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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Freundin geschlafen und ist erst mittags zurückgekommen«, erzählte sie ungefragt.
    Er notierte eifrig den Familiennamen und die Telefonnummer der Freundin.
    »Aber Sie werden meine Tochter doch nicht verhören?« fragte sie mit deutlichem Schrecken. »Sie ist noch ein Kind.«
    »Gnädige Frau«, sagte Michael kalt, »wenn es sein muß, verhören wir jedermann.« Und er fügte hinzu: »Ihr Mann weiß, wann Sie schlafen gegangen und wann Sie aufgestanden sind?«
    Dina Silber sah ihn an und lächelte plötzlich, verzog wieder ihre Lippen und sagte, sie wisse nicht, um was es in diesem Gespräch gehe. »Worauf wollen Sie hinaus? Werde ich etwa...?«
    Michael hielt inne, dann bat er, sie möge den Satz vollenden.
    »Werde ich etwa des Mordes verdächtigt?« Ihr Ton war ungläubig und verärgert.
    »Wer hat gesagt, daß Sie verdächtigt werden?« fragte Michael, »habe ich das gesagt?«
    Nein, gab sie zu, das habe er nicht gesagt. Aber bei dieser Art Fragen müsse sie ja annehmen, daß er vielleicht glaube, sie habe irgendein Motiv gehabt.
    Woher ihr die Art Fragen, die man verdächtigen Menschen stelle, bekannt seien, fragte Michael. Und er merkte befriedigt, daß ihr Satzbau konfuser wurde, ihr Atem kür zer, der Wortrhythmus schneller, als sie erwiderte, daß Fernsehfilme und Kriminalromane ihre Quelle seien. Michael spürte, daß sie mit sich kämpfte, ob sie ihm entgegenkommen sollte. Dann wandte sie sich mit hilflosem Ausdruck an ihn und fragte, ob sich die Dinge in Wirklichkeit denn anders verhielten als in Büchern und im Fernsehen.
    »Ich weiß nicht«, sagte Michael. »Lesen Sie viele Kriminalromane?«
    »Nein, manchmal nur, wenn ich Schwierigkeiten mit dem Einschlafen habe.«
    »Und was regen Kriminalromane in Ihnen an?« fragte er.
    »Was heißt das? Was meinen Sie?« Ihre Hände ruhten auf ihren Knien, um das Zittern zu beherrschen.
    Er wolle verstehen, was sie an Kriminalromanen finde, sagte er naiv, was sie daran anziehe.
    Sie sei kein gewalttätiger Typ, wenn er darauf anspiele, sagte sie.
    Er hob die Schultern, als wollte er sagen, daß er nichts Bestimmtes meine.
    Ihr Interesse sei psychologischer Natur, sagte sie.
    »Ah, psychologisch«, sagte der Inspektor, als habe man ihm die Welt erklärt. Und was sei nun mit ihrem Mann, fragte er, wisse der, wann sie zu Bett gegangen und wann sie aufgestanden sei?
    Sie sah ihn verzweifelt an und fragte, ob allen solche Fragen gestellt würden.
    Michael entschied, daß es Zeit für eine andere Taktik war. Ja, er stelle allen solche Fragen, sagte er und bot ihr Kaffee an. Sie zögerte, blickte ihn an und nickte. Er brachte ihr Kaffee und betrachtete ihre zitternde Hand, als sie die Glastasse hielt. In väterlichem Ton erklärte er ihr, daß er einen Mordfall untersuche, einen komplizierten außerdem, er müsse viele Dinge klären.
    Er lehnte sich auf den Tisch und beugte sich so dicht wie möglich zu ihr, als bringe er ihr besonderes Vertrauen entgegen. Sie beruhigte sich zusehends, taute auf, und freiwillig, ohne daß er die Frage wiederholt hatte, erzählte sie, ihr Mann habe die Nacht in seinem Arbeitszimmer verbracht, im Erdgeschoß. Er stecke in einem schwierigen Prozeß, erläuterte sie, er sei Bezirksrichter, und jedesmal, wenn ein Urteil bevorstehe – wie jetzt –, ziehe er sich in sein Arbeitszimmer zurück, um sich die Beweislage noch einmal zu vergegenwärtigen. Er spreche mit niemandem darüber. Daher sei sie ihm am Morgen nicht begegnet, auch nicht beim Verlassen des Hauses.
    »Sicherlich ist es kein Problem, diese Aussage zu bestäti gen«, sagte Michael liebenswürdig. »Sind Sie zu Fuß ins Institut gegangen?«
    Nein, sie sei mit ihrem Auto, einem blauen BMW, gefah ren.
    »Der, aus dem Sie gestern vor Eva Neidorfs Haus gestiegen sind?« fragte Michael in einem Ton, als würden sie sich schon lange kennen.
    Ja, das sei ihr Auto.
    »Dann besteht gewiß kein Problem. Es gibt immer jemand, der einen gesehen hat.« Das solle sie ihm überlassen. Er betrachtete ihre Augen, las Unverständnis wegen seines neuen Tonfalls darin, ein Gefühl der Erleichterung ver mischt mit Mißtrauen. » Wenn Sie mir nur sagen, um wie viel Uhr genau Sie das Haus verlassen haben. Um fünf vor zehn?« Er notierte einiges auf dem Formular, das vor ihm auf dem Tisch lag, und sah sie zufrieden an, als sei sie ihm besonders behilflich gewesen.
    »Da ist etwas, das ich Sie gern fragen möchte«, sagte er und neigte sich ihr wieder zu, und sie war wieder auf der Hut. »Welche

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