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Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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schöpfen. Zum Beispiel nahm er Claudes Geschichte über Chuck Norris in sein Repertoire auf, wobei er eine eigene kleine Pointe einbaute und mit Daumen und Zeigefinger andeutete, wie winzig Chuck Norris war. Dafür erntete er meist ein Lachen oder zumindest ein Lächeln.
    Aber dann geschah etwas – er konnte nie genau sagen, was –, und das Gesicht des Mädchens wirkte plötzlich verschlossen. Die Stadt war klein, bald machte es den Eindruck, als wollte keine einzige junge Frau mit Walter Bowman ausgehen. Und wenn einmal eine neue Familie in die Stadt zog, eine mit Töchtern, klatschte offenbar jemand über ihn, denn auch diese wollten sich nicht mit ihm treffen.
    Dann sah er eines Tages, als er Besorgungen für seinen Vater machte, ganz in der Nähe von Martinsburg ein Mädchen die Straße entlanglaufen. Es war heiß, und sie trug Shorts über einem lavendelfarbenen Badeanzug. Es gefiel ihm, dass sie einen Einteiler trug. Das war sittsam. Er bot ihr an, sie mitzunehmen.
    Sie zögerte.
    »Wohin du willst«, fügte Walter hinzu. »Von Tür zu Tür. Die Klimaanlage ist so kalt, dass du einen Pulli brauchst.«
    Es war wirklich kalt. Als sie einstieg, sah er, was die plötzliche Kühle mit ihren Brüsten machte, die groß waren für ein so zierliches Mädchen. Nicht, dass er sie angestarrt hätte. Er sah nur ein Mal hin.
    »Wohin willst du?«, fragte er.
    »Zum Rite Aid«, antwortete sie. »Ich will mir Make-up kaufen, aber meine Mutter sagt, ich darf nicht. Dabei ist es doch mein Geld, oder?«
    »Du musst dich gar nicht schminken.« Er hatte das als Kompliment gemeint, aber sie wurde rot und ballte die Fäuste, als wollte sie mit ihm streiten. »Ich wollte nur sagen, dass du Glück hast, du siehst auch so gut aus, aber du hast recht. Es ist dein Geld, du solltest damit machen können, was du willst.« Er konnte sich nicht bremsen. Vielleicht war das sein Problem, vielleicht redete er einfach zu viel. »Aber du solltest nichts Illegales damit kaufen, keine Drogen oder so was. Sag Nein zu Drogen.«
    Sie verdrehte die Augen. Sie war noch jung, jünger, als er zuerst gedacht hatte. Wahrscheinlich war sie nicht älter als fünfzehn, aber sie fühlte sich Walter sichtlich überlegen. Lag es daran? Wichen ihm die Mädchen deshalb immer aus? Einige Mädchen – reizlose, dümmliche – hatten nichts gegen seine Gesellschaft, aber Walter interessierte sich nicht für irgendwen. Er sah gut aus. Er sollte eine Freundin haben, die genauso gut oder noch besser aussah. Jeder wusste doch, wie das lief. Eine schöne Frau konnte mit dem hässlichsten Mann der Welt zusammen sein, aber ein Mann brauchte eine Frau, die ihn übertraf, alles andere war eine Schande. Walter verdiente etwas Besonderes.
    »Ich rauche Gras«, erzählte das Mädchen.
    Er glaubte ihr nicht. »Machst du das gerne?«
    Die Frage schien sie zu überraschen, als würde es nicht darum gehen, ob man es gerne machte oder nicht. »Schon«, antwortete sie verunsichert. Wahrscheinlich kannte sie auch nicht den Unterschied zwischen Durchschnitt und Median, aber Walter kannte ihn jetzt. Er hatte ihn nachgeschlagen. Er schlug immer nach, wenn er etwas nicht wusste. Niemand musste dumm sein. Dumm zu sein war eine Entscheidung. Er lernte ständig irgendwas. Er kannte die Hauptstädte aller amerikanischen Bundesstaaten und arbeitete an den Hauptstädten der ganzen Welt.
    »Und wie ist das so?«, fragte er.
    »Kennst du das nicht?«
    »Nein, das hat sich nie ergeben.«
    »Willst du es rausfinden? Ich habe was dabei.«
    Eigentlich wollte er es nicht herausfinden, aber er wollte, dass das Mädchen noch etwas länger bei ihm blieb.
    »Wie heißt du?«, fragte er.
    »Kelly. Mit ›y‹, aber ich überlege, ob ich mich nicht lieber mit ›i‹ schreibe. In meiner Klasse gibt es schon drei Kellys. Wie heißt du?«
    »Walt.« So nannte er sich nie, aber er konnte es ja mal versuchen, vielleicht brachte es ihm Glück. Noch in derselben Stunde zeigte sie ihm in einer kleinen Bucht am Fluss, wie man Gras rauchte. Sie behauptete, er würde es falsch machen, dabei machte er das mit Absicht, um einen klaren Kopf zu bewahren. Er hielt nichts von Drogen oder Alkohol, aber wenn er so tun musste, als würde er Gefallen daran finden, um mehr Zeit mit diesem Mädchen zu verbringen – Kelly, Kelli, wie auch immer –, dann würde er das tun. Jetzt wünschte er sich, sie würde einen Bikini tragen. Einen Einteiler konnte man nicht so leicht ausziehen, daraus konnte man ein Mädchen nicht nach und

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