Denn am Sabbat sollst du ruhen
Festnahme seines Bruders in keiner Weise gerechtfertigt sei. Er wolle den Behörden nichts vorwerfen, sagte er, schuld sei nur sein Bruder selbst, der so jung und so dumm sei und nicht wisse, was er sage, und deswegen der Aufwiegelung und der Störungen bezichtigt würde. »Dabei weiß er nicht einmal, wie man einen Stein wirft.« Anschließend schwor er wieder, daß er nichts Böses getan habe.
Weshalb er dann nicht von dem Revolver erzähle, sagte Eli gleichmütig, als schlage er ihm vor, die Landschaft seiner Heimat zu beschreiben. Wenn alles in Ordnung sei und er nichts Böses getan habe, weshalb habe er dann nicht den Revolver zur Polizei gebracht? Eli sah den jungen Mann, der trotz der Kälte im Raum am ganzen Körper schwitzte, unverwandt an.
Ali wischte sich mit zitternder Hand die Stirn. »Welcher Revolver?«
»Welcher Revolver?« antwortete Eli, als wüßten alle, wovon die Rede sei. »Der Revolver, den du in der Margoa-Klinik gesehen und versteckt hast und den du deinen Ka meraden in Dehejsche zuleiten wolltest, selbstverständ lich.«
Ali beschwor, er hätte nichts mit dem Revolver vorge habt, er wollte nur nicht in Schwierigkeiten geraten. Da nach sank der junge Mann auf seinem Stuhl zusammen und blickte Eli an, als sei er ein großer Magier. Michael hielt den Atem an. Er wußte genau wie Eli, daß man die Waffe nicht so schnell gefunden hätte, wenn der junge Mann den Revolver wirklich hätte benutzen wollen.
In einem Ton, in dem man ein kleines Kind fragt, weshalb es sich mit einem Problem, das so einfach zu lösen ist, nicht an seine Mutter gewandt hat, fragte Eli weiter, warum er ihnen den Revolver nicht gebracht habe.
Da begann Ali, die Ereignisse des Sabbats zu schildern, von dem Augenblick an, als »das Ding« zwischen dem Rosenstrauch geblinkt habe, bis zu dem Moment, als er es Tobol in die Hände gespielt habe. Seine Stimme war monoton, er sprach ohne Betonung, ihm war klar – und Michael fühlte es – , daß es sinnlos war, etwas zu verheimlichen. Am Schluß fragte Eli, ob er die Polizeiautos vor dem Krankenhauszaun nicht bemerkt hätte.
»Doch«, entgegnete Ali schwach, »natürlich habe ich die bemerkt, genau das war der Grund für die ganze Sache mit Tobol, ich dachte ...« Und er schwieg.
Eli drängte ihn nicht. Es war offensichtlich, was er gedacht hatte. Michael fragte dennoch nach. Der Häftling betrachtete ihn zum ersten Mal, vorsichtig, furchtsam und antwortete, er habe befürchtet, auf der Stelle verhaftet zu werden, wenn er den Revolver abliefere. Michael fragte, weshalb er sich fürchte. Ali machte eine vage Handbewegung und erwähnte seinen Bruder, der nur neben dem Haus gestanden hätte, ohne etwas zu tun, an jenem Tag, als Steine auf den Armeejeep geworfen wurden, der durch das Lager fuhr. Und er sei auf der Stelle verhaftet worden. »Auch er hat nichts getan, und trotzdem, wer glaubte ihm denn?«
Eli winkte ab. Nicht von seinem Bruder, bemerkte er kühl, sei jetzt die Rede, und selbstverständlich behaupteten alle Verhafteten, daß man sie zu Unrecht beschuldige. »Dennoch wirft man dort, in Dehejsche, Steine, und irgend jemand tut es ja schließlich.« Jetzt aber interessiere sie, warum genau er den Revolver gefunden habe und wie die Waffe ausgesehen habe. Er notierte die Antworten des Häftlings und fragte ihn dann, ob er irgendein Auto bemerkt habe, irgend jemand, irgend etwas, woran er sich erinnere, bevor er den Revolver gefunden habe.
Ali erklärte, er sei an den Büschen vorbeigegangen, habe gearbeitet und bis zu jenem Augenblick nicht aufgeschaut, er sei erst wenige Minuten vorher zu den dicht am Zaun stehenden Rosensträuchern gelangt. Trotzdem, beharrte Eli, vielleicht habe er an jenem Sabbat etwas Außergewöhnliches gesehen oder gehört, möglicherweise später am Tag, er solle sich etwas anstrengen. Die letzten Worte wurden mit Schärfe gesprochen, und Eli erhob sich mit einer plötzlichen Bewegung von seinem Platz. Furchtsam bedeckte Ali sein Gesicht mit den Händen. Als er merkte, daß Eli neben dem Tisch stehen blieb und sich ihm nicht näherte, ließ er die Hände wieder sinken und schwor, er habe nichts gesehen. »Nur Streifenwagen und viele Autos, aber das alles erst, nachdem ich den Revolver gefunden habe. Vorher war ich nicht einmal in der Nähe des Zaunes.«
Eli blickte Michael fragend an. Michael hob die Brauen mit einer Bewegung, deren Bedeutung eindeutig war: »Genug, mehr kriegen wir nicht zu hören.«
Eli machte einen letzten Versuch:
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