Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
Sturz ihrer Monarchie im Jahre 1806 erinnern können, und wie doch Öster-reich noch viel respektabler im Jahre 1809 aus dem Kampfe geschieden war. Aber das hätte mir unwürdig geschienen, und so ließ ich sie reden. Vielleicht aber hätte ich es rügen sollen, und vielleicht wäre mancher solche Übermut der Fremden gegen uns unterblieben, wenn wir ihnen die Zähne gezeigt hätten, so wie Bürger singt'28):
Viel Klagen hör ich stets erheben Vom Hochmut, den der Große übt. Der Großen Hochmut wird sich geben. Wenn unsre Kriecherei sich gibt.
Indessen hatten doch Preußen und Rußland dem' Beitritt Österreichs zu ihrem Bunde mit Verlangen ent-gegengesehen, und nur davon sich Heil und das Gelin-gen ihrer Pläne versprochen. Mein Herz jauchzte auf über diesen Beitritt, und wie immer auch die Schicksale sich gestalten sollten, es schien mir ehrenvoller, mit dem ganzen deutschen Vaterland zu Grund zu gehen, als allein ruhig stehen zu bleiben, wenn die übrigen kämpf-ten, bluteten — eine Rolle, die Preußen früher beim Basler Traktat, wenn ich nicht irre, und im Jahre 1805 nicht verschmäht hatte, zu spielen. Es war ihnen 1806 schrecklich heimgekommen und darum nichts mehr, davon! Schenkendorf sprach es ja aus: Nicht mehr nun trennt uns Süd und Norden'*^). — Damals galten -wir
yS^T^
auch für Deutsche, eine Benennung, die man uns früher, und auch jetzt wieder in so mancher Beziehung vom Norden und Westen aus nicht immer zugestehen will.
Österreich erhob also den Schild — und wahrlich, es schien mir in diesem Kampfe, in dem zwar jede der drei Mächte mit allen ihren Waffen im Felde erschien, als ob Preußen das Schwert, Rußland die ferntreffende Lanze und Österreich der Schild war, der sich vor die übrigen noch unversehrten Gaue Deutschlands stellte, um die Schrecken des Krieges von ihnen abzuhalten.
Alle diese Hoffnungen, Befürchtungen, Erwartungen und Zweifel hatten mein Innerstes lebhaft erregt, und allerlei Entwürfe, das, was mich bewegte, in poetischer Gestaltung auszusprechen, stiegen und sanken wechsel-weise in mir auf und nieder. Meines Mannes Wunsch entschied endlich für ein dramatisches Gedicht, und ich erinnere mich nicht mehr bestimmt, welche Veran-lassung mich auf einen Punkt der deutschen Geschichte führte, wo ein (zwar deutscher Kaiser, aber von undeut-scher Geburt) nämlich Friedrich IL, der wohl oft das Glück Deutschlands seinen italienischen Bestrebungen unterordnete, eben (nach der Meinung einiger Ge-schichtsschreiber) mit seinem Sohne Heinrich in Kampf geriet, weil dieser sich seines Vaters Plänen, Italien zu unterjochen, und sich dazu der Kräfte Deutschlands zu bedienen, entgegensetzte. Es gibt viele Geschichts-schreiber, die diese Begebenheit anders berichten, und bei denen Heinrichs, des römischen Königs Unrecht ge-gen seinen Vater deutlicher hervortritt. Nur muß man nicht vergessen, daß, da seit der Reformation bis ganz nahe an unsere Zeit die Geschichtsschreibung meist in den Händen der Protestanten war, schon der unglück-liche und mit so viel Kraft geführte Kampf gegen die
Macht des Papstes, Friedrich IL in den Augen dieser Historiker einen Glanz verlieh, der vor dem unpar^ teiischen Richterstuhl der Wahrheit vielleicht nicht ganz anerkannt werden dürfte, indem dieses Monarchen Charakter italienische Schlauheit, Härte, Irreligiosität und Nichtachtung der öffentlichen Meinung (wie seine sarazenische Leibwache in jener Zeit des kindlichsten Glaubens bewies), eine Mischung von Elementen zeigt, die ihn, nach meiner Meinung, tief unter seinen edleren und echten deutschen Ahn Barbarossa stellen. . War diese meine Ansicht ein Irrtum, so war es doch ein unfreiwilliger, entstanden — wie jede Ansicht pflegt — aus den angebornen Neigungen, aus den Ein-drücken meiner Erziehung und der Einwirkung der Zeitumstände. Genug, ich entwarf den Plan zu mei-nem „Heinrich vonHohenstauffen"'^"), in dessen Ver-schlingungen ich passenden Raum für vieles, was da-mals mich und Tausende mit jnir bewegte, zu finden dachte. Es war Deutschland, welches von einem kräf-tigen, aber nicht wohlgesinnten Fürsten und Kriegs-helden seinen anderweitigen Plänen für Größe und Ehre aufgeopfert werden soll; es waren deutsche Für-sten, die, uneins unter sich, nur ihren eigenen Vorteil, nicht den des gesamten Vaterlandes im Auge hatten; es war endlich Österreich, welches in der Person seines letzten (Babenbergischen) Herzogs Friedrich und dessen Schwester Margaretha, Gemahlin des
Weitere Kostenlose Bücher