Denn dein ist die Schuld
sich nur um sich selbst und nicht um die Gemeinde. Aber Sie können beruhigt sein: Was Sie so heftig verteidigen, ist auch nichts anderes als eine Jauchegrube. Alle Orte, an denen Erwachsene und Kinder gemeinsam verkehren, sind widerlich. Aber besonders Gemeindezentren. Wissen Sie auch, warum? Sie scheinen sichere Orte, aber stattdessen sind es Kloaken.«
»Sie wissen nicht, was Sie da sagen.«
»Und Sie haben keine Ahnung von der Realität. Wo, glauben Sie, ist wohl der Plan dazu entstanden? Hier, mein lieber Herr Pfarrer. Aber trösten Sie sich: Dies ist nicht der einzige Ort, der wertvolle Ware für zahlungskräftige Leute liefert. Da gibt es die Schulen, die Turnhallen. Ganz zu schweigen von Schwimmbädern und Umkleidekabinen nach einem Fußball- oder einem Basketballspiel. Wie sagt schon das Evangelium, man soll dem Kaiser geben, was des Kaisers ist.«
Don Mario überfiel ein krampfhaftes Zittern.
»Tun Sie mir einen Gefallen, werden Sie nicht blasphemisch. Was für eine Rolle spielen Sie dabei?«
»Hier kommen wir zum wichtigen Punkt. Die haben mich bei den Eiern. Ich kann mich da nicht einfach zurückziehen. Ich habe Familie.«
»Wie sind Sie in die Sache hineingeraten?«
»Glücksspiel. Das ist ein hässliches Monster, wissen Sie? Und schlimmer als Drogen, weil man den Einsatz immer erhöhen muss. Es hatte mich fest im Griff. Schulden über Schulden. Als sie dann gesehen haben, dass ich nicht genug hatte, um sie zu decken, nicht einmal dann, wenn man mir alles nehmen und mich auf die Straße setzen würde, sind sie mit Angeboten gekommen. Ein bisschen Aufschub für einen Gefallen … Anfangs waren das Kleinigkeiten. Ein Paket abliefern, eines abholen. Es kam mir vor wie ein Traum. Ich habe mich gefragt, warum sie so viel Geld für so wenig zahlten. In der Stadt den Kurier spielen ist gar nichts, man geht praktisch kein Risiko ein. Man wird nicht kontrolliert. Aber damit wollte man mich nur testen. Und tatsächlich haben sie schließlich die Karten auf den Tisch gelegt. Ich musste mich zur Verfügung halten, zu allem bereit sein. Von wegen Kurierdienste für Päckchen. Ich sollte Entführungen planen und durchführen, Killerkommandos anleiten, Leute verschwinden lassen. Ich töte zwar nicht, das heißt, ich drücke nicht selbst ab, aber ich finde jemanden, der es an meiner Stelle tut. Wissen Sie, dass in dieser Stadt manche Leute für hundert Euro einen Mord begehen? Wenn ich mich um jemanden kümmere, verschwindet der für immer.«
»Sind Sie deswegen gekommen? Wollen Sie mich so überzeugen, das zu tun, was eigentlich Sie tun müssten?«
»Sie irren sich. Anfangs bin ich zu Ihnen gekommen, um mich selbst zu schützen. Ich fürchtete, dass ich mich nicht vorsichtig genug verhalten hätte und Sie vielleicht etwas gemerkt hätten. Mit der Beichte wollte ich Ihnen den Mund verschließen. Sie dürfen nichts von dem weitergeben, was Sie erfahren haben, weil ich Ihnen alles, was Sie wissen, unter dem Beichtgeheimnis anvertraut habe, richtig?«
»Und dann?«
»Und dann ist die Kleidung des Mädchens aufgetaucht. Irgendetwas ist schiefgegangen oder es war Absicht. Ich neige zur zweiten These. Es könnte eine Warnung sein. An mich gerichtet. Und dann wurde auch der arme Ivan gefunden. Er war die Leiche, aber das wissen Sie schon, stimmt’s? Die haben sich nicht an die Abmachungen gehalten. Das sind Tiere. Sie haben mir gesagt …« Die Stimme schwieg. Don Mario wartete, dass sie weiterredete, und als ihm die Zeit quälend lang erschien, fragte er:
»Was hat man Ihnen gesagt? Um Gottes willen, reden Sie!«
»Man hat mir gesagt, die Kinder müssten nicht leiden. Sie würden nichts spüren. Na, im Grunde hatten sie sowieso keine Zukunft. Sie wurden in die falschen Familien hineingeboren. Vor ihnen lag ein mühevolles Leben. Der Junge wäre hundertprozentig im Jugendarrest gelandet, noch bevor er fünfzehn geworden wäre. Und das Mädchen …«
»Was reden Sie da? Ausgerechnet Sie, der …«
»Don Mario, es ist völlig sinnlos, darüber zu reden. Ich bin gezwungen worden, meine Rolle zu spielen. Diese Leute bitten nicht, sie befehlen. Und das mit Ivan war ein Unfall. Sie wollten das Mädchen. Sie hätten nur sie allein entführt, wenn sie und der Bruder nicht so unzertrennlich gewesen wären.«
»Das Mädchen? Und Ivan? Warum?«
»Es tut mir leid wegen Ivan. Ich mochte ihn. Auch aus diesem Grund bin ich hier. Ich sage noch einmal: Er war ein Unfall. Sie wollten seine Schwester haben. Sein Tod schmerzt
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