Denn am Sabbat sollst du ruhen
und etwas von den komplizierten Zusammenhängen, die er kennengelernt hatte. Er erläuterte die Begriffe Kandidat und Lehranalyti ker und erzählte von den Supervisionen und den Vorträgen. Er nannte Zahlen, beschrieb Hildesheimer und Linder. Die Ausbildungskommission bezeichnete er als »Exekutive und Legislative in einem«, als »allmächtige Regierung« des Instituts.
Dann erzählte er von dem Revolver und wie er im Krankenhaus gefunden wurde.
Der Polizeichef unterbrach ihn und fragte, wann man den Kranken vernehmen könne, oder Baum, »jemanden, der vielleicht etwas darüber erzählen kann, wie der Revolver dorthin gelangt ist? Und weshalb sind Sie eigentlich nicht sofort dort gewesen?«
Michael berichtete von seiner Fahrt nach Tel Aviv, von der Begegnung mit dem Schwiegersohn, dem Gespräch mit Hildesheimer und dem Besuch in Eva Neidorfs Haus. Un ser Problem wird die Denk- und Lebensweise der Menschen sein, von denen ich gesprochen habe«, schloß er, nachdem er die Suche nach einer zusätzlichen Durchschrift des Vortrages geschildert hatte.
»Wir haben unsere Erfahrung mit diesem Menschenschlag«, sagte Levi und schlug verächtlich auf den Tisch. Er erinnerte an den Rechtsanwalt, den sie überführen konnten, seine Geliebte ermordet zu haben, und an vergleichbare Fälle der letzten Jahre. »Obwohl hier natürlich noch Entwicklungen dazukommen können, die wir noch nicht kennen. Es sind schließlich Psychologen. Sie werden uns mit allen möglichen Tricks an der Nase herumführen. Sehen Sie sich vor, Ochajon, gehen Sie ihnen nicht auf den Leim.«
»Eigentlich«, protestierte Michael, »meinte ich etwas anderes. Es ging mir gar nicht um ihre soziale Stellung. Ich wollte darauf hinweisen, daß diese Gruppe besonders geschlossen ist, sie hat ihre ganz eigenen Gesetze und eine ausgeprägte Hierarchie. Dann sind da die Patienten – aber niemand weiß, was während der Behandlung gesagt wird –, und dann gibt es die Kandidaten; und alles läuft sehr vertraulich ab. Und wenn schon ein Vortrag da ist, an dem man sich vielleicht orientieren könnte, dann muß auch der verschwinden, am selben Tag, zusammen mit dem Verzeichnis ihrer Patienten ... Ich weiß nicht genau, wie man das alles zusammenbringen kann. Eins ist mir klar: Der Mord steht in Verbindung mit jemand, der mit diesem Berufsstand zu tun hat. Das muß nicht unbedingt jemand aus dem Institut sein, obwohl es nahe liegt, aber wahrscheinlich jemand, der von ihr behandelt oder beraten wurde. Doch jetzt hat sich alles in Luft aufgelöst: Der Vortrag ist verschwunden, genauso ihr Notizbuch und ihre Patientenliste, obwohl mir Hildesheimer half, sie zu suchen – kurz: alles, was uns zu ihren beruflichen Kontakten führen könnte.«
Zum ersten Mal ergriff Schorr das Wort: »Wenn ich recht verstehe, behaupten Sie, daß sich der Hausschlüssel nicht an dem Schlüsselbund befand und dennoch eingebrochen wurde. Wie erklären Sie sich das?«
»Noch gar nicht«, erwiderte Michael und sah Levi direkt in die Augen.
»Man hat den Schlüssel entwendet und ist trotzdem eingebrochen«, sagte Schorr und schlug auf den großen Tisch. »Entweder handelt es sich um zwei verschiedene Personen oder um bewußte Irreführung. Und noch etwas: Wenn jemand den Hausschlüssel an sich genommen hat, warum dann nicht gleich das ganze Bund? Vermutlich, damit wir nicht sofort das Haus durchsuchen. Denn wenn Sie die Schlüssel nicht gefunden hätten, hätten Sie das Haus sicher bewachen lassen, nicht wahr?«
Michael erwähnte, daß er die Schlüssel nicht gefunden hatte. Hildesheimer hätte sie ihm abends überreicht, bei der Begegnung in seinem Haus.
»Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum Sie sich nicht gleich an das Haus herangemacht haben. Offensichtlich ist jemand, und zwar derjenige, der geschossen und den Schlüssel genommen hat, zum Haus gegangen und hat dort die Papiere gefunden, nach denen er gesucht hat.«
Levi war weniger nachsichtig als Schorr. Er musterte Michael scharf und polterte los: »Das ist das Naheliegendste! Wo hatten Sie Ihren Kopf? Das Haus unbewacht zu lassen, nachdem Sie die Schlüssel nicht gefunden hatten! Wahrhaftig! Und hinterher kam, wenn ich recht verstehe, jemand und brach ein, ein anderer, der etwas gesucht hat und der nicht eingebrochen wäre, wenn eine Wache vor dem Haus gestanden hätte.«
Das war eine deutliche Sprache. Michael versuchte, sich zu verteidigen. Er habe sich auf das konzentriert, was im Institut geschehen sei und weder an die
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