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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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begleitet von einer Schar Ministranten aus der Sakristei kam.
    Sobald der alte Pfarrer ein wenig unsicher auf den Beinen den Altar erreicht hatte, setzte Musik ein, die durch Lautsprecher verstärkt wurde.
    Air aus der 3. Orchestersuitein D-Dur von Bach. Eine unendlich süße und anrührende Melodie, eine Art Abschiedsgruß an den Don, der die Gemeinde demnächst verlassen würde.
    Vorgetragen wurde das Stück von zwei jungen Schülern des Konservatoriums, die ebenfalls das Jugend- und Gemeindezentrum besucht hatten, und zwar nicht auf der Orgel, sondern auf einem hinter dem Altar angeschlossenen Keyboard und einer Geige.
    Der Chor war vollständig erschienen. Zwar ohne den Maestro und ohne sein Glanzstück Ivan, aber die Chorsänger hatten beschlossen, trotzdem zu singen.
    In der Passionswoche hatten Erwachsene und Kinder jeden Abend geprobt, und einer der Tenöre, ein gesetzter Herr um die sechzig, der Einzige, der in seiner Jugend Musik studiert hatte, hatte die Leitung übernommen.
    Das Programm war so, wie es mit Lovati und Coronari abgesprochen war, ehe durch Ivans Verschwinden alles hinfällig wurde: das Magnificat von Dvorˇák als Einleitung der Messe. Christe adoramus te von Monteverdi und Ave verum von Mozart für die Elevation, Panis Angelicus von César Franck vor und nach der Kommunion, der unvermeidliche Choral 147, Wohl mir, dass ich Jesum habe , von Bach vor dem Friedensgruß und zum Abschluss das Halleluja aus dem Messias von Händel.
    Am Ende der Predigt, die mit Lautsprechern nach draußen übertragen wurde, damit auch die Gläubigen zuhören konnten, die in der Kirche keinen Platz mehr gefunden hatten, wollte Don Mario sich von allen verabschieden.
    »Die vergangenen Ereignisse, in die Personen verwickelt waren, die wir zu kennen glaubten und die wir liebten, haben unsere Herzen mit Trauer erfüllt. Ihr alle kennt die Geschehnisse, die so viel Schmerz und Blut gekostet haben, und ich möchte an diesem Tag voller Freude lieber nicht darüber sprechen. Ich sehe, dass unsere schöne Kirche heute bis zum letzten Platz gefüllt ist. Welcher Zeitpunkt wäre besser geeignet, einen liebevollen Gruß an alle Gemeindemitglieder und an die Gläubigen zu richten, die diesen Moment der Wiederauferstehung unseres Herrn Jesu Christi gemeinsam begehen wollten? An alle Anwesenden und auch an die, die nicht hier sind, geht mein Dank für die Zuneigung, die sie mir in diesen leidvollen Tagen bewiesen haben.
    Liebe Gemeindemitglieder, erinnern wir uns voller Rührung an die, die nicht oder nicht mehr unter uns sind: unseren lieben Don Andrea, den der Herr zu sich berufen hat. Unseren wunderbaren Ivan, dessen Stimme uns alle mit Stolz erfüllt hatte: Ich wünsche mir, dass sein tragisches Schicksal all die Eltern nachdenklich stimmt, die ihren Kindern gegenüber vielleicht etwas zu wenig Aufmerksamkeit aufbringen. Und schließlich Leonardo Coronari, unser großartiger Musiker, der Junge, den wir in dieser Gemeinde haben aufwachsen sehen und der in diesem Jugendzentrum viel gelernt hat. An sie und an euch alle geht mein Dank. Ich werde diese Gemeinde nur noch kurze Zeit leiten. Die kirchlichen Behörden werden bald einen Nachfolger ernennen, der dann meinen Platz einnehmen wird. Ich habe die Absicht, mich in einen Orden zurückzuziehen, wo ich endlich beten und ausruhen kann, aber ich werde euch alle immer in meinem Herzen tragen. Amen.«
    Sandra Leoni, die zwar nicht gläubig war, aber dennoch beschlossen hatte, die Ostermesse in Begleitung von Vincenzo Marino zu besuchen, war von den Worten Don Marios so gerührt, dass sie es gar nicht bemerkte und auch nicht reagierte, als der Ispettore Capo ihre Hand nahm und sie mit den Lippen berührte.
    Oder vielleicht hatte sie es schon bemerkt, aber beschlossen, es ihm zu gestatten.
    Nach dem Austausch des Friedensgrußes, vor dem »Gehet hin in Frieden, die Messe ist beendet« löste sich ein niedliches, ungefähr zehn Jahre altes Mädchen in einem rosa Kleidchen und mit langen, zu einem Pferdeschwanz zusammengefassten Haaren aus dem Chor und trat mit einem Blatt Papier in der Hand ans Mikrofon.
    »Ich bin Monica. Ivan war mein Freund«, las sie mit heller Stimme. »Ivan war sehr stolz, hier Solist zu sein, und manchmal war ich ein wenig neidisch auf ihn. Das war ich auch, als Leonardo ihm den Solopart im Halleluja gegeben hat. Jetzt will ich ihm sagen, dass er und seine kleine Schwester Martina uns sehr fehlen.
    Ivan, keiner wird je so gut singen können wie du. Daher haben

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