Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
nicht fernsehen durfte, und schließlich auch Peter. Sie verdarben sich den Appetit, indem sie sich mit Frischkäse-Buttercreme und winzigen Zimtbonbons vollstopften und sich die Buttercreme aus der Dose direkt in den Mund sprühten. Auch ohne großen Hunger fuhren sie zu einem späten Abendessen aus Hamburgern und Pommes frites zu Five Guys, vorbei an genau dem Einkaufszentrum, das Iso ihre Freiheit gekostet hatte. Eliza bemerkte, wie Iso einen missmutigen Blick darauf warf, als wäre das Einkaufszentrum der Grund für ihre Probleme. War es das in gewisser Weise nicht auch? Ob man den Apfel im Garten Eden nahm, das Roy Rogers an der Route 40 oder Bonnie Jean, die sich mit einem anderen verlobte in einem Dorf, in dem man keine neue Frau treffen und auch nicht hoffen konnte, dass die Angebetete irgendwann verschwand – war es nicht am Ende die Sehnsucht, die einen vom rechten Weg abbrachte, das Verlangen nach etwas, nach jemandem, der unerreichbar war?
Isos Strafe endete am nächsten Tag, und Eliza wünschte, sie würde in den verbleibenden Stunden einen neuen Fehltritt begehen, damit sie eine weitere Woche zusammen mit ihrer Familie verbringen musste. Hatte sie gar nicht gemerkt, wie viel Spaß sie hatten? Tat ihr nicht noch der Bauch vom Lachen weh, weil ihr Vater so mit der Sprühcreme herumgealbert hatte und sie darüber noch Witze machten, als sie nach dem Abendessen zum Rita’s fuhren, als hätten sie gar keine Cupcakes gegessen? Als sie Albie abends ins Bett brachte, fragte er: »Können wir das jeden Sonntag machen? Cupcakes und Five Guys und Rita’s?« Sie wusste, was er meinte. Ihr ging es genauso. Aber im Gegensatz zu Albie wusste sie, wie schwer sich ein perfekter Tag wiederholen ließ. Gab es darüber nicht auch einen Film?
In ihrem Schlafzimmer nahm sie Isos Handy vom Nachttisch. Morgen beim Frühstück würde sie es zurückgeben müssen, dann würde die Mauer zwischen Iso und ihrer Familie wieder stehen.
Es klingelte – nicht das Handy in ihrer Hand, sondern das Telefon auf seinem Tischchen, das für einen einzigen Anrufer bestimmt war, einen Anrufer, der sich niemals abends oder am Wochenende melden sollte. Es klingelte einmal, zweimal, dann verstummte es, und sie hatte das Gefühl, jemand hätte sie von hinten angestupst und wäre dann weggelaufen.
Teil IV
Who’s zooming who?
1985 veröffentlicht
Erreichte Platz 7 in der Billboard Hot 100
Hielt sich 23 Wochen lang in den R&B/Hip-Hop Charts
Kapitel 29
Barbara LaFortuny saß vor dem Hauptbahnhof von Baltimore in ihrem Auto, auf dem Parkstreifen für Fahrer, die jemanden abholen wollten, und betrachtete müßig die riesige Male/Female-Skulptur mit dem leuchtenden Purpurherzen. Das Purpurherz weckte Assoziationen mit dem Purple Heart, diesem violetten Metallherz mit dem vergoldeten Rand und der Büste George Washingtons darauf, das den von gegnerischen Streitkräften verwundeten Soldaten verliehen wurde, und ließ ihre Gedanken über Krieg und Auszeichnungen für Tapferkeit zum gleichnamigen Secondhandladen in Baltimore weiterschweifen. In ihren ersten Jahren als Lehrerin hatten die Kinder in ihrer Klasse die Menschen verspottet, die Kleidung von Purple Heart trugen.
Aber schließlich musste sie bei der Skulptur an sich und Walter denken, daran, wie verwoben sie miteinander waren. Sie standen sich mittlerweile so nah, dass sie sich zankten wie ein altes Ehepaar. Ohne Frage konnte Walter sie auf die Palme bringen wie niemand sonst auf Gottes Erdboden. Er war verschlossen und dazu ein Kontrollfreak, ein fast kühn zu nennender Charakterzug für einen Mann in der Todeszelle, der nahezu nichts in seinem Leben unter Kontrolle hatte. Jedes, wirklich jedes Mal, wenn sie einen Plan schmiedeten, änderte Walter ihn. Zuerst sagte er: Mach langsam, überstürze nichts, mach dir keine Sorgen. Sie kommt schon zu mir, dann werfe ich den Köder aus. Jetzt hatte er genauso willkürlich beschlossen, mehrere Schritte zu überspringen, einfach so, ohne Erklärung.
Trotzdem hatte Barbara bereits Plan B angestoßen, weil Walter darauf bestanden hatte, und das ließ sich nicht mehr aufhalten. Und so parkte sie nun an einem sonnigen Oktobertag vor der Penn Station und wartete auf den Amtrak-Zug aus Philadelphia. Stirnrunzelnd beobachtete sie eine Fahrerin, die mit laufendem Motor auf der deutlich ausgewiesenen Kurzhaltespur stand und die Autos, die sich hinter ihr stauten, gar nicht beachtete. Sie hätte auf der Abholerspur stehen sollen, wie Barbara, oder am
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