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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckhard Henscheid
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nicht eines Tages dafür. Indem sie mir nachsagt, was sie 2010 inzwischen nicht mehr in »Emma«, sondern in »Bild« einem dritten Kollegen, Kachelmann, zuteil werden läßt: daß sie den »eigentlich sogar ganz gut leiden kann«. Ach nein, ich hoffe noch mehr: Ich bin einfach, im Unterschied zu jenem, zu unbedeutend, zu negligeabel, zu vergessen für unsere ewige Randaleuse. So negligeabel (auch im Deutschen: schönes Wort!) wie ja tatsächlich diese Begegnung im Frankfurter Appartement im ersten Stockwerk.
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    Mein bei Oliver Maria Schmitt in seiner Geschichte der Neuen Frankfurter Schule (2001, S. 188) in Erinnerung gerufenes Buchprojekt »So fickt der deutsche Hochadel« von 1971 scheiterte dagegen vermutlich einzig und allein daran, daß ich zu selten dabei war.
    Anders beim Niederadel. Ah, da könnte ich auspacken, erzählen und erzählen …
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    Daß mit (dem am angeblichen Hochadels-Projekt natürlich hochinteressierten) Hans Alfons Nikel bei »pardon« 1969ff. eine mehr zweischneidige Verleger-Chefredakteursperson schaltete und waltete, wäre auch dann nicht weiter denkwürdig, wenn es nicht ohnehin schon so oft gesagt und geschimpft worden wäre.
    Immerhin, und auch das wurde bereits manches Mal ausgesprochen, er trommelte innerhalb zweier Generationen Mitarbeiterstäbe von Bernstein über Gernhardt, Knorr, Poth, Traxler und Waechter bis hin zu mir und anderen und damit eine verblüffend schlagkräftige Mannschaft zusammen. Was ihm so leicht keiner nachgetrommelt hätte; und damit ist zu seinem Nachruhm aber auch wirklich schon alles gesagt.
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    »Wie es bei einem jungen Menschen nach Schopenhauer ein schlechtes Zeichen ist, wenn er im Tun und Treiben der Menschen sich recht früh zurechtzufinden weiß – es kündet Gemeinheit an« (Alma von Hartmann, Die Geschlechter, 1913), schlecht trotz aller ganz modernen Fürze namens Exzellenzseminar auf der Elite-Universität inklusive digitaler Schnelldurchlaufmodule: so machte meinerseits ich deshalb nach 1970 Nägel mit Köpfen, scheiterte hintereinander an einem Entwicklungshilfe- und einem Promotionsprojekt, einem weiteren Herzsolo sowie einem scharfangereizten Hochadelsroman; ging deswegen erst einmal aus der Revolutionsmetropole Frankfurt in die beschauliche, ach was: bescheuerte Heimat zurück, lebte wieder hochunedel bei der Mutter wie meiner Erinnerung nach der Grüne Heinrich, nahm Schimpf und Schande auf mich, war temporär mittelloser als mit einundzwanzig und schrieb deshalb kurz nacheinander zwei, bald drei Meisterromane; um wenigstens mit denen bald steinreich zu werden, leider aber die erhoffte Prinzessin dafür doch nicht zu kriegen.
    Sondern erst zehn Jahre später wurde ein Schuh draus, und ich bekam gleich eine Königin, Regina.
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    Und da, 1981, verschlug es mich denn auch wieder endgültig zurück nach Frankfurt. Frankfurt, wo es die damals noch famose Eintracht gab und wo ich nicht nur deshalb mit Unterbrechungen 38,5 Jahre zubrachte. Denn: »Du weißt gar nicht, wie schön es in Frankfurt ist« (Johanna Spyri, Heidi, 4. Kap.).
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    Bilder lügen meistens wie gedruckt, sagen aber auch manchmal die mutternackte Wahrheit, nur muß man sie rechtzeitig sehen. Hätte ich 1966 schon jenes Foto gekannt, das den damaligen Münchner SPD -Oberbürgermeister und Hoffnungsträger und Schwabing-1962-Prüglerbefehliger Dr. Hans-Jochen Vogel beim pfeifenrauchenden Halmaspielen im Kreise seiner noch über die Kohls hinausgehend sehr heilen Familje (Vogel, Frau Vogel, zwei Vogel-Buben) zeigt, ich wäre nimmermehr in diese Partei eingetreten. Nachdem ich das scheußliche Foto aber erst 1999 zu sehen kriegte, bin ich vermutlich 1971 auch schon wieder ausgetreten.
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    »O Herr, laß diesen Kelch an mir vorübergehen!« fleht sogar Jesus, bereits am Kreuze hangend.
    Ich ließ ihn nicht vorübergehen, sondern nahm vielmehr mein Kreuz auf mich und verfügte mich im wunderschönen Monat Mai 1975 schon des Nachmittags sehr ausnahmsweise ins Kino, in Ingm. Bergmans gerade angelaufenen und sogar farbigen Film »Szenen einer Ehe«, verfügte und fügte mich sogar erwartungsvoll, wiewohl gewarnt durch schon ältere Bergman-Filmikonen und -kanonen wie die vom Schweigen und den vogelwilden Erdbeeren. Meiner Erinnerung nach währte der neue Film an die drei Stunden, es gab sogar eine Rauchpause – spätestens jedoch nach dieser Pause ward mir die grauslige Gesetzlichkeit oder auch Struktur des Filmkunstwerks klar und offenbar: Immer wenn die wahrhaft unsterbliche

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