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Denn das Glueck ist eine Reise

Denn das Glueck ist eine Reise

Titel: Denn das Glueck ist eine Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
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Brocéliande sehen. Charles stellte ebenfalls auf stur. Das war ja alles gut und schön, diese Artussage, das undurchdringliche Unterholz, der Geist der Druiden und das ganze Zeug, aber wenn sie noch weiter herumtrödelten, käme er nicht mehr rechtzeitig im Museum an.
    Schließlich entschied Georges, dass es in dieser Situation keine andere Möglichkeit gab, als sich zu trennen. Er würde dieses eine Mal das Steuer übernehmen, Charles vor dem Museum absetzen und die wahren Sehenswürdigkeiten der Region bewundern. Charles stimmte zu, und sie sprachen kein Wort mehr, bis sie sich in Saint-Méen-le-Grand vor dem berühmten Museum Louison-Bobet trennten. Zwei Stunden später trafen sie sich an derselben Stelle wieder, und Georges überließ Charles wieder den Fahrersitz. Sie waren beide unglaublich dickköpfig und schmollten noch immer. Weil sie keine Lust hatten, gemeinsam zu essen, es aber auch nicht wagten, den Wagen für sich allein zu beanspruchen, legten sie sich schlafen, ohne zu Abend zu essen. Daher erfuhren sie auch nicht, was der jeweils andere zwei Stunden lang alleine getrieben hatte. Sie ahnten nicht, dass sie beide ganz genau dasselbe gemacht hatten.

Montag, 6. Oktober

    Wald von Paimpont (Ille-et-Vilaine) – Nantes (Loire-Atlantique)
    ....................
    Als Charles die Treppe zum Speisesaal hinunterstieg, knackten seine Knochen. Ihn quälten Rückenschmerzen, und er hatte schlecht geschlafen, denn die Matratze war total durchgelegen. Er sollte sich an der Rezeption beschweren, aber da sie heute Morgen wieder abreisten, war es nicht nötig, das Ganze unnötig aufzubauschen. Als er im Erdgeschoss ankam, wurde er Mithörer einer lautstarken Schimpfkanonade. Er brauchte die Ohren nicht zu spitzen, um Georges’ erregte Stimme zu erkennen.
    »Also wirklich«, brüllte Georges die Dame an der Rezeption an. »Wenn man nicht für ein gutes Bett bezahlt, wofür bezahlt man dann? Sagen Sie mir, wofür sie sind, die siebenundvierzig Euro? Für die Bilder an den Wänden? Ich weiß nämlich nicht, ob Sie es wissen, aber das ist ja nicht der Louvre hier bei Ihnen, sondern eher so eine Art Place du Tertre an einem nebeligen Tag! Oder wofür sonst? Etwa für den Gesang der kleinen Vögel? Ich glaub’s nicht! Verzeihen Sie, wenn ich es Ihnen sage, aber mit dieser komischen Wasserspülung, da kann man ja besser im Gebüsch pinkeln! Ich sehe nicht fern, und Ihr Frühstück, wissen Sie, wir essen wie die Spatzen. Machen Sie mir also die Freude, sofort meine Matratze zu wechseln! Sagen Sie mal, seit wann haben Sie diese Matratze eigentlich nicht mehr gewechselt? Seit dem Weltkrieg? Dem Zweiten oder dem Ersten?«
    »Oh, Monsieur, wissen Sie, die Krise ...«
    »Ich bitte Sie, das ist ja wirklich die Höhe! Ich wusste, dass die Krise den Menschen den Schlaf raubt, aber jetzt treiben Sie die Scherze etwas zu weit! Die Krise, die Krise, Madame ...«, sagte Georges und warf entrüstet die Arme in die Luft. »Was denn für eine Krise, hm? Okay, ich sage es Ihnen: die Krise des gesunden Menschenverstandes! Ganz genau! Und die gibt es nicht erst seit gestern, verstehen Sie? Also Sie mit Ihren Krisen, bevor ich jetzt eine richtige Krise bekomme, wäre es das Beste, wenn Sie sich sofort darum kümmern würden, mir eine andere Matratze zu besorgen, aber eine erstklassige! Mit Federkern und Moltonbezug und allem Pipapo! Und am besten noch vor Weihnachten! Danke, Madame, auf Wiedersehen, Madame!«
    Georges drehte sich um und stieß beinahe mit Charles zusammen.
    »Aber Georges, wir reisen doch heute Morgen wieder ab. Es ist doch vollkommen egal, ob sie deine Matratze jetzt wechseln ...«, sagte Charles leise und zog ihn am Arm.
    »Nein, nein, zuerst hole ich meinen Schlaf nach. Ich mache ein Nickerchen, und damit basta! Wir fahren los, wenn wir losfahren. Sobald dieser junge Hüpfer eine Matratze gefunden hat, die den Namen verdient, schlafe ich mich erst einmal richtig aus.«
    Er steuerte geradewegs aufs Buffet zu und füllte sich eine Schüssel bis zum Rand mit Cornflakes. Charles hatte noch nie gesehen, dass Georges Cornflakes oder überhaupt Müsli aß. Aber er sagte sich, dass es Augenblicke im Leben gab, in denen man einfach Lust hatte, sich eine große Schüssel mit irgendetwas zu füllen, egal, womit. Das musste einer dieser Augenblicke sein.
    Während des Frühstücks sprachen sie beide kein Wort. Georges knurrte ein wenig und zog fast automatisch das Handy aus der Innentasche seiner Jacke. Er schrieb eine SMS, und

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