Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
Vom Netzwerk:
Gesellschaft junger Leute bei uns zusammen. Ihre Eltern und auch andere Personen fanden sich mit ihnen ein, und unterhielten sich recht gut, indem sie unserm Spiele zusahen. Ver-schiedene freundlich gesinnte Zuseher spendeten uns allerlei Gerätschaften, Maskenanzüge, Waffen, Helme, Lanzen, Mäntel usw., und es bildete sich eine hübsche Theatergarderobe, in der sich denn die auftretenden Personen ganz leidlich und kenntlich ausnahmen. Ein großer Schritt zur Vervollkommnung dieser Spiele wurde dadurch gemacht, daß die Geschichten nicht mehr pantomimisch und sukzessive wie früher, sondern auf einmal in einem glücklich oder unglücklich ge-wählten Moment als Tableau dargestellt wurden, wo-durch mancher Ungeschicklichkeit und manchem lächerlichen Mißgriff der darstellenden Personen vor-gebeugt wurde. Nach und nach wurde auch auf Grup-pierung, Beleuchtung, Effekt geachtet, und diese Dar-stellungen bekamen dadurch ein immer lebhafteres Interesse für die Spielenden sowohl als für die Zuseher, welche sich stets in größerer Menge einfanden. Be-sonders erinnere ich mich einer sehr gelungenen Vor-stellung: Julie im Sarge im verfinsterten Grabgewölbe, die in dem Augenblicke erwacht, wo die Türe sich öff-net, Männer mit Fackeln über Stufen herabsteigen und sie und den toten Romeo finden. Auch wurde das Theater, wenn es stand, zu diesen Darstellungen be-nutzt. Der Sturz der Engel, den die jungen Männer
    unserer Gesellschaft sehr gut vorstellten, die Stürmung des Olymps durch die Titanen, das Gastmahl Belsazers, Medea auf dem Drachenwagen usw. erhielten großen Beifall, und mußten gewöhnlich am nächsten Montag wiederholt werden. — Wo sind diese jungen Leute nun alle, die damals munter und eifrig an dieser Unter-haltung teilnahmen ? Kaum, daß außer mir vielleicht noch vier bis fünf leben; wie wenige von einem Kreise, der gegen dreißig Personen umfaßte! Alle, alle voran-gegangen, wohin wir wenigen übrigen bald folgen werden.
    Das sind ganz andere und ernstere Todesahnungen, als jene Grillen — so mag ich sie wohl nach fast einem halben Jahrhunderte nennen — welche damals durch verliebte Schmerzen und eine düstere Geistesrichtung in mir erzeugt worden waren. Dennoch kann ich mit Wahrheit sagen, daß sie jetzt, wo sie eine große und nahe Gewißheit für mich haben, mich ebensowenig erschüttern, als jene mich damals verstörten oder um den innern Frieden, der mein Jugendleben begleitete, zu bringen imstande waren.
    Sie trafen damals nicht allein nicht ein, sondern die Elastizität meiner Empfindungen, möchte ich sagen, half mir bald wieder aus der trüben Stimmung, in die jene Liebesschmerzen mich versenkt hatten. Auch heitere, sanfte, hoffnungnährende Gefühle begannen wieder an mein Herz zu sprechen. Durch die vielen Zerstreuungen, welche dem Kreis unserer Bekannten in unserm Hause geboten wurden, und vorzüglich durch das Haustheater, knüpften sich allerlei kleine Verbin-dungen und Interessen zwischen den jungen Leuten um mich herum an, und auch mein Gefühl ward hier oder da, freilich nur leicht, wieder angeregt.
    Gabriele Baumberg
    Gemälde von Heinrich Füger — Museum in Kaschau (Ungarn)

    Ein junger, ziemlich wohlgebildeter Kavalier, Graf H^'^), der im Bureau meines Vaters seit einiger Zeit arbeitete, kam fast täglich in unser Haus. — Er zeigte mir viele Aufmerksamkeit; — es ist sogar möglich, daß, wäre er nicht der älteste Sohn eines hochadeligen Hauses, und ich ihm ebenbürtig gewesen, er sich mir bestimmter genähert haben würde. — Manche seiner Reden, seiner Handlungen ließen es vermuten, und ganz verfehlte dies Betragen mein Herz nicht. Graf H., dessen treffliches Gemüt und ernstes Pflichtgefühl trotz seiner wenigen Geistesbildung mir Achtung ein-flößten, und dessen herzliches Zutrauen zu mir —; denn ich war mit allen seinen Familienangelegenheiten, Lei-den und Freuden, Hoffnungen und Entwürfen bekannt — mich nicht ungerührt ließ, war mir, vielleicht eben der Hindernisse wegen, die sich einer Verbindung zwischen uns in den Weg gestellt haben würden, sehr wert geworden. Lange darnach habe ich Graf H.s Persönlichkeit in der kleinen Erzählung „Alt und neuer Sinn 2'^", freilich verändert und verschönert, dargestellt. Er war ebenso blond, so schlank, so recht-lich, so herzensgut wie Blankenwerth, aber weder im Anfang so plump und linkisch noch am Ende so inter-essant wie jener. Aus dieser Periode stammt auch das kleine Gedicht: „Der Eichbaum und die Weide,

Weitere Kostenlose Bücher