Denn ewig lebt die Liebe
Herrn von Melhus?"
Werner nickte. "Aber nicht mehr lange", fügte er hinzu und erklärte dem Arzt, weshalb er Haselheide bald verlassen würde. Wenig später traf dann auch die Polizei ein und der Leichenwagen, der den Toten ins Gerichtsmedizinische Institut bringen sollte.
An diesem Tag blieb der Mähdrescher stehen. Werner war nicht mehr fähig, das Feld vollends zu mähen. Am nächsten Tag schickte Michael von Melhus einen anderen Angestellten, der die Arbeit vollenden sollte.
Werner nahm für den Rest der Woche Urlaub. Den hatte er auch bitter nötig, denn das Bild des Toten ging ihm nicht aus seinem Kopf. Doch er war nicht allein in dieser schweren Zeit. An seiner Seite war eine junge Frau, die seine Gedanken verstehen, seine Ängste vertreiben konnte.
Melanie Gruber machte lange Spaziergänge mit ihm, erzählte von ihrer Kindheit, ihrer Jugend und von ihrer Ausbildung als Krankenschwester. Und damit gelang es ihr besser als jedem Psychiater, die düsteren Gedanken des Mannes zu vertreiben, dem sie ihr Herz geschenkt hatte.
Und als nach einiger Zeit der Befund aus der Stadt kam und Dr. Hofmann auf dem Gut anrief, um Werner Simons zu sich zu beordern, da konnte er endlich entgültig aufatmen. Max Berger war schon seit über dreißig Stunden tot gewesen, als der Mähdrescher ihn verletzte.
Jetzt war wieder fast alles in Ordnung in Haselheide, nur dachte im Moment keiner mehr an Admiral, den treuen Hund. Der war heimatlos geworden. Er saß vor der Haustür und wollte hinein in dem Glauben, sein Herrchen dort vorzufinden.
Niemand öffnete ihm. Und doch saß er da, einen Tag, zwei Tage. Sein Magen knurrte, das Tier beachtete es gar nicht. Es lag nur einfach da, den massigen Kopf auf den Vorderpfoten und starrte vor sich hin. Manchmal döste Admiral, und dann winselte er im Schlaf. Vielleicht verfolgten auch ihn die schrecklichen Bilder.
Allerdings sahen die wohl ein wenig anders aus als die Bilder, die die Menschen kannten. Denn er war als einziger dabei gewesen, als Max Berger gestorben war. Doch das konnte er natürlich niemandem erzählen.
* * *
Dass in der Nacht sein Telefon läutete hatte Alexander nicht mehr erlebt, seit er in Haselheide praktizierte. Deshalb schreckte er auch auf, als das schrille Gebimmel ihn aus seinen Träumen riss. Er brauchte eine ganze Weile, bis er zu sich kam. Dann nahm er ab und meldete sich, jetzt hellwach. Sofort erkannte er die Stimme von Claudia von Melhus. Und das, was sie ihm zu sagen hatte, klang gar nicht gut. Er versprach, sofort zu kommen.
Kaum fünf Minuten später saß er bereits in seinem Auto und steuerte es zum Gut dieser vornehmen Familie. Er hoffte inständig, nicht zu spät zu kommen. Sein erster Patient, wenn man von dem kleinen Unfall seiner Haushälterin und von dem Toten im Kornfeld absah.
Claudia erwartete ihn bereits im Hof. "Schnell, bitte kommen sie ganz schnell. Es geht meinem Vater gar nicht gut. Ich glaubte vorhin schon, er müßte ersticken." Sie nahm seine Hand und zog ihn mit sich, ohne sich Gedanken über ihr Tun zu machen.
Dr. Hofmann folgte ihr und hatte dabei ein ganz eigentümliches Gefühl. Dennoch entzog er ihr nicht seine Hand. Statt dessen stellte er noch einige Fragen, die zur Diagnosefindung wichtig waren. Dann hatten sie das Schlafzimmer des Kranken erreicht. Eine ältere Frau, die eine weiße Schlafhaube auf ihrem ergrauten Haar trug, blickte den Eintretenden voller Angst entgegen. "Er sagt nichts mehr. Eben noch hat er mit mir geredet." Ihre Stimme zitterte.
"Das ist Hermine. Sie ist schon seit einem ganzen Leben bei uns und kümmert sich um alles, besonders um meinen Vater, seit Mutter tot ist." Claudia bemühte sich, die Fassung zu behalten. Sie konnte es sich im Moment nicht leisten, in Tränen auszubrechen. Immerhin ging es um ihren Vater, da musste sie all ihre Sinne zusammenhalten.
Dr. Hofmann öffnete seine Notfalltasche und holte alle Instrumente heraus, die er für eine Erstuntersuchung benötigte. Zufrieden stellte er als erstes den Pulsschlag fest, der überraschend gleichmäßig und kräftig war. Dass Michael von Melhus einen Herzanfall hatte, war jedoch unübersehbar. Auf seiner hohen Stirne stand kalter Schweiß und seine Lippen waren blau angelaufen.
Als erstes gab er dem Kranken eine Kreislauf stärkende Spritze und wartete dann ein paar Minuten, bis die Wirkung einsetzte. "Ich werde jetzt den Krankenwagen bestellen, denn dort ist ihr Vater in den besten Händen und ständig unter Beobachtung",
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