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Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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einfielen. Über die Erdnussstange aus dem Stuckey’s (noch einmal) und darüber, wie sie ganz unschuldig taten, als in ihrem überfluteten Badezimmer in dem hübsch altmodischen Martha Washington Inn plötzlich Erdnüsse schwammen. Immer neue Erinnerungen folgten, als sie in Richmond durch den Fan District schlenderten und abends in dem Restaurant für Wurstspezialitäten aßen, das die New York Times geadelt hatte. Vonnie fiel die schreckliche Frau ein, die in diesem Strandort gedroht hatte, sie zu überfahren, aber auch, wie Mr. Sleazak, der malende Nachbar aus Roaring Springs, Inez einmal gebeten hatte, nackt für ihn Modell zu stehen. Der Tag war rundum gelungen und hatte das Unmögliche geschafft: Er hatte Eliza von morgen abgelenkt. Es hätte sie nicht überrascht, wenn sogar der Streit zu Vonnies Plan gehört hätte, sie auf andere Gedanken zu bringen. Sie war eine gute Schwester auf ihre eigene Art, und anders konnte sie nun einmal nicht sein.
    Aber als Eliza abends in einem fremden Bett lag, weit weg von Peter, Iso und Albie, ging sie den Tag in Gedanken noch einmal durch. Beinahe alle lustigen Geschichten, die Vonnie und sie sich erzählt hatten, stammten aus der Zeit davor . Weil Vonnie danach die Uni besucht hatte? Oder weil die Lerners alle Albernheit verlernt hatten, als Eliza wieder zu Hause war? Seltsam, aber ihr war nie der ganze Umfang dessen klar gewesen, was Walter ihnen allen genommen hatte. Nach ihrer Heimkehr lebten die Lerners, als seien sie begnadigt worden, dankbar, aber ängstlich. Heute ging es ihnen gut, aber das konnte sich morgen ändern. Natürlich galt das für jede glückliche Familie. Der Unterschied lag darin, dass die Lerners es tatsächlich wussten. Nachdem sie einmal Unglück erfahren hatten, konnte es wieder passieren. Bei Unglück gab es keinen Schutz, kein abgeleistetes Soll. Es war wie dieser Augenblick im Matheunterricht, wenn ein Kind begreift, dass die Chancen für Kopf und Zahl immer gleich sind, egal wie oft man eine Münze schon geworfen und sie Kopf ergeben hat. Bei jedem Wurf gilt dieselbe Wahrscheinlichkeit. An jedem Tag könnte einen erneut das Unglück treffen.

Kapitel 42
    »Da sind Sie ja wieder, Miss LaFortuny«, wurde Barbara im Hampton Inn begrüßt.
    »Sie kennen mich doch. Ich sehe gern mal nach meinen Jungs.«
    Die Empfangsdame, eine junge Frau mit einem freundlichen Gesicht, die mehr auf sich achten sollte – aus ihrer ganzen Erscheinung sprachen schlechte Ernährung und mangelnde Bewegung –, lächelte unverbindlich. Wie bei den meisten Menschen, die Barbara kennenlernte, schien ihr Engagement auch bei ihr gleichzeitig Bewunderung und Entsetzen auszulösen, wobei das Entsetzen leicht in Führung lag.
    »Wie viele haben Sie jetzt?«
    »Nur drei, und den in der Todeszelle darf ich nie besuchen. Aber die beiden anderen darf ich ab und zu sehen. Wenn sie brav sind. Und ich auch.«
    »Sie sind doch bestimmt immer brav, Miss Barbara«, entgegnete die junge Frau. Keine dreihundert Kilometer von Baltimore, und trotzdem herrschten hier spürbar andere Umgangsformen.
    »Sie würden sich wundern. Ich kann ganz schön loslegen.«
    »Das glaube ich gern«, stimmte die junge Frau freundlich zu, während sie sich durch die rätselhaften Klicks arbeitete, die heute scheinbar überall dazugehörten. Barbara fragte sich, ob man als Lehrerin jetzt auch am Bildschirm arbeiten musste. Die Benotung dürfte wohl über den Computer laufen. Zu ihrer Zeit hatte sie den Stift so fest aufgedrückt, dass ihr Urteil durch mehrere Lagen Papier drang. Dreien. Größtenteils hatte sie Dreien verteilt, obwohl die meisten Schüler nicht einmal die verdient hatten. In diesem nachsichtigeren Umfeld heutzutage würde sie gar nicht mehr zurechtkommen.
    Barbara hatte angefangen, ihren beiden »Jungs« in Sussex zu schreiben, nachdem sie die Beziehung zu Walter aufgebaut hatte. Sie hatte die beiden gezielt nach ihrem Haftort ausgesucht, um einen Grund für die Fahrt hierher zu haben, obwohl ihr klar war, dass sie Walter nie würde besuchen dürfen. Trotzdem fühlte sie sich ihm schon näher, wenn sie nur durch die Tore von Sussex ging. Und die zwei Männer, die sie ausgesucht hatte, brauchten sie wirklich. Beide waren Afroamerikaner, und Barbara war überzeugt davon, dass sie deshalb härtere Strafen erhalten hatten. Bobby Ray, den sie morgen besuchen würde, hatte als Junkie zwei Frauen bei einem jämmerlich ausgeführten Raubversuch getötet. Die Frauen waren ebenfalls drogensüchtig und

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