Denn niemand hört dein Rufen
Sie die Anklage widerlegen sollten. Ich rede von der miesen Strafe, die ich verpasst kriegen soll. Vier Jahre ist einfach viel zu viel. Ich will mit dieser Staatsanwältin reden und ihr sagen, dass ich fünf Jahre auf Bewährung will, mit Anrechnung der U-Haft.«
»Oh, da wird Wallace aber ganz sicher begeistert sein«, sagte Byrne verärgert. »Jimmy, Sie haben sich mit vier Jahren einverstanden erklärt. Ansonsten hätten Sie als Wiederholungstäter
mit zehn Jahren rechnen müssen. Wir haben den Punkt, an dem verhandelt werden kann, längst überschritten. Vier Jahre war das Mindeste, auf das sich die Staatsanwaltschaft eingelassen hat.«
»Erzählen Sie mir doch nicht, dass vier Jahre das Beste ist, was Sie herausholen konnten. Die haben mich gebraucht, um Aldrich dranzukriegen. Wenn Sie hart geblieben wären, hätte ich Bewährung kriegen können. Und dann könnte ich noch heute aus dem Knast kommen.«
»Wenn Sie wollen, dass ich den Richter um eine Bewährungsstrafe bitte, dann werde ich das tun. Aber ich kann Ihnen garantieren, dass er sich niemals darauf einlassen wird, es sei denn, die Staatsanwältin wäre einverstanden. Und ich garantiere Ihnen, dass sie das nicht sein wird. Sie werden Ihre vier Jahre absitzen müssen.«
»Es ist mir egal, was Sie mir garantieren«, maulte Easton. »Sagen Sie einfach dieser Staatsanwältin, wenn ich nicht das kriege, was mir zusteht, dann wird sie so bald keine Lobeshymnen mehr ernten, was für eine tolle Nummer sie als Staatsanwältin ist. Nicht, wenn die Leute hören werden, was ich noch alles zu sagen habe.«
Luke Byrne hatte keine Lust, noch weiter über die Sache zu diskutieren, und gab dem Wärter ein Zeichen, dass er ihn hinauslassen könne.
Er ging das kurze Stück bis zum Gerichtsgebäude zu Fuß und begab sich auf direktem Weg in Emilys Büro. »Haben Sie kurz Zeit?«, fragte er.
Emily sah auf und lächelte. Luke war einer der besten Strafverteidiger am ganzen Bezirksgericht. Er war einen Meter fünfundneunzig groß, hatte feuerrote Haare und lockere Umgangsformen und setzte sich immer hundertprozentig für seine Mandanten ein, wobei er jedoch stets
einen professionell-freundlichen Umgang mit den Staatsanwälten pflegte.
»Kommen Sie doch rein, Luke. Wie geht es Ihnen?« Während sie sprach, legte Emily ihre Hand über den Namen der Akte, in der sie gelesen hatte.
»Ehrlich gesagt, könnte es besser gehen, Emily. Ich habe gerade Ihren Kronzeugen im Gefängnis gesprochen, und ich fürchte, dass er in einer ziemlich üblen Laune ist, um es noch milde auszudrücken. Er ist der Meinung, ich hätte ihn unter Wert verkauft mit dem Vier-Jahres-Deal. Ich soll Ihnen von ihm ausrichten, dass er eine Bewährungsstrafe möchte und noch heute entlassen werden will.«
»Soll das ein Witz sein?«, fragte Emily aufbrausend.
»Schön wär’s. Und es kommt noch mehr. Sollte er nicht das bekommen, was er sich wünscht, droht er damit, weitere Dinge auszupacken, die Ihnen irgendwie schaden könnten. Genauer hat er sich darüber nicht ausgelassen.«
Luke Byrne sah, dass Emily erschrocken reagierte.
»Luke, ich danke Ihnen, dass Sie mich vorgewarnt haben. Von mir aus kann er sagen, was er will, jedenfalls wird er seine vier Jahre bekommen. Und damit bin ich ihn dann los.«
»Ich auch«, sagte Luke lächelnd. »Bis später, Emily.«
Um halb zwei wurde Jimmy Easton in Handschellen und in seinem orangefarbenen Häftlingsoverall aus der Haftzelle in den Gerichtssaal geführt. Nachdem die Anwälte beider Seiten ihre Bereitschaft zum Eröffnen des Verfahrens angezeigt hatten, erteilte Richter Stevens Luke Byrne das Wort.
»Euer Ehren, Jimmy Eastons Zeugenaussage war von entscheidender Bedeutung dafür, dass Gregg Aldrich für
den brutalen Mord an seiner Ehefrau schuldiggesprochen wurde. Die Geschworenen haben offensichtlich seine Aussagen als glaubwürdig eingestuft. Die Staatsanwaltschaft hat sich bereiterklärt, sein Strafmaß auf maximal vier Jahre zu begrenzen. Euer Ehren, er hat bereits acht Monate im Gefängnis verbracht, und diese waren sehr schwierig für ihn. Er wurde von den anderen Häftlingen wegen seiner Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft geächtet und vielfach auch drangsaliert. Nun lebt er in der ständigen Angst, dass man ihm etwas antun könnte.«
Byrne hielt kurz inne, bevor er fortfuhr: »Euer Ehren, ich beantrage, dass Mr Easton zu einer Bewährungsstrafe unter Anrechnung seiner bereits verbüßten Untersuchungshaft verurteilt wird. Er ist
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