Denn ewig lebt die Liebe
einem anderen Teil Norddeutschlands, lebte nun schon seit fast einem Jahr auf dem Gut der von Melhus. Er wollte lernen, wie andere Gutsbesitzer ihre Anwesen führen und damit Gewinn erziehlen. Schließlich sollte er in absehbarer Zeit den elterlichen Besitz übernehmen.
"Der Mähdrescher ist diese Woche frei", hatte Michael von Melhus gestern beim Frühstück gesagt, das Werner hin und wieder gemeinsam mit der Familie einnahm. Er fühlte sich wohl in der Gesellschaft seines Arbeitgebers, hatte eher das Gefühl, ein Freund des Hauses zu sein denn ein Angestellter.
"Ich habe den Wetterbericht gehört. Wenn wir uns nicht beeilen, dann können wir wieder lang auf solch eine wundervoll trockene Zeit warten. Es wäre wirklich schade, wenn es uns ins Getreide hineinregnet", hatte Werner noch geantwortet. Dann hatten sie sich darauf geeinigt, dass am nächsten Tag mit der Ernte begonnen werden sollte.
Und dieser Morgen war nun gekommen. Schon zeitig war Werner aufgestanden, eine ganze Stunde früher als sonst, und hatte den Mähdrescher gerichtet, damit er nach dem Frühstück nur noch einsteigen und abfahren musste.
Der Mann nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Kaffeetasse. "Ich werde mit dem Getreidefeld am Waldrand anfangen. Sind sie damit einverstanden, Herr von Melhus?"
Der Gutsbesitzer hatte nichts dagegen. "Ich denke, wir sollten uns beeilen. Das Risiko, dass es uns gerade noch im letzten Moment mit einem Wetterumschwung erwischt, ist groß."
Grob überschlagen müßten wir in vier Tagen fertig sein." Er blickte Claudia forschend an. "Entschuldigen sie bitte, Claudia, dass wir beim Essen solche Gespräche führen."
Claudia lachte herzlich. "Sie vergessen, dass ich die Tochter eines Landwirtes bin. Ich habe dasselbe Interesse an der Ernte wie er. Dennoch arbeite ich im Augenblick noch lieber in der Apotheke. Es reicht, wenn Vati mich eines Tages überredet, ihm zu helfen. Doch der Tag ist, so hoffe ich jedenfalls, noch fern."
Der ältere Mann, dessen noch immer dichtes Haar das Auffallendste an ihm war, strich sich ein Brötchen mit frischer Landbutter und nahm dann einen kräftigen Bissen. "Unsere eigenen Erzeugnisse sind doch noch immer die besten", stellte er zufrieden fest. "Selbst angebautes Getreide und davon selbst gebackenes Brot. Was wünscht sich ein richtiger Landwirt noch mehr, um zufrieden zu sein?" Er lehnte sich auf seinem Sessel zurück und blickte in die Runde.
Werner Simons schmunzelte in sich hinein. Genauso redete sein Vater auch immer beim Frühstück, wenn er die Butter aus der Milch von den eigenen Kühen auf sein Brötchen strich. Ob wohl alle Väter dieser Welt gleich sind? Oder nur alle Landwirte?
Wenig später erhob sich Claudia. "Ich muss los", versicherte sie hastig, nachdem sie auf der alten Standuhr entdeckt hatte, dass sie ohnehin schon spät dran war. "Heute abend werde ich bestimmt früher zuhause sein können, Vati", sagte sie und küßte den älteren Mann auf die Wange. "Ich würde mich freuen, wenn wir abends wieder einmal zusammen essen könnten. Das haben wir schon lange nicht mehr getan."
"Einverstanden, mein Mädchen." Ein stolzer Vaterblick folgte Claudia, die jetzt leichtfüßig zur Tür lief. "Paß auf dich auf und sei freundlich zu den Leuten."
"Keine Probleme", rief Claudia noch, dann war sie aus dem Zimmer.
"Ein prächtiges Mädchen", stellte Michael von Melhus fest, zu Werner Simons gewandt. "Ich glaube", fügte er etwas verlegen hinzu, "dass jeder Vater stolz ist auf seine Kinder. Ihrem Vater wird es sicher nicht anders ergehen."
"Das ist schon möglich", gab Werner schmunzelnd zu und schob seinen Teller zurück. "Sie erlauben doch, Herr von Melhus, dass ich mich an die Arbeit mache. Ich möchte schon ein Stück geschafft haben, ehe die Hitze kommt."
"Selbstverständlich, Werner, das ist doch gar keine Frage." Er betrachtete den jungen Mann wohlwollend. "Ich bin sehr zufrieden mit ihnen. Das habe ich gestern auch ihrem Vater gesagt, als wir zusammen telefonierten."
Werner Simons errötete vor Freude und bedankte sich. Dann war auch er aus dem Zimmer. Ein Glücksgefühl durchströmte sein Herz, nicht nur wegen des Lobs seines Arbeitgebers. Er dachte wieder an den wunderschönen Abend vor ein paar Tagen, und das machte ihn unendlich froh.
Die Arbeit ging ihm heute besonders leicht von der Hand. Schon eine Stunde später, als die Sonne bereits hoch am Himmel stand, hatte er ein ganzes Stück des Getreidefeldes gemäht. Immer wieder dachte er daran,
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