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Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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erste Anwalt hatte mit seiner Unfähigkeit diverse Probleme und Verzögerungen verursacht. In einem milderen Staat als Virginia hätte das vielleicht dazu geführt, dass die Todesstrafe ganz vom Tisch genommen wurde.
    Geld und eine bevorzugte Stellung hatte Trudy also nie zu ihren eigenen Gunsten eingesetzt. Bis zu dem Tag, an dem eine junge Angestellte aus Sussex aus heiterem Himmel bei Terry angerufen und behauptet hatte, sie würde alle Briefe, die Walter bekam und verschickte, lesen, um auf die Einhaltung der Gefängnisrichtlinien zu achten.
    »Gibt es irgendetwas, das wir wissen sollten?«, hatte Terry gefragt.
    »Nein, nein«, hatte die Frau ihn beruhigt. »Er ist vorsichtig. Er kennt die Vorschriften und würde nicht dagegen verstoßen. Aber die Frauen, die ihm schreiben – da geht es um alles Mögliche. Ich meine, um nichts besonders Interessantes. Aber das könnte noch kommen. Man weiß ja nie.«
    »Interessantes?«
    »Zum Beispiel, wer auf seiner Anruferliste steht. Ob er sich gute Chancen für eine Berufung ausrechnet. Die ganzen Anwaltssachen laufen persönlich oder über das Telefon, streng vertraulich. Das ist sein Recht, daran lässt sich nichts drehen. Aber wenn Walter anschließend jemand anderem davon erzählt, ist es nicht mehr geschützt.«
    Trudy hatte auf Terrys Aufforderung hin den zweiten Hörer abgenommen. Sie musste sich beherrschen, um nicht dazwischenzureden und Terry zu erklären, worum es ging. Sie hat Informationen, sie will, dass wir sie schmieren, dann sagt sie uns, was wir wissen müssen. Seit dem Mord an Holly hatte Trudy gemerkt, dass Terry genauso gefährlich vertrauensvoll war wie seine Tochter. Es war ihre Aufgabe, wachsam zu sein, böse, zynisch.
    »Wenn Sie wüssten, wie wenig wir hier verdienen«, sprach die Frau weiter. »Das ist wirklich erschreckend.« Ihre näselnde Stimme klang jung, aber Trudy schätzte, dass sie älter war, lange für die Regierung gearbeitet hatte und jetzt herausschlagen wollte, was ging. Machte sie dieses Angebot den Opfern aller Männer im Todestrakt? Zugegeben, das waren nicht viele, und wie Trudy mittlerweile wusste, waren die meisten Opfer genauso arm wie die Täter. Aber wenn diese Angestellte auch nur zehn, zwanzig Dollar im Monat von fünf Familien bekam, hatte sie damit ein nettes Zubrot.
    »Wir wären für jede Hilfe dankbar«, erwiderte Terry vorsichtig.
    »Geht mir genauso«, antwortete die Frau. »Schreiben Sie mir doch. Ich gebe Ihnen meine Postfachadresse.«
    Im ersten Monat schickte Terry fünfundzwanzig Dollar in bar, für die sie einen recht oberflächlichen Bericht bekamen. Im Monat danach schickte er eine Geschenkkarte von American Express über einhundert Dollar, worauf der Bericht deutlich länger ausfiel. Aber viel kam im Laufe der Jahre nicht an Informationen zusammen. Walter schrieb nicht so offen über seine rechtliche Lage, wie die Gefängnisangestellte sie hatte glauben lassen, dafür war eine seiner Briefpartnerinnen, Barbara LaFortuny, zuverlässiger indiskret. Und es war schlimm, von den Frauen zu hören, die ihm eindeutig Liebesbriefe schrieben. Was stimmte mit den Menschen nicht? Mit den Frauen? Trudy konnte sich nicht vorstellen, dass Männer sehnsüchtige Briefe an Mörderinnen schrieben.
    Noch schlimmer war es, zu hören, dass Walter und Elizabeth Briefe ausgetauscht hatten, was ihrer Quelle irgendwie entgangen war. »Wir machen nur Stichproben«, hatte sie diesen Lapsus verteidigt. »Vielleicht ist ihr Brief auch an meinem freien Tag gekommen. Ich schwöre Stein und Bein, dass er aus dem Gefängnis keinen Brief an Elizabeth Lerner geschickt hat. Darauf wären wir sofort angesprungen.«
    »Aber sie heißt nicht mehr Elizabeth Lerner«, erinnerte Terry ihre Quelle. Er wollte sie nicht vor den Kopf stoßen, aber er war doch beunruhigt, dass sie für Tausende Dollar so wenig erhielten. »Sie heißt Eliza Benedict.«
    »Genau, und woher wissen Sie das? Von mir. Sie haben auch ihre Telefonnummer, mit der Sie online über eine Rückwärtssuche die Adresse herausbekommen. Das ist doch wohl wichtiger als ein Brief von ihr.«
    Trudy sah das anders. Und doch starrte sie jetzt auf diese zehn Ziffern. Was würde sie sagen, falls sie sich traute, den Hörer abzunehmen und anzurufen? (Trudy war alt genug, um noch »Hörer abnehmen« zu denken, auch wenn sie ein schnurloses Telefon benutzte.) Ihr kamen die Worte Wie können Sie es wagen? in den Sinn. Das deckte viele Sünden ab.
    Die Formulierung erinnerte sie an etwas, und sie

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