Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House
seinem Wohnzimmer das alte Bügelbrett auseinander und bearbeitete sein Uniformhemd so lange, bis es von selbst stehen konnte; und dann bürstete er noch das letzte Stäubchen aus dem marineblauen Stoff seiner Hose und Jacke.
Im Hintergrund dudelte Radio Two, nicht laut genug, um das Rauschen des Verkehrs zu übertönen, das von der Blackfriars Road durch sein halb offenes Fenster drang. Seine Mutter war eine wahre Frischluftfanatikerin gewesen, bei jedem Wetter hatte sie gelüftet – getreu ihrer Überzeugung, dass sich in einem fest verschlossenen Gebäude mit der Zeit tödliche Gase bildeten. Das war natürlich totaler Quatsch, wie er sehr wohl wusste, aber die Angewohnheit, ständig zu lüften, war ihm geblieben, und er mochte es, wenn die Currydüfte von dem indischen Schnellimbiss unter seiner Wohnung sich mit den Abgasen der Autos und dem keimfreien Seifengeruch seiner Stärke mischten.
Es war sonderbar, wie der Verstand sich aufspalten konnte, ein Teil beschäftigt mit den vertrauten Gerüchen, den Bewegungen seines Arms und der Hand, die das Bügeleisen hielt, dem Gedudel aus dem Radio – während der andere Teil vor Erregung über das Feuer von letzter Nacht brodelte und überkochte.
Es war eine glückliche Fügung gewesen, fast ein Wunder. Er war auf dem Nachhauseweg von der Arbeit, als ihn der Anblick der einen Spaltbreit offenen Tür und der Dunkelheit dahinter angelockt hatte, und was hinter der Tür auf ihn gewartet hatte, schien wie von einer höheren Macht eigens für ihn vorbereitet.
War es denn möglich, dass sein eigener, sorgfältig ausgearbeiteter Plan sich in einen größeren fügte, sich darin einpasste wie die Nuss in ihre Schale? Der Gedanke war so berauschend, dass es ihn schauderte. »Vorsicht, nur nichts überstürzen«, flüsterte er, und seine Stimme verlor sich in der leeren Wohnung.
Vor seinem inneren Auge lagen die Möglichkeiten ausgebreitet wie eine Reihe von Brillanten auf einer Karte von Southwark. Allesamt sorgfältig erforscht und untersucht, warteten sie nur darauf, von ihm eingesammelt zu werden, wenn die Zeit reif schien. Bedeutete das Geschenk von letzter Nacht, dass er früher als geplant zur Tat schreiten sollte?
Die Vorfreude ließ sein Herz höher schlagen, ließ den heißen Atem aus seinen Nasenlöchern strömen. Er riss das Hemd vom Bügelbrett
und schaltete das Eisen aus – niemand kannte die Gefahren des Feuers besser als er. Doch in seinem Kopf loderte es bereits lichterloh – die süße Qual der Wahl, die ihm keine Ruhe ließ.
»Das war die reinste Zeitverschwendung«, murmelte Maura Bell, als sie, flankiert von Kincaid und Cullen, aus der Feuerwache auf die Sawyer Street hinaustrat. Der Regen hatte endlich aufgehört, und über ihren Köpfen zeigten sich ein paar Flecken des rötlichen Himmels in der zinngrauen Wolkendecke. Mit dem Sonnenuntergang war die Temperatur noch einmal gefallen. Sie warf noch einen Blick zurück auf die roten Tore der Feuerwache, in deren Fenstern warmes Licht schimmerte; das Bild einer in sich geschlossenen Welt, die Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln schien.
Sie zog die Schultern hoch und vergrub das Kinn tiefer im Kragen ihres Wollmantels.
Kincaid zog eine Augenbraue hoch und sah sie von der Seite an, während Cullen gelassen bemerkte: »Vielleicht, vielleicht auch nicht« – als ob er nichts Besseres zu tun hätte, als einem Haufen missgelaunter Feuerwehrleute dabei zuzusehen, wie sie mit den Füßen scharrten und ratlos dreinschauten. »Vielleicht erinnert sich ja einer noch an irgendwas. Kann nie schaden, die grauen Zellen ein bisschen anzuregen. – So«, fuhr er fort, als sie seinen Wagen erreicht hatten, den er auf dem Parkplatz der Feuerwache abgestellt hatte, »wir fahren Sie jetzt zurück zu Ihrem Revier. Heute Abend können wir sowieso nicht mehr viel tun.«
»Ich habe eine bessere Idee«, meinte Kincaid. »Warum gehen wir nicht noch zusammen einen trinken? Ich spendiere eine Runde. Dann können wir schon mal für morgen planen.«
Ihre Antwort kam ohne Nachdenken, fast instinktiv. Ein kumpelhaftes Besäufnis mit Scotland Yard war das Letzte, wonach ihr im Moment der Sinn stand. »Ich habe noch auf dem Revier zu tun.«
»Das kann doch bestimmt noch ein Weilchen warten«, meinte Kincaid lässig. »Nennen wir es eine Dienstbesprechung, wenn das Ihr Gewissen beruhigt; aber ich glaube, wir können alle eine Pause gebrauchen.«
»Die Aufnahmen der Überwachungskameras …«
»Dafür hat man doch
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