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Denn rein soll deine Seele sein

Denn rein soll deine Seele sein

Titel: Denn rein soll deine Seele sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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persönliche Sachen, einen Gebetsschal, einen Gebetsriemen, einen kittel. Keinen Brief dazu. Ich rief meine Kollegen in New York an und bat sie, der Sache nachzugehen. Er sei an einem Schlaganfall gestorben, hieß es. Das war natürlich Unsinn. Das Paket war eine Woche vor seinem Tod zur Post gegeben worden. Ich weiß, daß er sich umgebracht hat. Der untersuchende Arzt war ein Pfuscher und hatte es nicht durchschaut.«
    »Vielleicht hat Ihr Vater aber auch gewußt, daß er sterben würde.«
    Decker lächelte. »Das ist mir ein bißchen zu romantisch, Rabbi.«
    »Sie müssen lernen, mehr wie ein Jude zu denken. Hashem vermag alles.«
    »Vielleicht.«
    Decker setzte sich in einen der Ledersessel und zündete sich eine Zigarette an. »Das habe ich noch nie jemandem erzählt. Sie werden es vertraulich behandeln, nicht wahr?«
    Der Rabbi seufzte. »Ihre geschiedene Frau hat nicht gewußt, daß Sie Jude sind?«
    »Eigentlich bin ich ja gar kein Jude.«
    »Von der Herkunft her, meine ich. Ich will keine Haarspaltereien betreiben.«
    »Nein, das hat sie nicht gewußt.«
    »Sind Sie nach jüdischem Zeremoniell getraut worden?«
    »Es war eine Art Kombi-Hochzeit mit einem reformierten Rabbi und einem unitarischen Pfarrer, ziemlich ungewöhnlich.«
    »Haben Sie noch etwas von dem jüdischen Teil der Zeremonie in Erinnerung?«
    Decker überlegte. »Ich habe versucht, die ganze Sache zu verdrängen. Warten Sie mal... Ich habe ihr einen Ring gegeben und irgendwas von Moses gesagt. Ach ja, und dann habe ich ein Glas zertreten. Meine Frau hat eine Heiratsurkunde bekommen, die ich unterschrieben habe. Warum fragen Sie?«
    »Ich wollte wissen, ob Sie juristisch noch mit Ihrer geschiedenen Frau verheiratet sind.«
    »Wir sind seit fünf Jahren geschieden.«
    »Nach bürgerlichem, möglicherweise aber nicht nach jüdischem Recht. Hat Ihre geschiedene Frau wieder geheiratet?«
    »Ja, vor zwei Jahren. Diesmal einen richtigen Juden.«
    Der Rabbi war offensichtlich schmerzlich berührt. »Weh ist mir! Haben sie Kinder?«
    »Sie hatte vor kurzem eine Fehlgeburt. Im sechsten Monat, das Kind war nicht zu retten. Körperlich hat sie sich wieder ganz gut erholt, aber von meiner Tochter weiß ich, daß es sie seelisch sehr getroffen hat.«
    »Das war nun wirklich beschert«, sagte der Rabbi halblaut. »Sicherheitshalber werde ich Ihnen einen get, einen jüdischen Scheidungsbrief, aufsetzen. Für den frommen Juden hat eine bürgerliche Scheidung keine Bedeutung. Es könnte sonst sein, daß die künftigen Kinder Ihrer Frau als mamzerim - Bastarde - gelten und ein für allemal gebrandmarkt sind.«
    Decker sah ihn ablehnend an. »Ich wäre gebrandmarkt?«
    »Sie sind kein mamzer. Ihre Eltern waren zwar nicht verheiratet, als Sie zur Welt kamen, aber Sie sind trotzdem ein vollgültiger Jude. Ein mamzer ist das Produkt einer ehebrecherischen Beziehung zwischen einer verheirateten jüdischen Frau und einem jüdischen Mann oder eines Inzest.«
    »Meine Frau weiß nicht, daß ich Jude bin.«
    »Aber Ihnen war es zur Zeit Ihrer Eheschließung schon bekannt?«
    »Theoretisch ja.«
    »Haben Sie etwas dagegen, daß sie es erfährt?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Dann lassen Sie mich die Scheidung in die Wege leiten, damit alles seine Ordnung hat.«
    Decker lächelte ein wenig. »Eine Frage noch, Rabbi. Hätte das Kind meiner Frau als Bastard gegolten, wenn es am Leben geblieben wäre?«
    »Möglicherweise ja. Das wird von Fall zu Fall beurteilt -eben weil die Folgen so schwerwiegend sind. Eine solche Entscheidung gehört zu den wenigen Dingen im jüdischen Recht, die unwiderruflich sind. Warum wollen Sie die Kinder Ihrer früheren Frau damit belasten, wenn die Lösung so einfach ist?«
    »Einverstanden. Was muß ich tun?«
    »Ein Schriftstück unterschreiben, das ich aufsetze, und es persönlich Ihrer früheren Frau übergeben. Dazu brauche ich deren hebräischen Namen, den Ihres Exschwiegervaters und Ihres Vaters. Sie haben vermutlich keinen hebräischen Namen?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Gut, in diesem Fall genügt Ihr englischer Name. Dann brauche ich noch das Datum der Eheschließung.«
    »Das können Sie gleich haben, das andere muß ich nachsehen.«
    »Schreiben Sie mir morgen alles auf, dann komme ich mit Ihnen zu Ihrer früheren Frau und nehme die Scheidung vor.«
    Der Rabbi legte Decker eine Hand auf die Schulter. »Das Schicksal hat Sie zu uns geführt. Es war beschert. Irgend etwas hat Sie zu uns hingezogen.«
    Ein Sittlichkeitsverbrechen und

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