Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House
brauchen.«
Binnen Sekunden saßen sie alle auf dem Wagen, der sogleich auf die Southwark Bridge Street hinausrollte und mit Blaulicht und heulenden Sirenen losbrauste. Ein feiner Nieselregen ließ die Konturen in der Septembernacht verschwimmen, machte den Asphalt glitschig und hüllte die Straßenlaternen
in neblige Lichtkränze. Als sie in die Southwark Street einbogen, rief Wilcox nach hinten: »Man kann es schon sehen!«
Nachdem der Löschwagen zum Stillstand gekommen war, erblickte Rose die Rauchschwaden, die schwer über der Straße hingen, und aus den unteren Fenstern des Lagerhauses – es war ein prächtiger viktorianischer Backsteinbau – schimmerte ihr ein verräterischer rötlich-orangefarbener Lichtschein entgegen. Der beißende Rauch drang ihr in die Nase, als sie von der Leiter am Heck des Löschfahrzeugs hinuntersprang und die Maske aufsetzte. Aus dem Augenwinkel nahm sie die Schaulustigen wahr, die sich herandrängten, und hörte Wilcox sagen: »Rose, Bryan, es sieht so aus, als wäre es im Wesentlichen noch auf das Erdgeschoss beschränkt. Geht mit der Fangleine rein, und seht nach, ob sich noch Personen im Gebäude befinden.« Dann wandte er sich an den Gruppenführer, Seamus MacCauley. »Sehen Sie sich inzwischen die Rückseite an, Seamus, damit wir die Lage richtig einschätzen können.«
Der Angriffstrupp des Drehleiterfahrzeugs legte bereits den ersten Schlauch aus, während Rose und Bryan die Plaketten für die Atemschutzüberwachung abgaben und ihre Funkgeräte überprüften. »Tür ist offen«, hörte sie Wilcox rufen, als sie ihr Visier herunterklappte, und sie registrierte noch flüchtig, dass die Information sie ein wenig überraschte, ehe sie sich wieder voll auf ihre Aufgaben konzentrierte.
Sie gingen gebückt hinein, Rose voran, und versuchten angestrengt, durch den dichten schwarzen Rauch irgendetwas zu erkennen. Halb blind tasteten sie sich voran. Die sengende Hitze drang sogar durch ihre Schutzjacken, und sie konnte das Ächzen und Knacken eines voll entwickelten Feuers hören. Sie stolperte, fiel gegen etwas Weiches, Sperriges, und ging in die Knie. Als der Rauch sich für einen Moment lichtete, erkannte sie die Umrisse hoch aufgeschichteter Gegenstände,
die sich über ihr erhoben, als hätte ein Riesenkind Bauklötze gestapelt. Und mit einem Mal setzten sich die unzusammenhängenden Eindrücke zu einem deutlichen Bild zusammen.
»Das sind Möbel«, sagte sie. »Irgendein Idiot hat hier Möbel gestapelt.« Der Polyurethan-Schaum, der für Polster und Matratzen verwendet wurde, war extrem entzündlich – die Erinnerung an den verheerenden Brand in einem Woolworth in Manchester schoss ihr durch den Kopf, doch sie verdrängte den Gedanken und konzentrierte sich wieder auf das, was hier und jetzt zu tun war.
Immer noch auf den Knien rückte sie vor, tastete sich an den Hindernissen vorbei und versuchte, eine geeignete Stelle zum Verknoten der Leine zu finden. Plötzlich war ein lautes Knacken zu hören, gefolgt von einer Serie knallender Geräusche. Gleichzeitig wallte die Hitze noch mehr auf, und ein Schauer von Trümmerteilen prasselte auf sie herab.
»Flashover!«, rief Bryan. Sie fühlte, wie er ihren Hüftgürtel packte. »Wir müssen raus hier. Vergiss die Leine, Rose.«
Obwohl Bryans Gewicht sie schon in die andere Richtung zog, trug der Schwung ihrer eigenen Bewegung sie noch weiter nach vorn, die Leine in der ausgestreckten Hand.
»Ich sagte, vergiss die Scheißleine, Rose. Gebäude räumen! Gebäude räumen!«
Obwohl gerade ihre Hartnäckigkeit, ihre Weigerung, sich dem Feuer geschlagen zu geben, ein Grund dafür war, dass sie in ihrem Job so gut war, wusste sie doch, dass er Recht hatte. Weiter vorzurücken wäre reiner Selbstmord gewesen, und in dieser Feuersbrunst konnte nichts und niemand ungeschützt überlebt haben.
Auf der einen Seite versperrte ihr ein Sofa den Weg, auf der anderen etwas, das nach einem Stapel Bauholz aussah, und so versuchte Rose, sich auf engstem Raum umzudrehen. Während dieses Manövers stützte sie ihre behandschuhte Hand auf etwas, das unter ihren Fingern nachgab. Es fühlte sich weich
und elastisch an, wie Fleisch, und darunter spürte sie etwas Hartes, Sprödes, wie Knochen. Rose sah blinzelnd nach unten, die Augen von der Hitze brennend und geschwollen. »Mein Gott«, stieß sie hervor. »Da liegt eine Leiche.«
An diesem Morgen hatte es kein gemächliches Hinübergleiten in den Wachzustand gegeben, kein Verweilen in
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