Denn ewig lebt die Liebe
schlug er vor, erntete damit jedoch nur Protest.
"Wenn Vati erfährt, dass er ins Krankenhaus gebracht werden soll, dann hätten sie ihm gar nicht erst die Spritze geben brauchen", sagte Claudia voller Angst.
"Da hat sie Recht." Die noch etwas schwache, zittrige Stimme Michael von Melhus machte alle weiteren Überlegungen in dieser Richtung zunichte. "Ich bin bestimmt nicht einverstanden damit, in einem Krankenhaus sterben zu müssen. Alle von meiner Familie haben ihr Leben zuhause ausgehaucht. Und ich werde es nicht anders machen."
Dr. Hofmann sah ein, dass er gegen den Willen des Patienten nichts unternehmen durfte. Also zog er seine Jacke aus und hängte sie über den Stuhl, den er sich zum Bett holte. "Dann müssen wir uns auf eine lange Nacht gefaßt machen", sagte er, zu Claudia gewandt. Er nahm die Hand des Gutsbesitzers, um erneut dessen Puls zu fühlen.
Dr. Hofmann sollte sich nicht geirrt haben. Die Nacht wurde wirklich sehr lang. Zweimal noch stand er vor der Entscheidung, Herrn von Melhus doch ins Krankenhaus einzuweisen, doch jedesmal hielt Claudia ihn ängstlich davon ab, den sie war überzeugt davon, dass die Aufregung, wenn sie gegen seinen Willen handelten, ihn ohnehin umbringen würde. Schließlich, gegen Morgen, fiel der Patient in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Hermine hatte frischen Kaffee gekocht und Brote gerichtet. Zusammen mit Claudia nahm Dr. Hofmann in der Küche ein appetitliches Frühstück ein. Die junge Frau war sehr glücklich und dankbar, dass ihr geliebter Vater über dem Berg war.
"Das werden wir ihnen nie vergessen, Herr Doktor", sagte sie bewegt, als sie Alexander zum Auto brachte. Dann reichte sie ihm die Hand. "Wann kommen sie wieder, um nach Vati zu sehen?"
"Spätestens heute abend nach der Sprechstunde", antwortete der sympathische Arzt, stellte seine Tasche auf den Rücksitz und nickte Claudia dann noch einmal zu, ehe er selbst einstieg und losfuhr. "Ich kann ja nicht voraussetzen, dass auch heute wieder keiner kommt. Wunder gibt es immer wieder", hatte er so leise hinzugefügt, dass es eigentlich außer ihm selbst niemand hätte hören können.
"Nach der Sprechstunde", wiederholte Claudia und vergaß ganz zu fragen, wann die Sprechstunde denn vorbei sei. Irrte sie sich oder hatte seine Stimme etwas verbittert geklungen? Wunder wäre es keines, gab sie sich selbst die Antwort auf diese Vermutung. Alle im Ort wußten ja, dass der neue Doktor keine Patienten hatte.
Vielleicht würde sich das ja ändern wenn erst bekannt wurde, wer sein erster Patient gewesen war. Der Name von Melhus galt etwas in Haselheide. Claudia hoffte es jedenfalls für Dr. Hofmann, denn sie war überzeugt davon, dass er ein guter Arzt war. Das hatte er jedenfalls in der letzten Nacht bewiesen.
* * *
Eine Gemeinderatssitzung war nötig um zu beschließen, was nun aus dem alten Häuschen von Max Berger werden sollte. Es gab ja niemanden mehr, den man dort unterbringen konnte. Außerdem war die Hütte schon so wacklig, dass umfangreiche Reparaturarbeiten nötig gewesen wären, um sie noch einmal bewohnbar zu machen.
"Der Aufwand lohnt nicht mehr", stellte Arnulf Paulsen fest, der Bürgermeister. Auch Thomas Cornelsen, der Apotheker, war dieser Ansicht. Also beschloß man, das Häuschen auszuräumen und Baumeister Törgel zu beauftragen, es dem Erdboden gleichzumachen. Man konnte mit dem Grundstück noch allerhand anfangen, denn es nahm doch eine schöne Fläche ein.
"Einen neuen Supermarkt könnten wir gebrauchen. Angebote aus der Stadt hätten wir vorliegen", meldete sich Frau Kramer zu Wort, die Bibliothekarin, wie sie sich selbst nannte. In Wirklichkeit jedoch war sie die Schulsekretärin und verwaltete gleichzeitig die Bücher der Schülerbücherei, zu der auch die Bewohner von Haselheide zu bestimmten Zeiten Zutritt hatten.
Die Idee wurde von allen erfreut aufgenommen, und die ansonsten auffallend kleingewachsene Frau wuchs in diesem Moment bestimmt um einige Zentimeter vor lauter Stolz. Begeistert erzählte sie davon, was für Vorteile dieser Supermarkt den Frauen des Ortes bringen würde, und schließlich waren alle damit einverstanden, diese Möglichkeit wohlwollend zu prüfen. Nun musste sich nur noch jemand finden, der das alte Haus ausräumte. Man hätte ja einige junge Burschen hinschicken können, um die traurige Pflicht zu erfüllen, doch ganz so pietätlos wollten die Räte doch nicht sein. Also beschloß man einstimmig, dass man Kapitän Störtebeker fragen wolle,
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