Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
Ihr flatter-haftes, stets unbefriedigtes Wesen zeichnete Karoline Pichler in der Rosalie Sarewsky des Romanes „Frauenwürde" (unten II, S. 108). Antonie von Kempelen starb am 2. April 1814, 32 Jahre alt, an der Lungensucht in der Aiser Vorstadt Nr. 27, ihren einzigen Sohn Ludwig (geboren am 14. Februar 1803) — ein zweiter Sohn Karl war am 22. März 1800,9 Monate alt, an Schleimfieber gestorben (TotenprotokoUe der Stadt Wien. 1800. Buchstabe C, G, K, Fol. 45 a) — zum Universalerben einsetzend (Totenprotokolle usw. 1814, Buchstabe C, G, K, Fol. 50 a; Verlassenschaftsakten im Archiv des Wiener Landesgerichtes, Fasz. V, Nr. 70 ex 1814). Der Sohn verblieb bei der Großmutter Josefa Sölnwanger in Wien, während der Vater in Gomba wohnte (Verlassenschaftsakt). Ludwig trat später bei der allgemeinen Hofkammer ein, wo er 1848 (Hof-und Staats-Handbuch, 1848, I, S. 251) als Hofaccessist erscheint; 1855 wurde er Kanzleioffizial im Hilfsamt des Finanzministeriums (ebd. 1856, I, S. 153 c), als welcher er bis 1876 dient (ebd. 1876, S. 281). Als Dichter hatte er kein Glück, denn sein Schauspiel „Das Bild des Bruders" fiel 1835 im Burgtheater glänzend durch (C. L. Costenoble, Aus dem Burgtheater, II, [Wien 1889], S. 213, 217).
40«) Josef Freiherr von Hormayr (1781—1848), ein Tiroler, als Historiker und Staatsmann hervorragend tätig, war im Mai 1797 zu Innsbruck in den Staatsdienst getreten, diente nebenher bei der Tiroler Landwehr, in der er es 1800 zum Divisionskommandan-ten und Major brachte, und wxurde im September 1801 nach Wien zur Dienstleistung in die Haus-, Hof- und Staatskanzlei als Hof-konzipist berufen. Er hatte damals, trotz seiner Jugend, als histo-rischer Schriftsteller einen Namen, und so kam es, daß er in den literarischen Kreisen Wiens bald heimisch war. Am 21. September 1801 in Wien angelangt, ließ er sich bereits am 28. September durch Haschka bei der Pichler einführen, die einen günstigen Eindruck von ihm empfing (vgl. I, S. 239f.; II, S. 406; Hormayrs Brief an die Pichler vom 30. Oktober 1841: K. Glossy, Grillp. Jb. XII, S. 322; Hormayrs Taschenbuch, XXXIV, S. 123). Im Juli 1802 wurde Horma)T: mit der provisorischen Leitung des Haus-, Hof-und Staatsarchivs betraut, dessen wirklicher Direktor er im April 1808 wurde; er schuf dieses Institut in Kürze vollständig mn und machte es in großzügiger Weise der Wissenschaft dienstbar. Wäh-rend Hormayr anfangs nur selten zur Pichler kam (oben S, 240), entwickelte sich seit 1804 ein äußerst reges gesellschaftliches Ver-hältnis. Man pflegte gemeinsame Lektüre, Hormayr und Collin hielten Deklamationen ab (oben S. 260 f.), die großen Genuß ge-währten (Pichler an Streckfuß, 9. Juni 1807: K. Glossy, Wiener Communal-Kalender, XXXII, S. 404), und es wurde fleißig Theater gespielt (1807: oben S. 297 mit Anm. 489). Hormayr führte hervorragende Leute ein, die später intime Freunde des Hauses wurden, so 1807 den Diplomaten Merian (oben S. 299, 421), den Maler Karl Ruß (Hormayrs Taschenbuch, XXXIV, S. 127), dessen Bild „Die beiden Freunde" Pichler später mit einem Ge-dichte versah (vgl. II, Anm. 185), den Grafen Szechenyi (oben S. 4105 II, S. 13), später (1828) auch den Schauspieler Anschütz (K. Glossy, Grillp. Jb. XII, S. 315) u. a. Er selbst verkehrte, wie aus Brief stellen hervorgeht (1808: K. Glossy, Grillp. Jb. XII, S. 243, 244), sehr gerne bei der Pichler, ja es war schließlich sogar das einzige Haus, das er überhaupt aufsuchte, wozu vielleicht auch Frau Kempelen beigetragen haben mag (oben S. 297), da Hormayrs Ehe keine besonders glückÜche zu nennen war. Glühende Vater-landsliebe erfüllte damals Hormayr, alles, was er an historischen Arbeiten schrieb, war davon durchdrungen und diente zur Ver-herrlichung Österreichs. Ein klassisches Muster dafür ist sein „Österreichischer Plutarch" (i8o7ff.), der, in Verbindung mit Hormayrs Idee von der Durchdringung der Künste mit vaterlän-dischen Stoffen, auf die damalige österreichische Dichtergeneration, allen voran H. Collin und KaroHne Pichler, mächtigen Einfluß aus-
übte (vgl. oben S. 307 mit Anm. 505 f.). Pichlers vaterländische Balladen, die im Hormayrschen „Archiv" und „Taschenbuch" meist zuerst veröffentlicht wurden (vgl. Anm. 678), gingen aus Hormayrs Anregungen hervor, der ihr bei der Stoffbeschaffung zur Seite stand und wiederholt auf geeignete Stoffe hinwies (vgl. Anm. 678 unter den einzelnen Balladen; Hormayrs Briefe an die Pichler: K. Glossy, Grillp. Jb. XII, S.
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