Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
Herzen.« Eine! Aber doch nicht die eigene! Woityla! Sonst kann er, ohne Begierde, die Ehe doch gar nicht vollziehen! Und das wäre ja auch eine Art jesusmäßiger Ehebruch!
Karol! Alter Schafskopf!
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Obzwar aller Anschein dahin geht, daß die schönen, die besonders schönen, die über alle Maßen schönen Frauen von Natur über Gebühr bevorteilt sind, hat auch die gegenteilige Sehweise einer ewiglichen Benachteiligung viel für sich. Früher bis zum dreißigsten, heute bis zum ca. fünfundvierzigsten Lebensjahr gehen die derart Bevorteilten in einem schon grotesken Maße realitätslos durch Sein und Zeit, haben dabei ständig den Absturz vor den ohnehin meist allzu schreckgeweiteten Augen – Schreck werweiß sogar vor dem Übermaß an Schuld Männern gegenüber, wie sie immerhin der bisher Allerschönsten, der den Trojanischen Krieg verursachenden Helena, Hektor gegenüber, sehr präsent war: »O Schwager, ich bin ein schnödes, unheilstiftendes Weib« (s. Gustav Schwab, S. 441).
Auch Eboli in Schillers/Verdis »Don Carlo« sieht geschmerzt es ein: »O don fatale, o don crudel«, klagt sie ihre Beltà an. Wieder anders ist es natürlich bei mir und meiner definitiven Heirat 1981 mit einer gewissen Regina. Als Feindin jener verräterischen Eboli, mehr noch als unüberhörbare Himmelskönigin, ist sie, Regina Elisabeth, in der Oper wie jetzt in meiner Wirklichkeit, gezwungen, sowohl schön als auch gut zu sein. So war ich denn gottseidank von vornherein aus dem Schneider und nie gezwungen, »ihr eine aufzustreichen« (G. Polt, Toleranz).
Mein Freund Werner Schärdel muß an dieser Polt-Stelle immer besonders heftig, auch zustimmend lachen. Ich übersetze das so, daß er seinerseits in seinem Ehebereichsleben häufig auch dazu gezwungen war. Und ist. Oder halt sie ihm.
1981–1991
Ä hnlich wie etwas früher im Fall Gerhard Polt war es bei den ersten Tönen seiner von ihm selbst gesprochenen Mono- und Dialoge bei Heino Jaeger wie ein wohltätiger Schock, es hatte etwas überwölbend Schicksalheftiges, theosommerisch geredet Moiratisches, das kaum minder als eine Eheschließung übers fernere Leben mitentschied. Es könnte 1989 gewesen sein.
Sich vorzustellen, daß die werweiß genialste künstlerische und Denkpotenz seit dem Gilgamesch-Epos, also seit sagen wir knapp fünftausend Jahren, eine Geistesinspirationskraft vor und über Aristoteles, Shakespeare, Mozart und Goethe sowieso, jener Jaeger also, geschätzten 99,987 Prozent der deutschsprachigen Kulturträger ganz und gar unbekannt ist, vom restlichen Abend- und Morgenland mal laut zu schweigen:
Es hat doch was Artiges.
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Woody Allens »Stadtneurotiker« ist seit 1977 ein Allerweltsbegriff für allerlei gedankenfreie Schnellredner und Schlaumeier und Schurnalisten; dabei weiß, wie ähnlich bei »Stilikone« und »Entmythologisierung« usw., überhaupt niemand genau oder auch nur ungenau, was ein »Neurotiker« ist, denn damals, ab ca. 1970, waren alle »neurotisch«, dies war das annähernd gefeierte »Normale«. Und schon gleich gar nicht, was ein »Stadtneurotiker« ist oder jedenfalls sein könnte. Ich muß es wissen, ich habe das Drehbuch schließlich 1981 ordentlich übersetzt, und es wurde und wird mir dabei nicht klar. Sondern nur, daß die mit der Erstübersetzung abgespeisten Kinofans genau über die sehr frei transponierten oder restlos erfundenen Witze einverständig stadtneurotisch, nämlich bescheidwisserisch lachen mußten; Witze, die eigentlich vom Kleinstadterotiker Herbert Hiesel hätten stammen können; bis hinab zur Bettdecke als einem penisgestützten Zeltdach.
Kein Wunder, daß ich bereits fünfzehn Jahre später die »Kulturgeschichte der Mißverständnisse« zusammentragen mußte, die Welt erneut zurechtzuweisen.
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Meine vordem gestreifte Magisterarbeit von 1966/67 zum Beschluß des Germanistikstudiums in München drehte sich um Gottfried Keller und war damals nicht übel ausgefallen. Manchen Beobachtern und sogar mir selbst fiel aber auf, daß ich späterhin in größerem Stil nie mehr auf Keller zurückkam. Das hat seine Gründe. Obgleich ihm als nachmaliger Verfasser ziemlich dicker Romane offensichtlich verwandt, ihm mit im engeren und weiteren Sinn humoristischen Erzählungen und Novellen auf der Spur und später als Viertel-Schweizer ihm gewissermaßen noch näher folgend: hab ich ihn eigentlich, ganz genaugenommen, nie recht gemocht.
Ich könnte die Gründe nennen, mag aber jetzt auch das nicht.
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Daß der
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