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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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gerade gegangen.«
    »Hmm!«
    »Sie können damit rechnen, dass er …«
    »Ja, ja, ich weiß.«
    »Jetzt legen Sie auf, und schalten Sie das Handy ab.«
    »Hey, für wen halten Sie mich eigentlich? Ich hab vielleicht nicht so viel auf dem Kasten wie Sie, aber ich weiß schon, was zu tun ist!«
    »… von jetzt an wird nur noch über öffentliche Telefone Kontakt gehalten. Auchan-Ipercoop. Die genannten Telefonzellen zur ausgemachten Zeit. Haben Sie die Nummern?«
    »Jaaa.«
    »Okay, dann wissen Sie ja alles. Sollte etwas dazwischenkommen …«
    »… schicke ich Ihnen eine Brieftaube …«
    »… sollten Sie doch das Handy benutzen müssen, dann nehmen Sie eine neue SIM-Karte. Zweimal klingeln, auflegen und noch einmal anrufen. Und für jeden neuen Anruf immer wieder eine neue Karte. Wie viele haben Sie?«
    »Vier waren’s, oder?«
    »Genau, vier. Die müssten reichen. Und rufen Sie niemals zweimal mit derselben Karte an …«
    »Ich weiß das, habe ich doch gesagt.«
    »Gut. Dann war es das. Und keine Namen. Wir hören voneinander. Ach, noch etwas …«
    »Was denn noch?«
    »Lernen Sie die Telefonnummern und die Uhrzeiten auswendig. Das ist nicht besonders schwer. Lassen Sie keine Notizen herumliegen. Verstanden?«
    »Ich habe doch schon gesagt, dass ich das weiß.«
    »Jetzt regen Sie sich nicht auf. Man kann es nicht oft genug sagen. Wir hören voneinander.«
    Das Handy wurde ausgeschaltet. Eine Weile würde er das Torerolied nicht mehr hören.
    Schade eigentlich, er mochte diesen Klingelton.
     

KAPITEL 9
    Dienstag, 6. Februar, 18:30 Uhr
    Es war schrecklich kalt.
    Der Schnee, der am Morgen gefallen war, schmolz langsam und wurde von den Schuhen, die Nässe und Kälte aufsogen, zu Matsch gestampft.
    Wie immer, wenn es in Mailand zu kalt oder zu heiß war, wenn es regnete, stürmte oder schneite, hatten die öffentlichen Verkehrsmittel Verspätung. Menschenmassen warteten schweigend und voll verbitterter Resignation an den Haltestellen.
    Auch die beiden Kinder sagten kein Wort. Sie hielten sich nur an den Händen. Ivan war für diese Eiseskälte viel zu leicht angezogen. Über seinem dünnen Wollpullover trug er bloß eine Jeansjacke, die ihm zu groß war. Ein abgelegtes Kleidungsstück von seinem Bruder, nein, Stiefbruder oder wie zum Teufel er den Sohn des Lebensgefährten seiner Mutter sonst nennen sollte. Zum Glück hatte Leonardo darauf bestanden, dass er seinen Schal nahm. Ivan hatte ihn sich dreimal um den Hals gewickelt, was ihn zwar ein wenig störte, außerdem kratzte die Wolle, aber zumindest froren ihm nicht die Ohren ab. Aber Schal hin oder her, während dieses sinnlosen Herumstehens im Wartehäuschen waren seine Füße in den Turnschuhen ganz eingefroren, und seine Nasenspitze spürte er auch nicht mehr. Außerdem klapperte er unkontrolliert mit den Zähnen.
    Das sechsjährige Mädchen war ein wenig passender angezogen. Ein etwas zu großer rosa Anorak, ein überlanger Schal und eine selbst gestrickte Wollmütze sollten sie eigentlich gegen die Kälte schützen. Doch auch sie fror und trippelte herum, wie es Kinder tun, wenn sie dringend zur Toilette müssen.
    Es war halb sieben, absolute Hauptverkehrszeit an einem Wintertag.
    Diesem trüben, schmutzigen, nasskalten Tag, der so typisch war für Mailand, wenn es irrtümlicherweise mal schneite.
    Ivan und Martina warteten unter dem Schutzdach an der Piazza Abbiategrasso auf die Straßenbahn, die sie nach Hause bringen sollte. Alle beide waren seit den frühen Morgenstunden unterwegs, und so müde und verfroren, wie sie im Moment waren, erschien ihnen diese Wohnung im vierten Stock wie das Paradies, selbst wenn der Aufzug kaputt und der Kühlschrank bestimmt wie immer leer war.
    Sie lebten in einem der riesigen Wohnblöcke in der Giovanni-Amendola-Siedlung, die noch bis in die Siebzigerjahre zum äußersten Stadtrand von Mailand gehört hatte, ehe sie durch eine vertragliche Neuregelung der Ortsgrenzen von Rozzano eingemeindet wurde. Aus ihrem Küchenfenster konnte man an klaren Tagen die Poebene sehen, manchmal sogar den leichten grauen Nebel, der von den Reisfeldern aufstieg. Vom Balkon des Wohnzimmers hatte man einen Wald von Reklametafeln vor Augen, mit denen die Einkaufszentren entlang der Verkehrsader der westlichen Umgehungsstraße für sich warben.
    Die Aussicht war gar nicht so übel, Ivan sah gern aus dem Fenster. Das war immer noch besser, als seiner Mutter und Giulio beim Streiten zuzugucken. Im Augenblick erschienen ihm allerdings

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