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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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etwas an sich, das ihn an Natalie erinnerte.

16
    Z ach war sich bewusst, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er hätte niemals in Emilys Veranda vor dem Fernseher sitzen dürfen, als sie an diesem Abend nach Hause kam. Sie hatte sofort eine besorgte Miene gemacht und sich sehr kühl bei ihm dafür bedankt, dass er sich um Bess gekümmert hatte.
    Ihm war auch klar, dass sie nur deshalb ihre Vereinbarung noch nicht zurückgenommen hatte, weil der Prozess sie so in Beschlag nahm. Doch er war sich sicher, dass sie sehr bald irgendeine Ausrede finden würde, um ihn loszuwerden. Noch schlimmer, am Ende würde sie vielleicht noch auf den Gedanken kommen, ihn irgendwie überprüfen zu lassen. Schließlich war sie Staatsanwältin. Sie durfte nicht misstrauisch werden.
    Zachary Lanning war der Name, den er sich als neue Identität zugelegt hatte, damals, als er seine Rache an Charlotte, ihrer Mutter und ihren Kindern geplant hatte. Er versuchte, nie an seine anderen Namen zu denken, obwohl sie manchmal im Schlaf wieder an die Oberfläche stiegen.
    In Des Moines hatte er noch Charles Muir geheißen, und in jenem Leben war er Elektriker und Mitglied der freiwilligen Feuerwehr gewesen. Charlotte war seine dritte Ehefrau gewesen, doch das hatte er vor ihr verheimlicht. Er hatte seine Ersparnisse verwendet, um ihr ein Haus zu kaufen. Charley und Charlotte, es hatte so innig und warm
geklungen. Und dann hatte sie ihn nach zwei Jahren rausgeworfen. Ihre Mutter war zu ihr und den Kindern gezogen. Sie hat sich einfach in mein Haus eingenistet, dachte er, obwohl sie uns kein einziges Mal besucht hat, als ich noch dort gewohnt habe. Charlotte hatte die Scheidung eingereicht, und der Richter hatte ihr das Haus und Unterhalt zugesprochen, weil sie behauptet hatte, sie habe ihren guten Job aufgegeben, um zu Hause zu bleiben und für ihn zu kochen. Charlotte hatte gelogen. Sie hatte ihren Job gehasst.
    Dann hatte er herausgefunden, dass sie ein Verhältnis mit einem der anderen Feuerwehrleute hatte, mit Rick Morgan. Er hatte zufällig mitbekommen, wie Rick jemandem erzählte, Charlotte habe sich von ihm getrennt, weil sie Angst vor ihm gehabt hätte, er sei ihr so unheimlich gewesen …
    Es war das reine Vergnügen gewesen, Emily Wallace dabei zu beobachten, wie sie über den gesamten Sommer einen Prozess vorbereitete, bei dem ein Kerl verurteilt werden sollte, der seine Frau umgebracht hatte. Und sie wird das schaffen, dachte Zach, sie ist dermaßen klug. Aber nicht klug genug, um herauszufinden, dass ich fünf Menschen auf einen Schlag umgebracht habe! Er war stolz darauf, dass ihr Name und ihr Bild überall in den Medien auftauchte – es war ein bisschen so, als ob sie auch ihn beglückwünschen wollten.
    Niemand ist näher an ihr dran als ich, dachte er. Ich lese ihre E-Mails. Ich stöbere in ihrem Schreibtisch herum. Ich berühre ihre Kleider. Ich lese die Briefe, die ihr Mann ihr aus dem Irak geschrieben hat. Ich kenne Emily besser, als sie sich selbst kennt.
    Im Moment aber musste er schleunigst etwas unternehmen,
um ihr Misstrauen zu zerstreuen. Er forschte in der näheren Umgebung nach und fand eine Schülerin von der Highschool, die einen Job am Nachmittag suchte. Am Freitag der zweiten Prozesswoche passte er den Moment ab, an dem Emily nach Hause kam, und sprach sie an, als sie aus ihrem Wagen stieg.
    »Emily, es tut mir sehr leid, aber man hat meine Arbeitszeit im Lagerhaus für eine Weile auf die Schicht von vier bis elf Uhr verlegt«, log er. »Das bringt Ihnen dann nicht mehr viel, wegen Bess, meine ich.«
    Es machte ihn richtig krank, als er sah, wie ein erleichterter Ausdruck über Emilys Gesicht huschte. Dann erzählte er ihr von dem Mädchen eine Straße weiter, das bereit wäre, den Job zu übernehmen, Bess zu füttern und mit ihr spazieren zu gehen, zumindest bis zu Thanksgiving, wenn die Proben für das Schultheaterstück anfingen.
    »Zach, das ist wirklich sehr nett von Ihnen«, sagte Emily. »Aber ich werde ab jetzt einigermaßen vernünftige Arbeitszeiten einhalten, und daher werde ich auch keine Hilfe brauchen.«
    Sie hätte genauso gut »nie mehr« hinzufügen können. Zach sah ihr deutlich an, dass sie nicht noch einmal jemandem den Schlüssel zu ihrer Veranda überlassen würde.
    »Nun, hier ist auf jeden Fall die Nummer der Schülerin, nur für alle Fälle, und hier ist Ihr Schlüssel«, sagte Zach. Dann fügte er schüchtern und ohne sie anzusehen hinzu: »Ich schaue mir jeden Abend Vor Gericht an. Sie

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