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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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eine Fabel" 2^°), das ich damals um keinen Preis veröffent-licht haben würde, so wenig als die Klagen um einen Treulosen 2^^), das aber bei seiner Erscheinung vierzig oder fünfzig Jahre später einen Beifall fand, über den ich selbst erstaunte.
    Jener Herr Eberl^^^, der auf unsrer und mehreren Privatbühnen die Lange'schen oder Liebhaberrollen spielte, war ebenfalls eine ausgezeichnete Erscheinung
    in unserem Kreise. Ein düsterer Sinn, ein scharfer Ver-stand, eine melancholische Weltansicht zog die Auf-merksamkeit seiner Umgebung, zumal die der Frauen, auf ihn. Seine Verhältnisse (er bekleidete eine kleine Stelle bei einer Rechnungsbehörde), sein Sinn, der nicht ohne Ehrgeiz und Wunsch nach Auszeichnung war, seine beschränkten Umstände und seine Kränklichkeit, die (wie wir später erfuhren) ihn an jedem Aufstreben hinderte, erklärten leicht jene melancholische Stim-mung; aber sie machten ihn, verbunden mit dem fein-sten Ton, mit Anstand und hoher Geistesbildung- zu einer sehr bedeutenden Persönlichkeit in der geselligen Welt. Wenn er in den Rollen des Schauspielers Lange auf Privatbühnen auftrat, dem er auffallend im Wüchse, Haltung und Bewegungen glich, flogen ihm viele Blicke und auch manches Herz entgegen. Dieser, von vielen gesuchte Mann fing nun an, mich sehr merklich aus-zuzeichnen, und ich gestehe, daß ich nicht ganz gleich-gültig gegen ihn blieb, besonders da uns oft das Los traf, bei unsern Komödien die zärtlichen Rollen mit-einander zu spielen.
    Ich habe viele Jahre darnach das Gefährliche einer solchen Lage, wenn der Mann, der uns nicht gleich-gültig ist, seine Empfindungen unter der Maske einer einstudierten Rolle uns ungescheuter gesteht, und wie leicht sich da ein Mädchenherz täuschen und hin-reißen läßt, in einer meiner Erzählungen: „Das gefähr-liche Spiel" 2^^) dargestellt.
    Sei es aber, daß Eberl, als gesetzter und vernünf-tiger Mann, der bereits über die Jünglings jähre hinaus war, die Schwierigkeiten, ja die Unmöglichkeit einer ernsthaften Verbindung mit mir so gut als ich selbst einsah; sei es, daß ein anderes Verhältnis zu einem sehr
    liebenswürdigen Mädchen, deren beschränkte Um-stände ihnen:. auch keine Aussicht auf Vereinigung boten, mehr war als bloße Freundschaft; kurz, wir hielten uns stets in gehöriger Entfernung voneinander; aber Fräulein L—1 (so hieß dies Mädchen) 2^*) ward mir sehr wert, und wir wurden einander herzlich gut. Sie mochte den gefährlichen Mann wohl inniger lieben als er sie, und der Verfolg zeigte es auch ziem-hch klar 284a),
    Hier scheint es mir der geeignete Platz, einer früheren zärtlichen Verbindung dieses Mannes mit einem der interessantesten Mädchen in Wien, dem Fräulein Gabriele Baumberg^^s)^ 2:u erwähnen, die vor etwa anderthalb Jahren, ganz ignoriert von der Welt, in Linz starb, und erst durch ihren Tod und ein Gedicht, welches bei dieser Gelegenheit erschien, wieder ins An-gedenken der Zeitgenossen zurückgerufen wurde, Sie war ein liebenswürdiges Geschöpf, wohlgebildet, an-mutig, mit einem schönen Talent für Poesie (damals' ein viel selteneres Geschenk der Natur als jetzt) be-gabt, aÄgenehm im Umgang und voll feinem Ge-schmack für alles Zierliche, Wohlanständige. Als Eberl sie liebte, traf ihn das Los, in seiner Anstellung nach Brüssel, das damals noch österreichisch war, gehen zu müssen. Jede Aussicht auf eine Verbindung mit der einzigen Tochter einer geachteten und wohlhabenden Familie mußte jetzt aufgegeben werden. Am Vor-abend seiner Abreise schrieb er in Gabrielens Stamm-buch unter das Bild eines Amors, der weinend sich bemüht, eine Fackel auszulöschen: „pour l'eteindre il n'a que des larmes." Die Unruhen, welche ein paar Jahre darnach in Niederland ausbrachen, führten Eberl mit andern kaiserlichen Beamten wieder nach
    Wien282) j aber jenes Verhältnis knüpfte sich nicht wieder an.
    Der Verfolg rechtfertigte, wie ich oben gesagt, meine Ansicht vollkommen. Eberl wurde bald darauf bei einer andern Privatbühne gebeten, die Liebhaberrolle zu übernehmen. Er tat es abermals auf und außer der Bühne. Eine verheiratete Dame wurde diesmal der Gegenstand seiner Aufmerksamkeit, nachdem er schon längere Zeit der der ihrigen gewesen war. Bald zog sich dies Verhältnis noch fester. Eberl wurde der Haus-genosse der Gräfin^ssa) und, was gewiß für den Wert seiner Denkart bürgt, zugleich der wärmste Freund des Grafen, ihres Gemahls. In diesem Hause stand er eine bedeutende Krankheit aus, und

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