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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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Durch tiefe Wal-, düngen, auf ziemlich beschwerlichen Wegen, wo oft die Tannenäste auf und in unsern Wagen schlugen, ge-langten wir an Sägemühlen, Hammer- und Sensen-schmieden mit ihren rauschenden Wassern und damp-fenden Schornsteinen vorbei, am Abend eines meist trüben und oft von mit Schnee gemischtem Regen ge-kühlten Tage, plötzlich aus dem Walddunkel hervor in ein weites Tal. Vor uns lag breit, klar und tiefgrün ausgegossen der Spiegel des Mondsees, und ringsum starrten uns himmelhohe Berg- und Felsenkuppen an, die ihn in ihrem sichern Schoß halten und mit Schnee bis an den Fuß bedeckt waren. So viel Schnee, solche Kälte, und der erste Juni! Das kam mir wie ein Märchen vor, und ich würde mich mehr an dieser,
    mir, der Flächenbewohnerin, so seltsamen Abnormität ergötzt haben, wenn der Gedanke, statt der ländlichen Freuden, Spaziergänge, Wasserfahrten usw., denen ich schon im voraus entgegengesehen hatte, mich durch Schnee und Kälte auf einem einsamen Schloß im Ge-birge durch mehrere Tage eingesperrt zu finden, nicht ängstigend vor meinen Geist getreten wäre.
    Am andern Tage war alles anders. Aller Schnee von Höhe und Tal verschwunden, die Berge herrlich mit ihren Wäldern und Felsen und dem spiegelnden See im Frühlingssonnenstrahl, der zwar noch nicht mild erwärmte, aber doch der freien Natur zu genießen erlaubte. Was waren das für köstliche Tage in dieser wild-schönen Gegend, im Umgange mit zwar an Jahren von mir sehr verschiedenen, aber höchst gebildeten, geistreichen Männern,J'dem Bischof und einigen seiner Domherren, die uns begleitet hatten, und deren einer, Vierthaler ^°^), der Bruder des damals schon berühmten Professors der Geschichte in Salzburg war! Freund-lich waren die Herren beflissen, uns die Zeit aufs an-genehmste zu verkürzen. Wir machten. Spaziergänge und Fahrten zu Land und auf dem See. Bei diesen letzten war es unterhaltend und wunderbar, den Effekt der Musik, des lauten Rufens oder wohl gar einer abgeschossenen Pistole zu beobachten, wie die vielen nähern und fernem Echos in den Gebirgen den Schall bald vollkommener, bald unvollkommener zu-rückgaben, und wenn das erste donnerähnliche Getöse vorüber war, alles im' Schiffe still wurde, die Ruder-knechte ihre Ruder in die Höhe'hoben, daß ja kein Laut die Stille unterbreche, und nun nach zwei oder drei|Minuten der Donner des Echos sich noch einmal, der Himmel weiß von welchem fernen Berge, hören ließ.
    Auf dieser Reise kam ich auch in das, damals ganz unberühmte Ischl, das aber in seiner heimhchen Lage zwischen waldgrünen Bergen, von der lautbrausenden Traun der Länge nach durchrauscht, deren Getose mich oft des Nachts in Schlummer wiegte, mir so wohl gefiel, mich so anheimelte, daß ix:h beinahe gewiß bin, es würde mir jetzt, wo es von Badegästen, Fremden und prächtigen Erscheinungen belebt, von Eleganz und städtischen Bequemlichkeiten verherrlicht ist, schlechter als damals vor ungefähr einem halben Jahr-hundert gefallen. Überhaupt hat mir dies Ergießen der Städte hinaus aufs Land, diese Sucht, an jedem freundlichen oder romantischen Plätzchen die Kom-forts eines Kaffee- oder Wirtshauses aufzuschlagen, schon eine Menge hübscher Gegenden verleidet, und wie oft sind mir Schillers Worte im Wallenstein ein-gefallen: „Dies Geschlecht kann sich nicht anders freuen als bei Tisch^**')." Freilich aß und trank man damals auch; denn das ist Gebot der Natur; aber man aß zu Hause, nachdem man sich vorher auf einem Spaziergang erheitert und ermüdet hatte, oder bei einem Freunde, den man auf dem Lande besuchte, und so fand das Familien- und gesellige Leben seine Rech-nung neben dem Genuß der Naturfreuden, dahin-gegen der Genuß in den Wirtshäusern nur die ego-istische Bequemlichkeit unserer Tage und die Ver-geudung des Geldes begünstigt, in denen er auch seinen Ursprung hat.
    Von Ischl aus sahen und befuhren wir auch den düstern Hallstätter See, an dessen Ende man umkehren muß, weil keine Straße weiter führt, und zuletzt trug unser schwebendes Schiffchen uns über den prächtigen Traun- oder Gmundner See bis zu diesem Ort, der
    sich, so an der Krümmung des Ufers hingebaut, wo seine besten Häuser beisammen stehen, ganz stattlich aus-nimmt. Übrigens enthalte ich mich jeder Beschreibung dieser Gegenden; denn seit es Mode geworden ist, sie zu besuchen, sind sie „in Wort und Tat, in Bild und Schall" so oft gepriesen, geschildert, gemalt und von allen Seiten dargestellt worden, daß noch

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