Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House
zu verkaufen. Sie könnten sich etwas auf dem Land kaufen, hatte sie gesagt, oder eines dieser neuen Apartments am Fluss.
Aber er hatte die alte Wohnung nicht aufgeben wollen. Sie war ein Teil der Bankside, Teil seiner eigenen Identität, Teil dessen, woran er glaubte. Und zu versuchen, aus ihm einen englischen Landhausgentleman zu machen, war genauso lächerlich, wie ein Schwein in ein Ballettröckchen zu stecken.
Doch nach dem, was letzte Nacht passiert war, würde ihm vielleicht gar nichts anderes übrig bleiben, als zu verkaufen. Wie sonst sollte er an das Bargeld herankommen, das er brauchte – das er so dringend brauchte?
Ein kalter Schauer der Angst kroch ihm den Rücken hinauf, und er ballte die Fäuste, als könnte er das Gefühl mit schierer körperlicher Gewalt niederringen. Er hatte sich immer für einen zähen Burschen gehalten, einen Selfmademan, der mit allem
fertig wurde, was ihm in die Quere kam; doch beim Gedanken an die ausgebrannte Ruine seines Lagerhauses und an die Leiche wurde ihm flau im Magen.
War das Feuer eine Warnung gewesen? Sollte die Leiche ihm drastisch vor Augen führen, was seiner Tochter zustoßen könnte, wenn er nicht zahlte?
Er ging zum Sideboard und schenkte sich ein Glas von dem Whisky ein, den er hauptsächlich für Gäste bereithielt. Er war nie ein großer Trinker gewesen, nicht zuletzt wegen seiner Überzeugung, dass man es nur mit einem klaren Kopf in der Welt zu etwas bringen konnte; aber heute Abend brauchte er etwas, was den Kummer ertränkte, der wie mit scharfen Zähnen an seinen Eingeweiden nagte.
Hatte Chloe überhaupt eine Vorstellung davon, in was sie da hineingeschlittert war? Oder glaubte sie etwa, sie könnte sich einfach wieder herausmogeln, wie sie es jedes Mal getan hatte, wenn sie in ihrem Leben irgendetwas verbockt hatte?
Das Mädchen hatte immer die Gesellschaft der Mutter vorgezogen – nicht, dass er ihr eine Wahl gelassen hätte, mit seinem stets übervollen Terminkalender -, doch als Shirley mit diesem affigen Designerfuzzi durchgebrannt war, hatte Chloe sich dazu entschieden, bei ihm in London zu bleiben. Damals war sie achtzehn gewesen, und das Exil in einem altmodischen Seebad wie Brighton wäre in ihren Augen schlimmer als der Tod gewesen.
Aber nichts von alldem, was Yarwood in seinem Leben schon getan und erlebt hatte, war eine angemessene Vorbereitung auf die Herausforderung gewesen, es ganz allein und ohne Hilfe mit einem bockigen und verwöhnten Teenager aufzunehmen, und er war auf der ganzen Linie gescheitert. Er hatte darauf bestanden, dass sie sich einen Job suchen oder sich wenigstens pro forma an irgendeinem College oder einer Uni einschreiben sollte, aber sie hielt es nirgends lange genug aus, um irgendetwas zu erreichen. Nachdem er sich dieses Stolpern
von Misserfolg zu Misserfolg zwei Jahre lang angesehen hatte, war ihm schließlich der Kragen geplatzt. Er hatte Chloe gesagt, dass er keine Lust habe, eine Faulenzerin wie sie noch länger auszuhalten, und hatte sie vor die Tür gesetzt.
Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass Tia Foster sich ihrer erbarmen und ihr Asyl gewähren würde. Tia, die von ihren Eltern mehr Geld als Verstand mit auf den Weg bekommen hatte, war auf die glorreiche Idee gekommen, Chloe im Gästezimmer ihrer Wohnung unterzubringen, und seither schlug sich Chloe durch, indem sie bei Tia schnorrte und dann und wann einen knisternden Händedruck von Shirley erbettelte.
Herrgott, wieso hatte er nicht erkannt, wie verwundbar seine Tochter war? Oder wie verwundbar sie ihn gemacht hatte?
Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als für die Folgen seiner eigenen Dummheit zu zahlen und zu versuchen, Chloe vor Schlimmerem zu bewahren. Er griff nach dem Telefon und begann wieder, mit seinem fleischigen Zeigefinger auf die Nummerntasten einzuhacken.
Er wusste um den Wert einer Uniform. Kleider machen Leute. Das hatte seine Mutter, die dumme Kuh, ihm jedenfalls immer wieder gepredigt, bevor sie die Maxime mit ein paar wohlgezielten Schlägen unterstrichen hatte. Es war Jahre her, seit er sich das hatte gefallen lassen müssen, aber immer noch bügelte er seine Hemden, als ob seine Mutter hinter ihm stünde und ihm über die Schulter schaute.
Zuerst den Kragen, dann die Schultern, dann die Ärmel. Er drapierte ein weiteres Stück des hellblauen Stoffs über das Ende des Bügelbretts und besprühte es mit Stärke. Es war immer das gleiche Ritual. Jeden Abend, bevor er seinen Dienst antrat, klappte er mitten in
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