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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckhard Henscheid
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René voran, allzu wenig Ahnung. Ist auch leicht besser so.
    *
    Ähnlich wie dem Böll die meist eh eher eingebildeten Schmähungen der Restnation eher nutzten als schadeten, sondern zum Firmenschild des »Gewissens der Nation« beisteuerten, ja es begründeten: So waren auch die bis heute tradierten und weiterwirkenden Verfolgungen von Willy Brandt und Herbert Wehner überwiegend ja mehr eingebildete oder auch bewußt gesteuerte und gepflegte. Vor allem von Wehner, den wegen seiner kommunistischen Vergangenheit und sozialdemokratischen Wende ab spätestens 1960 kaum einer mehr attackierte und verhöhnte, kaum noch hin und wieder gnädigerweise Strauß. Sondern in Wahrheit breitete sich eine richtig pietätvoll-weihesatte Stimmung über den Wirrschädel und Krachmacher, selbst die »Bild«-Zeitung ging schon mehr zu verehrlichen und später altersnachsichtigen Tönen über, natürlich aus Echoerwartungsgründen und reziprok wieder dies Echo manipulierend. Was aber Wehner nicht hinderte, mehrfach bei seinen parlamentarischen und anderweitigen Auftritten, wenn ihm sonst nichts mehr einfiel, zu lamentieren:
    »Ich war immer der Prügelknabe der Nation, jawohl!«
    Und leider, offenbar, selbst daran zu glauben. Er war es mehr oder weniger nie. Nicht mal der »Kinderschreck«, als den ihn nach 1970 ein christdemokratischer Abgeordneter gutmütig bewitzelte. Aber die einmal entstandenen Legenden sind halt die legendärsten und – einträglichsten: siehe den Fall Bur-Malottke. Der trug sogar doppelt ein. Dem bigott kulturindustriell herumschwafelnden Professor Bur-Malottke Geld und Ehren beim Radio. Und in zweiter Auflage auch noch dem Autor Böll, Heinrich.
    *
    Auch mir erging es ja auf diesem Gebiet nicht durchaus üppig; aber ich war wohl insgesamt bloß am zweitschlechtesten dran: Daß 1982 und ff. ein Centenardichtwerk wie Robert Gernhardts »Wörtersee« nach seinem Erscheinen keine einzige (in Zahlen: null) Rezension hervorrief, während zehn Jahre vorher z.B. ein Quatschauflauf wie Karin Strucks »Klassenliebe« gut hundertfünfzig Stück hervortrieb: Diesen Jahrhundertdeppertheitsrekord an fehlgeleiteter Literaturkritik wollen wir hier doch noch mal brav festhalten und feiern. Daß Gernhardts spätere, insgesamt entschieden schwächere Gedichtbände entschieden mehr Rezensionen und Würdigungen erfuhren, partiell wegen der den Autor inzwischen umdüsternden Krankheitsaura, also aus schierer Neugier: das macht die Sache ja nur noch traniger und trostärmer.
    Aber ich will mich hier nicht gar zu klein machen: Auch meine Romantrilogie von 1973–78 lockte fast nichts hervor oder nur im zweiten Anlauf, verspätet. Die »Mätresse«, die manche, z.B. ich, für einen der bedeutenden deutschen Nachkriegsromane halten, erfuhr bei Erscheinen zwar allerlei Film- und Empfehlungsschnickschnack, aber gleichfalls: keine einzige ordentliche, gar adäquat tiefsinnige Kritik.
    Keine.
    »Da schau her« (G. Polt).
    *
    Darf Großes sich klein machen? Bis hin zur Selbstschädigung gar so klein machen?
    Fritz Weigle (alias F.W. Bernstein) ist als Zeichner und Poet seinem ehemaligen Studien- und Redaktionskombattanten Robert Gernhardt (alias vormals Lützel Jeman) in vielem frappant ähnlich und wohl auch tief verwandt; bei manchen Arbeiten, zumal Gedichten, selbst für Eingeweihte kaum zu unterscheiden. Weigle-Bernstein blieb aber auch über all die Jahre und Jahrzehnte hinweg sich selber treu, nämlich in vorbildlicher Weise das, was man früher bescheiden nannte; etwas weniger fromm-altdeutsch besser vielleicht: vornehm zurückhaltend – mit der allerdings prekären Komponente eines unverbrüchlichen Sichkleinmachens bis hin zum vollständigen Verschwinden oder Fast-Verschwinden. Beharrlich hierin gegen jede Einrede und stur seinem vielleicht innersten entelechischen Gesetz gehorchend, ja hörig.
    Bekanntlich darf Kleines sich nicht kleinmachen, das ist allzu durchschaubar kokett – wahre Größe aber bei Bedarf darf schon. Jedoch auch diese hochzivile, scheint’s courtoise Form im menschlichen Verständigungssystem hat ihre Tücke, kann leidig und lästig werden. Und grenzte im Fall Weigle-Bernstein seit ca. 1975 nach moderaten Erstschrulligkeiten nur allzu häufig an Selbstbeschädigung.
    Eine möglicherweise lustvolle, immer wieder ihn selber sehr belustigende. Ein Beispiel unter Dutzenden: Ehe Bernstein endlich selber den Wilhelm Busch-Preis entgegennehmen durfte, machte er für mindestens drei, wenn nicht fünf ihm

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