Denn ewig lebt die Liebe
Raupe kommen und alles dem Erdboden gleich machen. Der alte Kapitän war sichtlich stolz auf die Leistung. "Ich werde das Fell am besten gleich heute mitnehmen." Er bückte sich, um den Kopf hochzunehmen. "Der ist verdammt schwer. Kannst du mir mal helfen, Natja, das Vieh auf meinen Handwagen zu laden?"
Natja griff nach dem Tigerkopf und versuchte, Halt an den spitzen Zähnen zu finden, weil ihr das unhandliche Körperteil immer wieder ausrutschte. Und dabei passierte es. Plötzlich hatte sie einen Zahn in der Hand und gleich darauf noch einen. Erschrocken zeigte sie diese dem Kapitän. "Hab ich ihn jetzt kaputt gemacht?"
Der Kapitän blickte zunächst erstaunt, lachte dann jedoch herzlich. "Die kann man sicher wieder in den Kiefer stecken." Er nahm einen der Zähne und versuchte damit sein Glück. Doch es gelang ihm nicht.
"Lass mal sehen." Er wurde langsam nervös. "Irgend etwas steckt im Kiefer, so dass ich den Zahn gar nicht einsetzen kann. Es sieht fast so aus als sei etwas verrutscht." Er drehte den Kopf des toten Tieres so, dass Licht ins Maul fiel.
"Hast du mal die spitze Zange? Ich glaub, sie liegt drüben auf der Kiste für den Kindergarten", bat er Natja, die ihm das Gewünschte sofort brachte.
Und dann, nach langem Bohren, als der Kapitän fast schon bereit war aufzugeben, da endlich wurde er fündig. "Was ist das denn?" Er hielt etwas Schimmerndes hoch, einen blutroten Stein, ziemlich groß und wunderschön geschliffen.
"Ein Rubin." Der Alte stellte dies richtig andächtig fest. "Schau Natja, so sieht ein Rubin aus. Ich verstehe nur nicht, wie ein Edelstein in den Kiefer des Tieres kommen kann."
"Vielleicht steckt da noch mehr drin", vermutete das Mädchen. "Soll ich einmal nachsehen?"
Das jedoch ließ sich Kapitän Störtebeker nicht nehmen. Er legte den Edelstein in Natjas geöffnete Hand und suchte weiter. Auf diese Weise förderte er einen Stein nach dem anderen zu Tage. Es waren grüne, blaue und vor allem rote. Auch ein leuchtend durchscheinender war dabei, den er besonders bewunderte.
"Was ist das denn?" Auf einmal holte er aus dem geöffneten Kiefer ein Stück Papier. "Da steht etwas geschrieben. Würdest du es bitte vorlesen, Natja?"
Sofort kam die Fünfzehnjährige seiner Bitte nach. "Testament, steht da. Hiermit verfüge ich, Max Berger, im Vollbesitz meiner geistigen und körperlichen Kräfte, dass der Erlös aus dem Verkauf all meiner Wertgegenstände, die nach meinem Ableben in diesem Haus gefunden werden, folgendermaßen aufgeteilt wird."
"Das hätte ich nicht gedacht", warf der Alte ein. "Lies weiter, Natja, und bedenke, dass wir im Moment fast so etwas wie einen Krimi oder zumindest eine recht mysteriöse Geschichte erleben."
Natja holte tief Luft. Ihr war auf einmal ganz seltsam zumute. Irgendwie hatte auch sie den Eindruck, als Hauptdarsteller in einem Film mitzuwirken. "Zwei Drittel vermache ich der Gemeinde Haselheide dafür, dass alle so vorbildlich für mich, einen armen Penner, gesorgt haben. Das werde ich nie vergessen. Das Geld soll zur Gründung eines Fonds verwendet werden für Heimatlose, so wie ich einer war. Das restliche Drittel bekommt derjenige, der für meinen Hund sorgt. Admiral darf es an nichts fehlen, dafür wird Bürgermeister Paulsen sorgen."
"Admiral ist seit ein paar Tagen bei uns", stellte Natja überrascht fest.
"Dann bekommt dein Vater ein Drittel des Erlöses", stellte der Kapitän fest. "Doch das alles muss natürlich amtlich geregelt werden. Immerhin dürfte eine schöne Summe Geldes beim Verkauf herausspringen." Er packte die Steine in ein Tuch und steckte alles in seine Jackentasche zu den Fotografien.
Natja, noch immer sichtlich verwirrt, konnte nun ganz leicht die Zähne in den Kiefer stecken. "Eigentlich eine gute Idee, die Steine hier zu deponieren", sagte sie leise. "Auf dieses Versteck wäre bestimmt kein Einbrecher gekommen. Es war reiner Zufall, dass ich einen Zahn herausgebrochen habe."
"Sicher musste es so sein." Zu zweit trugen sie nun das Fell nach draußen und legten es auf den Handwagen des Alten. Dann marschierten sie den Weg entlang, schweigend, ihren Gedanken nachhängend. Mit allem hätten sie gerechnet nur nicht mit solch einem Fund.
"Kommst du morgen wieder, Natja?", fragte der Kapitän vorsichtig. "Natürlich nur, wenn du Zeit hast."
"Diese Zeit werde ich mir auf alle Fälle nehmen und wenn ich meine Schulaufgaben nachts erledigen müßte", antwortete das Mädchen und reichte dem alten Seebären die Hand. "Danke,
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