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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckhard Henscheid
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Geschlechts. Ein meines Wissens seinerseits mehr unabhängiger Geist, Michael Paulwitz, faßte unter der Leserbrief-Überschrift »Hunde, die bellen …« den Fall nicht schlecht zusammen:
    »Ertappte erkennt man am Wutgeschrei – insofern kann Eckhard Henscheid mit dem Echo auf seinen Mitscherlich-Artikel zufrieden sein. Habermas versteht also die Henscheidsche Sprache nicht ( FAZ 17.6.1993) – schlimm für ihn, belegt es doch allenfalls, daß Sprache für ihn nur der holztrockene Ton einer selbstreferentiellen ›Wissenschaftlichkeit‹ sein darf – konkrete, mitunter deftige Formulierung, unorthodoxe Wortwahl, Spielen mit der Sprache gar sind verboten.«
    Nemo propheta in sua patria. Die Spezialkalamität Habermas, seine angestammte Dümmlichkeit, seine wenn nicht Trauer-, so doch Humorunfähigkeit, sein genuin-genetisches Denunziationstalent hier beinahe beiseite: Nicht ganz zufrieden konnte ich aber auch mit dem Applaus, mit der meine Kärrnerarbeit würdigenden Leserpost sein, mit dem brieflichen d’accord, daß der Text der Mitscherlichs unleserlich, ja pseudoscientifischer Unfug sei. Wo mir etwa der Professor Wolfgang de Boor vom Kölner Institut für Konfliktforschung mehr als Psychomediziner beipflichtet, der »Begriffszwitter« der »Trauerarbeit« sei im Grunde ein Unding (auch wenn er m.W. auf Freud selber zurückgeht), so kam andererseits der Hauptgedanke meines essayistischen Vortrags kaum bei ihm an, die oben skizzierte doppelt gemoppelte Mitscherlichsche »Trauerunfähigkeits«-Semantik sei eine zumindest unklare, wahrscheinlich schon taschenspielerhafte, scharlataneske.
    Zufriedener durfte ich schon wieder mit einer Leserbriefstimme aus Schweden sein, der eines dortigen deutschen »Epidemiologen«, der nämlich den FAZ -Herausgebern so richtig im Petzton steckte, daß ich bestimmt nichts Gutes im Schilde führe. Nämlich vielmehr ein Wolf wenn nicht eine Laus im Schafspelz sei; einer, der Artikel für die ganz und gar kommunistische »konkret« verbreche, u.a. über die sehr hohe Frau Prof. Dr. Gertrud Höhler, der in der Überschrift (eine Kopie legt der Epidemiologe bei) auch noch nachgesagt werde: »Sie muß verrückt sein« – ach nein, dieser Typus stirbt wohl auch niemals aus, und klebt noch vom hohen Norden herunter Briefmarken drauf.
    Annähernd noch einverständiger las ich einen Brief von Prof. Dr. Gertrud Lenzer von »The Graduate School and University Center of The City University of New York«; ein langer Brief vom 6.7.1993, der es mir untersagt, bei den ohnedies »gewissen furchterregenden reaktionaeren Ereignissen in Deutschland« – Kohls Friedhofbesuch? Pohlens Zurückweisung durch Fest? –, die da nämlich bewirken, »dass dem Leser die deutsche Gegenwart sehr unheimlich und zur Trauergeschichte wird«, jetzt auch noch die unerläßliche bzw. so schön heimelige Trauer der Mitscherlichs anzuzweifeln oder wie oder was –
    Zumal dies bei dem in Rede stehenden Bösewicht hinzukommt:
    »Und wer, im uebrigen, ist Herr Henscheid, dass Sie ihm einen Freischein erteilen in der geschichtlichen Gegend wild herumzuknallen und unermessbaren Schaden anzurichten? Wir haben hier noch nie von ihm oder seinem Werk gehoert.«
    Eben. Nicht stehe ich an, Prof. Dr. Gertrud Lenzer aus genau diesem Grund ganz recht zu geben und mich über den Habermasschen Wirrkopf noch hinaus als Knaller enttarnt zu wissen.
    Zu gern würde ich aber nur ihre beiden letzten Sätze nicht bloß lesen, sondern in Lenzers widerstandbrechender deutschamerikanischen Akzent-Diktionsmelodie auch hoerenmoegen wollen.
    *
    Die öffentlichen Streitfälle Böll und Mitscherlich zusamengerafft: Zweimal wurde ich bestraft bzw. beleidigt und der Kulturlosigkeit geziehen dafür, daß ich Bücher gelesen – jeweils sogar zweimal gelesen – hatte, bei denen die anderen, der Böll-Sohn wohl inklusive, das Lesen lediglich geträumt hatten.
    Aber auch der Fall steht schon in der Bibel, im Alten Testament.
    *
    Um hier doch wiederum Fragen aus dem Publikum entgegen- und zuvorzukommen, drohenden oder bewundernden: Bin ich, ist der Satiriker und Polemiker, der öffentlich umtriebige Frontkämpfer denn so gar nicht verletzbar, wenigstens nervbar? Sind all die zum Teil ja nicht gerade ehrenden oder wenigstens gerade noch zurechnungsfähigen Echos aus Leserkreisen immer wirklich so ganz glatt an mir abgeprallt, abgetropft? Ohne Zerknirschung, ohne nun, eins weiter gedreht, meinerseits Revanchebegehren? Ohne gar das

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