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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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wir beschlossen, dir die Musik zu widmen, die du so liebtest: den Naviglio Blues , den wir immer zusammen gesungen haben. Ich werde deine Stimme übernehmen, und entschuldige, dass wir das Lied etwas ändern mussten, aber du weißt ja, dass ich nicht so hoch und so tief komme wie du.
    Ciao , Ivan. Wir haben dich alle gern. Dieses wunderbare Lied, das unsere Dichterin Alda Merini geschrieben hat, ist für dich.«
     
    Es folgte langer Applaus, und der Organist, der bereits angesetzt hatte, musste zweimal wieder abbrechen. Sandra Leoni schaute sich um und blickte in ein Meer trauriger Gesichter.
    Wie viele der Väter und Mütter, die sich gerade geräuschvoll schnäuzten, fragte sie sich, würden wohl etwas aus der Tragödie der beiden Kinder lernen?
    Wenn auch nur einer diese bittere Lektion gelernt hatte, war der Tod der beiden Geschwister wenigstens nicht sinnlos gewesen.
     
    In der Kirche kehrte wieder Ruhe ein.
    Zunächst spielten nur Saxofon und Klavier ein kurzes Stück, zu dem sich traurig der Bass gesellte: der junge Mann, der Leonardo ersetzte, hatte Tage gebraucht, um alles vorzubereiten, aber das Ergebnis war beeindruckend: Nur er am Keyboard, aber es klang so, als hätte sich rund um den Altar eine Bluesband versammelt.
    Dann setzte Monica ein.
    Ihre Stimme fing leise, tief und einschmeichelnd an, um dann schlagartig lauter zu werden. Sie wechselte schnell zwischen Höhe und Tiefe.
    Sanfte Töne über der Saxofonstimme und langsame Bogen auf den Blue Notes.
     
    Vorsichtiges Schweigen, Misstrauen.
Dies Jahr sind wir allein,
durchtränkt von einer unbekannten Sonne.
Du, Kind, bist unsere Sonne.
Jeden Tag erstehst du neu im Herzen derer,
die sich schon tot glaubten.
Diese Sonne über dem Naviglio
heißt ganz einfach
Leben.
Du, Kind, bist unsere Sonne.
Jeden Tag erstehst du neu im Herzen derer,
die sich schon tot glaubten.
Diese Sonne über dem Naviglio
heißt ganz einfach
Leben.
Leben. Leben. Leben
     

KAPITEL 110
    Mittwoch, 11. April, 22:00 Uhr
    Don Mario wollte gerade zu Bett gehen. Er hatte schon seit einiger Zeit keine Anfälle von Angina Pectoris mehr gehabt, dennoch suchte er die Tablettenschachtel, denn man konnte ja nie wissen. Er fragte sich, wie lange die Nitrokapseln, die er immer öfter unter die Zunge legen musste, noch wirken würden und wer sich um Tea und Meo kümmern würde, wenn der Moment seines Abschieds gekommen war.
    Als hätten seine Gedanken sie herbeigerufen - wahrscheinlich war es eher das verlockende Rascheln des Trockenfutters in der Schachtel gewesen -, kamen die beiden Katzen um die Ecke geschossen und strichen um seine Beine.
    Der Don füllte gerade ihre Näpfe, als die Klingel ihn hochschrecken ließ und die Katzen vertrieb.
    Wer konnte das so spät sein?
    Mit klopfendem Herzen ging der alte Priester zur Sprechanlage neben der Eingangstür.
    »Ich bin Dragan, Padre. Du mich nicht kennen, aber ich weiß, ich kann Kind hierlassen.«
    »Welches Kind? Wer sind Sie?«
    »Bitte, Padre. Keine Angst. Ich nix tun weh. Ich Kind gefunden. Jetzt ich lasse hier, und du komme holen. Kleines Kind. Hier ist auch Frau, meine Frau. Du keine Angst vor Frauen, oder?«
    Es konnte eine Falle sein, aber er musste öffnen. Er drückte auf den Knopf.
    »Kommt herein.«
    Als er die Eingangstür öffnete, stand vor ihm ein Paar. Aus der Kleidung der Frau schloss er, dass sie Sinti oder Roma waren.
    Der Mann, groß und breit mit einem kräftigen Schnurrbart, gehörte zu den Leuten, die Ivans Leiche in dem Gehöft gefunden hatten, aber das konnte der Don nicht wissen.
    Sie, eine dicke, ziemlich hochgewachsene Frau, hatte ein Tragetuch um die Schultern geschlungen, in dem ein Baby schlief.
    »Meine Frau Anilja.« Dragan wusste, was sich gehört, und stellte sich und seine Frau vor. »Das hier ist Kind, das wird gesucht.«
    »Heilige Jungfrau! Ist das der kleine Giovanni Simonella? Den habt ihr genommen?«
    »Nein, nein. Wir nix rauben Kinder.«
    Der Priester bemerkte, dass der Mann erschrak, und sah, dass die Frau einen Schritt zurückgewichen war.
    »Ich in Sintifamilien herumgefragt und gefunden Frau, die kümmert um Kinder von allen. Sie gesagt, dass Kind gebracht von zwei Männern. Die sie gefragt, sie soll behandeln wie eigenes, und Geld gezahlt. Bitte, nicht rufen Policija . Du nehmen Kind.«
    Die Frau holte das Kind aus dem Tragetuch und reichte es dem Pfarrer. Der Kleine war schwer, und der alte Priester, der ohnehin ein wenig unsicher auf den Beinen war, taumelte. Da nahm Anilja

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