand halten könnte. Und doch können diese winzigen Zellgedächtnisse gewissermaßen denken. Zwar nicht jedes für sich, aber alle vereint vollbringen sie geradezu gigantische Denkleistungen. Man kann sich das etwa so
vorstellen wie die kollektive Intelligenz eines Ameisenhaufens.
Eine einzelne Ameise kann nicht denken. Nicht einmal eine denkähnliche Leistung könnte sie vollbringen. Aber die Summe aller Ameisen eines Haufens ist in der Lage, hochintelligente Sozialsysteme zu organisieren und damit das Überleben der Art zu sichern.
Ein geradezu unglaubliches Beispiel für diese Art von
kollektiver Intelligenz lieferten die Frauen in den europäischen Ländern nach dem 1. und 2. Weltkrieg. Da in diesen Kriegen unzählige Männer auf den Schlachtfeldern blieben, fehlten den Gesellschaften (den Ländern) die Männer. Um diesen leer gelaufenen Tank aufzufüllen, gebaren die Frauen nach den Kriegen mehr männliche Kinder als weibliche. In der Regel verteilt die Natur Männlich-Weiblich-Geburten ziemlich genau im Verhältnis 1:1. Nach den Kriegen veränderte es sich so lange
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zugunsten der Männer, bis das soziale Defizit aufgefüllt war.
Dann kehrte das Verhältnis zum alten 1:1 zurück.
Wir finden dieses kollektive Intelligenzsystem in der
gesamten belebten Natur wieder, bei Walen oder Delphinen, bei Ameisen oder Gorillas, bei Bäumen oder Sträuchern, bei Insekten oder Vögeln. Wem es gelingt, die Speichersystematik und die Speicherlogik der Zellen zu entziffern, nach dem dieses System abläuft, ist reif für den Nobelpreis. Wir Menschen haben noch nicht verstanden, wie die Natur an die nötigen
Informationen kommt, um so intelligent zu reagieren. Dass sie die Informationen erlangt, ist klar… aber wie? Der Datenträger der Information allerdings ist bekannt.
Ein eiweißähnliches Molekül mit dem Namen »Soctophobin«
ist der Träger dieses »Gedächtnisapparates«. Prof. George Ungar von der Universität in Houston, Texas, entdeckte schon in den frühen 1970er-Jahren dieses Molekül und er kam diesem Stoff eher zufällig auf die Schliche.
Prof. Ungar bearbeitete damals einen ganz anderen
Forschungsauftrag, der mit Zelldenken (geschweige denn mit Intuitionsprogrammen) nicht das Geringste zu tun hatte. Er arbeitete für einen Pharmakonzern und sollte herausfinden, ob ein bestimmter chemischer Wirkstoff Depressionen mindern oder gar ganz beheben könnte. Irgendwie kam er nicht so recht weiter. Er hatte schon alle möglichen Versuche mit Ratten angestellt. Durch künstliche Stressoren (Überpopulation, Kälte, Hitze, Licht, Lärm, Futterentzug usw….) wurden die Ratten in die Depression getrieben - und dann mit den verschiedensten
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