Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
Anlage des Romanes einfach und gut, fand aber, daß die einzelnen
Charaktere zu sehr bloße Skizzen de« Verstandes und die Hand-lungen, Begebenheiten und Verwicklungen gar zu gewöhnliche sind, wofür er die Schuld der geringen Ausbildung des gesellschaft-lichen Geistes bei den Deutschen beimißt. Er tadelte, daß sich alles im Romane einer bestimmten Lehre (Leben der glänzenden Welt ist elend) fügen müsse, daß die Briefform, die möglichste Ein-fachheit der Handlung voraussetze, oft einen schleppenden Gang der Handlung durch Wiederholungen erzeuge und auch die feineren Charakterunterschiede in den Briefen nicht zur Geltung kommen. Wenn auch der Plan gut sei, die Charaktere verständig gegenein-andergesetzt und berechnet seien und die Sprache rein, gefeilt und warm sei, so erzeuge der Roman im Detail doch Langeweile und sei keine angenehme und belehrende Unterhaltung für den, der mit dieser großen Welt vertraut ist. Vergleichf: man aber den Roman mit anderen, zu Ruhm gelangten Romanen von Damen, so verdiene er unter diesen eine ehrenvolle Stellung und ein ebenso großes Publikum. — Nach all diesen mehr oder weniger bissigen und absprechenden Rezensionen des 1803 entstandenen und Gestalten der Wirklichkeit verwertenden Romans (vgl. II, S. 405; Häring = Ferdinand Blum usw.), sei auch auf eine freund-lichere Anzeige (Allgemeine Literatur-Zeitung. Halle 1807. II, Sp. 249 ff.) hingewiesen, welche die Zeichnung der Charaktere gut, die Darstellung gewählt und trefflich nennt, wenn auch in-folge der Briefform Wiederholungen und Weitschweifigkeiten ein-treten, so daß der 2. Teil ermüdend wirkt.
Von anderen Werken Karoline Pichlers waren damals noch er-schienen :
I. Eduard und Malvina. Wien, bey Anton Pichler, 1805. 8°. 196 S. Mit einem Kupfer (Joh. Kaspar Weinrauch fec). Später: S. W.a XXVII. S. 97 ff. — Sehr lobend, doch eine gewisse Weit-schweifigkeit rügend, spricht sich darüber eine Anzeige in „Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung" (1806, II, Sp. 334f.) aus. Lobend ist im großen und ganzen eine Rezension in „Annalen der Literatur und Kunst in den österreichischen Staaten" (IV 2 [Wien 1805], S. 3i6ff.), wenn sie auch die Ereignisse als zu unwahrscheinlich, die Art und Verbindung der Gegenstände als zu wenig der Welt entsprechend und die Individualität der Personen nicht gehörig herausgearbeitet findet, wofür aber die Naturschilderungen treff-lich sind. Die UnWahrscheinlichkeit mancher Ereignisse hebt auch die Anzeige in „Allgemeine Literatur-Zeitung" (1807, II, Sp. 252f.) hervor, doch wird dies durch die Lebendigkeit der Schilderung gedeckt. Garli^b Merkel, der bereits Pichlers „Gleich-nissen" wohlwollend gegenüberstand, findet (Der Freymüthige III, I [Berlin 1805], S. 305) in diesem Roman „Szenen von einem
80 zart rührenden Charakter, als nur jemals in die Lebensgeschichte Heloisens hineingedichtet wurden". Viele Situationen und Szenen erscheinen ihm „reizend ausgemalt" und der Vortrag ist „blühend und wohlklingend". — Der Roman als solcher schließt sich an Kotzebues Schauspiel „Eduard in Schottland" (nach Duval; Drama in 3 Akten. Leipzig 1804: Goedeke V, S. 282 : 103), und zwar an dessen Ende an, und schildert, wie sich die Sache hätte weiter entwickeln können. — Von dieser Erzählung erschien 1813 eine Übersetzung ins Italienische (Eduardo e Malvina, romanze senti-mentale trasp. da V. Bondegammi. Milano 1813: Schindel, Die Schriftstellerinnen . . . III, S. 227).
2. Sie war es dennoch. Wien, bey Anton Pichler, 1807. 8". 126 S. Mit einem Kupfer (Joh. K. Weinrauch fec). Später: S. W.2 XXVI, S. 8 1 ff. — Diese Erzählung wurde als unterhaltend, belehrend und lesenswert bezeichnet (Neue Annalen der Literatur des österreichischen Kaiserthumes I, 2 [Wien 1807], S. 2871.), da sie „voll feiner psychologischer Züge" ist (Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat I [Wien 1808], S. 248).
^^°) Minerva. Taschenbuch für das Jahr 1809 (—1833). Leipzig, bey Gerhard Fleischer dem Jüngeren (ab 1831 Friedrich Fleischer). Enthält folgende Beiträge der Pichler:
I. (1809), ^iff.: Stille Liebe (Prosa = S. W.* XXII, S.227ff.). — Frau Montolieu übersetzte 1S13 die Novelle als „Amour et Silence" ins Französische (vgl. II, Anm. 297), J. Tom. Novacek 1836 ins Cechische (Welikomyslne zaprenj sehe, aneb tagnä laskak. Tabor 1836: Anton Hansgirg, Katalog ceskych etc. Prag 1840, S. 54b).
II. (1810), S. i59ff.: Cremsmünster. Eine Legende (Gedicht
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