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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Zeuge abhing. »Gregg, die entscheidende, die absolut entscheidende Aussage wird die sein, wenn es um das Treffen mit Ihnen in der Wohnung geht«, mahnte Richard. »Ich frage Sie noch einmal: Gibt es irgendeine Möglichkeit, dass er irgendwann dort gewesen ist?«

    Gregg war sich bewusst, dass seine Antwort äußerst gereizt klang. »Ich habe mich nie mit diesem Lügner in meiner Wohnung getroffen. Fragen Sie mich das nie wieder.« Doch die Sache ließ ihn nicht los. Wie konnte Easton behaupten, dass er hier gewesen ist? Oder werde ich langsam verrückt?
    Als Gregg einen Schluck aus seinem Glas nahm, wappnete er sich innerlich für seine tägliche Dosis Vor Gericht , doch als die Sendung dann begann, verging der beruhigende Effekt des feinen Single Malt recht schnell. Fünfundsiebzig Prozent der Zuschauer, die sich an der Meinungsumfrage auf der Webseite von Vor Gericht beteiligt hatten, hielten ihn für schuldig.
    Fünfundsiebzig Prozent, dachte Gregg fassungslos. Fünfundsiebzig Prozent!
    Dann wurde ein Filmausschnitt vom Prozess gezeigt, in dem Emily Wallace zu sehen war, als sie ihm direkt in die Augen schaute. Der Ausdruck von tiefer Verachtung, der sich in ihrer Miene spiegelte, ließ ihn erneut schaudern, wie er es schon im Gerichtssaal getan hatte. Jeder, der sich diese Sendung anschaute, musste es auch bemerken. Unschuldig, solange die Schuld nicht bewiesen ist, dachte er bitter. Sie gibt sich die größte Mühe, meine Schuld zu beweisen.
    Abgesehen von ihrem attraktiven Äußeren strahlte Emily Wallace etwas aus, das ihn verunsicherte. Einer der Teilnehmer der Diskussionsrunde in Vor Gericht hatte ihr einen »ziemlich starken Auftritt« bescheinigt. Er hat Recht, dachte Gregg, während er die Augen schloss und den Fernseher leiser stellte. Er langte in seine Tasche und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier hervor, eines von vielen, die er während der langen Sitzung im Gerichtssaal vollgekritzelt
hatte. Er hatte ein paar Berechnungen angestellt. Der Mietwagen hatte 15 200 Meilen auf dem Tacho, als er ihn abgeholt hatte, und als er ihn zurückbrachte, waren sechshundertachtzig Meilen hinzugekommen. Fünfhundertvierzig konnte man für die Hin- und Rückfahrt von Manhattan nach Cape Cod veranschlagen. Fünf Mal war er zwischen Samstagnachmittag und Sonntagabend zwischen seinem Motel in Hyannis und Natalies Haus in Dennis hin- und hergefahren. Ungefähr zwanzig Meilen je Fahrt. Im Höchstfall kämen also noch etwa hundert weitere Meilen hinzu.
    Damit blieben also noch gerade genug Meilen übrig, um an jenem Montagmorgen nach Closter zu fahren, Natalie zu töten und rechtzeitig wieder in Manhattan zu sein, dachte Gregg. Wäre es möglich, dass ich das getan habe? Wann bin ich jemals mehr als zwei Stunden joggen gewesen? Bin ich so vollkommen neben mir gewesen, dass ich mich nicht erinnern kann, dort gewesen zu sein?
    Hätte ich es über mich bringen können, sie dort verbluten zu lassen?
    Er öffnete die Augen und stellte die Lautstärke mit der Fernbedienung höher. Sein ehemaliger enger Freund Michael Gordon sagte gerade: »Morgen könnte ein Feuerwerk im Gerichtssaal gezündet werden, wenn Jimmy Easton, der Hauptzeuge der Anklage, im Zeugenstand aussagen wird, dass er von Gregg Aldrich angeheuert wurde, dessen getrennt von ihm lebende Ehefrau zu ermorden, die gefeierte Schauspielerin Natalie Raines.«
    Gregg drückte den Aus-Knopf auf der Fernbedienung und trank sein Glas aus.

18
    E uer Ehren, die Anklage ruft James Easton auf.«
    Die Tür, die zu den Haftzellen führte, wurde geöffnet. Easton erschien und ging langsam auf den Zeugenstand zu, flankiert von zwei Wachbeamten. Als sie ihn betrachtete, ging Emily ein Lieblingsspruch ihrer Großmutter durch den Kopf: »Aus einem Schweinsohr kann man keine seidene Tasche nähen.«
    Jimmy trug den dunkelblauen Anzug, das weiße Hemd und die blau gemusterte Krawatte, die Emily persönlich für seinen Auftritt vor Gericht ausgewählt hatte. Gegen seinen ausdrücklichen Protest hatte ihm der Gefängnisfriseur einen korrekten Haarschnitt verpasst, und dennoch sah er, wie Emily schon gegenüber Ted Wesley beklagt hatte, immer noch aus wie ein Gauner.
    Aus seiner langjährigen Erfahrung mit Strafgerichten wusste er, was als Nächstes dran war. Er blieb stehen, als er den Bereich direkt vor der Richterbank erreicht hatte. Richter Stevens forderte ihn auf, zunächst seinen vollen Namen zu nennen und dann seinen Nachnamen zu buchstabieren.
    »James Easton,

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