Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
Franzosen hatten am 10. Mai 1809 mit Tagesanbruch von Schönbrunn aus die Vorstadt Mariahilf besetzt und verbreiteten sich von hier aus weiter. Zweimal wurde Erzherzog Maximilian von Seiten der Franzosen zur Übergabe der Stadt aufgefordert,
doch er gab eine hochmütige Antwort und ließ die Vorstädte heftig beschießen, so daß man zur Vermeidung von Unannehm-lichkeiten gezwungen war, die Kranken- und Versorgungshäuser in den Vorstädten durch schwarze Fahnen vor den Freunden zu schützen (Schimmer, S. 84; oben S. 34of.). Die Beschießung wurde am II. Mai fortgesetzt und dabei besonders die Hof Stallungen beschädigt. Nachdem die Franzosen bereits um 2 Uhr nachmit-tags gegen die Burgbastei geschossen hatten, begannen sie abends um 9 Uhr das allgemeine Bombardement. Vgl. Schimmer, S. 79ff.; Geusau, S. 105ff.; Wertheimer, S. igf.; Glossy, S.64ff. — Haupt-mann Lorenz Barchetti, der mit seiner Kompagnie vom zweiten Bürgerregiment gegen die Löwelbastei zu stand, wurde in der Nacht vom 11. zum 12. Mai durch eine Granate schwer verwundet (vgl. Schimmer, S. 89; Geusau, S. 129), starb aber nicht noch diese Nacht, wie die Pichler meint, sondern erst am 15. Mai. Er war bürgerlicher Bandfabrikant in Oberneustift Nr. 88, seit 12. Sep-tember 1803 mit Katharina Mattei verehelicht und hinterließ seinen vier Kindern (Anton, 4 Jahre; Katharina, 3 Jahre; Karl, 2 Jahre und Franziska, ^1^ Jahre) ein Vermögen von 6709 fl. 57 kr. (vgl. seinen Verlassenschaftsakt im Archiv des Wiener Landes-gerichtes, Fasz. II, Nr. 3636 ex 1809), Sein Leichenbegängnis fand am 17. Mai in feierlicher Weise statt, selbst Franzosen be-teiligten sich daran (Schimmer, S. 89, Anm.; Geusau, S. 129). Er ■wurde am Schmelzer Friedhof beerdigt, wo heute'noch (Novem-ber 1912) sein Grabstein (Haupteingang, rechts) mit folgender Inschrift zu sehen ist:
Dem tapfern Herrn Lorenz Barchetti Hauptmann im zweyten Wiener-Bürger-Regiment
gewidmet ;
von seinen Cameraden.
Errichtet am 11. May 1847.
Die Gemeinde benannte ihm zu Ehren im 13. Bezirke eine Straße mit „Barchettigasse" (Friedrich Umlauft, Namenbuch der Straßen und Plätze von Wien. Wien 1905. S. 8). — Außer Barchetti fielen dem Bombardement noch 16 Menschenleben zum Opfer (Schimmer, S. 89f.; Geusau, S. i29f.).
^^^) Über die Beschießung Wiens in der Nacht vom ii. zum 12. Mai 1809, die um 9 Uhr abends von den Hof Stallungen aus (Spittelberg) begann und infolge Munitionsmangels um I/23 Uhr früh aufhörte, sowie über die Zerstörungen, die sie bewirkte, und
über die Feuersbrünste, die in der Stadt ausbrachen, vgl. man Geusau, S. izöff.; Schimmer, S. 86ff.; Wertheimer, S. 20; J. A. Freiherr von Helfert in: Die Kultur IX (Wien 1908), S. 451 ff.
*'^) Die Franzosen hatten es verstanden, zu gleicher Zeit, als sie Wien bombardierten, beim Lusthaus im Prater eine Brücke zu schlagen; alle Bemühungen der Österreicher, sich dieser Brücke zu bemächtigen, schlugen fehl, und so entschloß sich Erzherzog Maximilian, um nicht abgeschnitten zu werden, mit seinen Truppen Wien über die Taborbrücke zu verlassen, und gab dem Platz-kommandanten General Oreilly um ^24 Uhr morgens den Befehl, eine vorteilhafte Kapitulation abzuschließen. Da der Magistrat, die Hofkommission und die in Wien verbliebenen Generäle dafür waren, so leitete Oreilly mit Andreossy die Verhandlungen ein und eine Bürgerdeputation erschien bei Napoleon in Schönbrunn, der ihr die größte Schonung Wiens versprach. Die Unterzeich-nung der Kapitulation erfolgte am 12. Mai abends, die Aussteckung der weißen Fahnen auf den Wällen war bereits um 2 Uhr nachts vollzogen worden. Vgl. Geusau, S. 131 ff.; Schimmer, S. goff.; Wertheimer, S. 21 ff.; Glossy, S. 66f. — Ähnliche Gedanken wie die Pichler betreffs der Nutzlosigkeit der Verteidigung Wiens hatten auch andere, welche die ganze Sache als Gaskonade usw. bezeichneten, vgl. Wertheimer, S. 25 f.
*^) Am 13. Mai um 7 Uhr früh marschierten die französischen Grenadiere des Oudinotschen Korps als erste in Wien ein (Geusau, S. 138; Schimmer, S. 93; Glossy, S. 68; Helfert a. a. O. IX, S. 454). — Die Mißhandlung des Parlamentärs (Oberst Lagrange), und nur diese kann Karoline Pichler im Auge haben, erfolgte bereits vor der Übergabe der Stadt am Morgen (7 Uhr) des 10. Mai 1809, und zwar beim Burgtor. Über die dabei obwaltenden Umstände, seine Gefangennahme und Verwundung vgl. Geusau, S. 108f.; Schimmer, S. 80; Wertheimer, S. 19; J. M. Raich, Dorothea V. Schlegel I, S. 358.
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