Denn dein ist die Schuld
waren zum Auto hinuntergegangen, das vor der Haustür parkte. Ein alter Alfa Romeo, der immer noch abging wie eine Rakete.
Der Motor war natürlich frisiert, ist doch normal, oder?
Wie ein gutbürgerliches Ehepaar waren sie dann gemeinsam bei den Carabinieri aufgetaucht.
Die Vermisstenanzeige löste sofort den entsprechenden Alarm aus. Der Offizier an der Pforte weckte den diensthabenden Offizier, und dann wurde alles in die Wege geleitet. Die Suchmeldung ging an die Funkzentrale. Man informierte die Interdisziplinäre Zentrale der Jugendbehörde, die sie auch an alle Streifenwagen der Staatspolizei weitergab.
Giulio wartete im vollgequalmten Auto bei laufendem Motor und aufgedrehter Heizung. Da sah er Annamaria in Begleitung von zwei Bullen wieder herauskommen, von denen einer direkt auf ihn zusteuerte.
Der Mann klopfte an die Scheibe. Giulio ließ das Fenster herunter.
»Sind Sie Giulio Della Volpe? Der Lebensgefährte von Annamaria Donadio?«
»Ja, der bin ich. Warum?«
»Wir begleiten die Signora nach Hause. Sie müssten vorausfahren und uns mit Ihrem Wagen den Weg zeigen.«
»Und wenn nicht?«
»Wenn nicht, dann nimmt Sie mein Kollege mit, und wir werden Sie ebenfalls nach Hause begleiten. Ihr Auto würde hier stehen bleiben und morgen in aller Frühe von einem Abschleppwagen abgeholt werden. Also? Was möchten Sie tun?«
»Zu Befehl!«
Giulio verzichtete darauf, länger zu diskutieren. Als letzte Provokation schnipste er die Kippe aus dem Seitenfenster haarscharf an dem uniformierten Beamten vorbei, dann legte er den Gang ein und fuhr auf den blauen Alfa Romeo zu, in dem Annamaria saß. Als er an dem Streifenwagen vorbeikam, gab er dem Fahrer durch zweimaliges Blinken ein Zeichen, bevor er sich mit quietschenden Reifen auf den Heimweg machte.
KAPITEL 11
Mittwoch, 7. Februar, 01:30 Uhr
In der Wohnung im vierten Stock von Annamaria Donadio und Giulio Della Volpe trennten die Beamten das Paar.
Einer ging mit der Frau in die Küche, der andere mit ihrem Lebensgefährten ins Wohnzimmer.
Dort nahm man sie sofort hart ins Verhör.
Vor allem Giulio.
Wann hatten sie die Kinder zum letzten Mal gesehen?
Wie kam es, dass die beiden in ihrem Alter noch so spät allein unterwegs waren? Hier handelte es sich mindestens um die Vernachlässigung der Aufsichtspflicht. Aber vielleicht sogar um Kindesmisshandlung, stellte der Beamte gleich einmal in den Raum, der Annamaria Donadio nach Hause gebracht hatte und nun mit seinem Kollegen die beiden abwechselnd mit den gleichen Fragen bombardierte.
Giulio, der sich mit Verhören auskannte, wurde besorgt, als er bemerkte, dass man ihm wieder und wieder dieselben Fragen stellte, zweimal, dreimal, fünfmal. Und dabei jedes Wort mitschrieb.
Er wollte schon protestieren, denn soweit er wusste, durften sie das in dieser Phase der Ermittlungen gar nicht. Und überhaupt, was für Ermittlungen? Er wollte schon darauf bestehen, dass sein Anwalt anwesend sei, aber dann überlegte er es sich noch einmal. Das hätte einen ganz schlechten Eindruck gemacht, und bei seiner Vorgeschichte konnte er sich das nicht erlauben.
Bei seiner Vorgeschichte konnte er sich gar nichts erlauben. Nicht einmal zu sagen: Mir reicht’s jetzt, ich muss mal aufs Klo.
Und die Fragen, immer wieder die gleichen Fragen prasselten nur so auf ihn ein.
Wo haben Sie den Tag verbracht?
Wen haben Sie getroffen?
Wo und bei wem waren die Kinder?
Hatten Sie in letzter Zeit Streit mit Nachbarn, Verwandten oder Bekannten?
Gab es Spannungen? Aufgestauten Hass? Offene Feindseligkeiten?
Haben Sie Schulden gemacht, die Sie nicht begleichen konnten?
Haben Sie jemand Bestimmtes in Verdacht?
Woher hat Annamaria Donadio den blauen Fleck im Gesicht?
Soso, die Treppen hinuntergefallen? Und wann? Welche Treppe? Aus welcher Höhe? Und wie viele Stufen?
Und die Quetschung am Arm? Ach so, in der Tür eingeklemmt? Interessant! Könnten Sie mal zeigen, welche Tür das war?
Haben Sie ein medizinisches Attest, das den Vorfall bescheinigt? Ach, sie wollte nicht zur Notaufnahme? Und warum nicht?
Hier, notieren Sie auf diesem Block Namen, Anschrift und Telefonnummern von Verwandten, Freunden und Schulkameraden und wer Ihnen sonst noch einfällt, der mit den beiden Minderjährigen Kontakt gehabt haben könnte. Sofort.
Was? Sie wissen nicht, mit wem sich Ihre Kinder treffen?
Signor Della Volpe, bleiben Sie ganz ruhig. Wir fragen Sie nicht, ob Sie der leibliche Vater sind, sondern nur Dinge, die Sie wissen könnten,
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