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Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Titel: Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Schöpfungen zurückgekehrt, um das Viertel heimzusuchen. Hier gab es nicht nur einen Little Dorrit Court und eine Little Dorrit Street, sondern auch eine Marshalsea Road, eine Pickwick Street und eine Copperfield Street.
    Wenigstens war nichts nach Oliver Twist benannt worden. Harriet fand Oliver richtig doof – einfach unerträglich niedlich. Davey Copperfield gefiel ihr da schon besser. Er hatte einen kleinen Tick, was seine tote Mutter betraf, aber immerhin hatte er seinen abscheulichen Stiefvater gebissen. Davey wusste, wie man sich durchsetzt.
    Mit finsterer Miene betrachtete Harriet die Nachzügler, die durch das Schultor hereinschlurften, und registrierte nur unbewusst
den leisen Rauchgeruch, der in der Luft hing. Wieder bewegten sich ihre Gedanken in dem gleichen, ausgefahrenen Gleis. Wäre es besser, wie Davey einen bösen Stiefvater zu haben statt einen echten Vater, der die Familie verlassen hatte? Ihr Papa sagte zwar, dass er sie liebte, aber wenn das stimmte, wie hatte er sie dann im Stich lassen können?
    Er erzählte ihr, dass viele Eltern sich scheiden ließen, dass es nun einmal eine Tatsache sei, mit der sie alle zu leben lernen müssten, aber das änderte nichts daran, dass er ihr fehlte. Und auch die Streitereien zwischen ihren Eltern hatten nach seinem Auszug nicht aufgehört. Sie bekam es mit, wenn er sie abholen kam, und manchmal hörte sie auch, wie die beiden sich am Telefon anschrien.
    Der letzte Streit war der schlimmste gewesen – als ihr Papa sie nach ihrem letzten Wochenende in seiner Wohnung mit einigen Stunden Verspätung zu Hause abgeliefert hatte. Ihre Mama hatte vor dem Haus auf der Türstufe gesessen, um nach ihnen Ausschau zu halten, und war auf das Auto zugerannt, kaum dass Harriet ausgestiegen war.
    »Du Mistkerl, Tony, du egoistisches Arschloch«, hatte ihre Mutter geschrien – ihre Mutter, die Chirurgin, die immer so beherrscht war, die niemals ihre Stimme erhoben hatte, bevor dieser ganze Ärger angefangen hatte. Ihre lockigen, dunklen Haare standen ihr vom Kopf ab, als hätte ihr Zorn sie unter Strom gesetzt; Jeans und Pulli schlackerten an ihren allzu dünnen Gliedern und ließen ihre Knochen so scharf und spitz erscheinen wie ihre Stimme. »Du verspätest dich, du gehst nicht ans Telefon – hast du vielleicht auch mal daran gedacht, dass ich mir Sorgen machen könnte? Es hätte weiß Gott was passiert sein können.«
    Harriet stand auf dem Bürgersteig, zur Salzsäule erstarrt. Aus dem Augenwinkel heraus hatte sie eine Bewegung im offenen Fenster der Wohnung nebenan bemerkt und wusste, dass ihre Nachbarin sie beobachtete. Ein Mann und eine Frau,
die mit ihrem Hund vorbeigingen, sahen demonstrativ weg und beschleunigten den Schritt. Harriet spürte, wie ihr die Schamröte ins Gesicht stieg. »Mama, wir waren doch nur …«
    »Herrgott, Laura«, fuhr ihr Vater dazwischen. »Wir waren im Zoo, das ist alles. Es war ein schöner Tag, und wir sind länger geblieben, als wir vorhatten. Ist das vielleicht ein Verbrechen?« Seine Stimme war mühsam beherrscht, sein Gesicht verkniffen.
    »Du hättest Harriet schon vor Stunden zurückbringen sollen. Du kennst die Regeln …«
    »Mama, bitte«, sagte Harriet und hörte das demütigende Zittern in ihrer eigenen Stimme. Ihr Hals tat weh, und ein scharfer Schmerz zerriss ihr fast die Brust. »Mir geht’s gut, ehrlich. Können wir jetzt bitte reingehen?«
    Ihr Vater warf ihr einen sorgenvollen Blick zu. »Laura, beruhig dich wieder, okay? Du quälst doch nur Harriet …«
    » Ich quäle Harriet?« Ihre Mutter trat vom Wagen zurück; sie wirkte plötzlich bedrohlich ruhig und gefasst.
    »Hör zu, es wird nicht wieder vorkommen«, beeilte sich Tony zu sagen, als hätte er plötzlich seinen Fehler bemerkt. »Das nächste Mal werde ich …«
    »Es wird kein nächstes Mal geben«, hatte ihre Mutter leise, aber bestimmt gesagt, hatte Harriets Arm mit festem Griff gepackt und sich mit ihr zur Tür umgedreht. Als sie am Haus angekommen waren, hatte Harriet einen Blick über die Schulter geworfen und ihren Vater davonfahren sehen, und falls er in der Zwischenzeit versucht hatte, sie anzurufen, dann hatte ihre Mutter ihr nichts davon gesagt.
    Harriet hatte nicht zu fragen gewagt, wie ihre Mutter das gemeint hatte, doch die Worte hatten ihr seither stets in den Ohren geklungen, hatten sie nachts am Einschlafen gehindert und sie am Tag auf Schritt und Tritt verfolgt.
    Sie zog den Riemen ihres Rucksacks zurecht und runzelte wieder die Stirn, als

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