Denn rein soll deine Seele sein
Tochter Judas. Tochter Zion. Eine Zauberin, die um die Kunst des Heilens weiß. Wie ihre Vorfahren. Tochter von Miriam, der großen Heilerin. Sie heißt ja selber Miriam. Aber statt mir zu helfen, hat sie mich fertiggemacht. Sie hat mich als Mann erledigt. Wie alle. Da hab ich es ihr zeigen wollen. Wenn sie es mir nicht freiwillig gibt, hab ich es mir nehmen wollen. Hätte sie mich nicht hinter meinem Rücken ausgelacht...« Er kam ins Stottern. »Eine Gegemeinheit war das. Das Gegequassel von ihrem Judentum ... Alles Ausflüchte. In Wirklichkeit hat sie mich ausgelacht. Aber ich hab sie durchschaut. Dieses Luluder. Hätte sie sich nicht rausgeredet, hätte ich nicht die Wut gekriegt. Aber so - so hab ich es mir eben nehmen wollen. Ob's ihr paßte oder nicht.«
Sein Gesicht verzerrte sich, und er fing an zu schluchzen. »O Gott, o Gott, es tut mir so leid.«
Ein Verrückter, dachte Marge und wandte sich angewidert ab. Dann hörte sie jemanden singen und sah auf. Moshe, eben noch der Retter aus höchster Not, hatte ein Buch vor der Nase, sang leise vor sich hin und wiegte sich hin und her, als sei nichts geschehen. Noch ein Verrückter. Auf seine Art.
Ein Streifenwagen fuhr vor, und Folstrom und Walsh sprangen heraus.
»Auf frischer Tat ertappt?« fragte Walsh grimmig. »Mehr oder weniger. Macht ihr hier weiter, ich will mit dem Opfer sprechen.«
»Wer ist denn das?« Folstrom deutete auf Moshe. »Der Held des Tages.«
»Soll ich seine Aussage zu Protokoll nehmen?«
»Versuchen kannst du's, aber er ist ein bißchen...« Marge tippte sich vielsagend an die Stirn.
Rina hockte mit angezogenen Knien unter einer Ulme. Marge setzte sich neben sie.
»Ich hab einen Krankenwagen bestellt.«
Rina nickte.
Marge legte ihr einen Arm um die Schulter. »Ich glaube, jetzt haben Sie's überstanden.«
Die ersten Tränen liefen über Rinas Wangen und brannten in den blutigen Schrammen. »Wie ist es nur möglich, daß man mit einem Menschen fünf Jahre lang zusammenarbeitet, ohne zu merken, was in seinem Kopf vorgeht?«
»Machen Sie sich keine Vorwürfe«, tröstete Marge. »Diese Typen sind nach außen hin oft ganz normal, haben einen Job, haben Familie und schlüpfen der Polizei und den Ärzten, all den sogenannten Experten, die es eigentlich besser wissen müßten, glatt durch die Finger. Ich habe selber schon ein paarmal solche Fälle gehabt. Sie haben sich großartig gehalten.«
Rina antwortete nicht, sie schien unter Schock zu stehen. Marge sah, wie Decker den Hang herunterkam und einen Mann stützte, der neben ihm herhinkte. Ein weiterer Streifenwagen fuhr vor, gefolgt von einem Gefangenentransport. Sie schoben Gilbert hinein.
Marge trat zu Decker und Hawthorne. Matt sah Gilbert nach. »Ich kann es immer noch nicht fassen. Es muß eine logische Erklärung geben. Vielleicht ein Irrtum...«
»Kein Irrtum«, sagte Marge.
Hawthorne hatte eine Beule auf der Stirn, die sich schon bläulich färbte. »Ist mit Rina alles in Ordnung?«
»Sie wird es überleben.«
Luis Ramirez stieg aus dem Wagen. Decker winkte ihn heran.
»Wenn Sie in der Lage dazu sind, Mr. Hawthorne, können Sie Ihre Aussage machen, während Sie auf den Krankenwagen warten.«
Hawthorne nickte. Er wirkte noch immer wie betäubt. Decker sah auf die Menge, die sich versammelt hatte. »Wo ist Rina?«
»Da drüben.« Marge deutete auf den Baum. »Ein paar Prellungen, aber das kommt schon wieder in Ordnung. Sie ist zäh, Pete.«
Er setzte sich neben sie, aber Rina nahm keine Notiz von ihm. Decker brachte plötzlich keinen Ton heraus. »Hilf mir hoch«, sagte sie schließlich.
Er nahm sie in die Arme. Ihr Gesicht... Was hatte der Kerl mit ihrem schönen Gesicht gemacht... Behutsam ließ er sie los.
Rina streckte ihm den Revolver hin. »Was soll ich damit machen? Es ist seiner.«
Decker holte ein Taschentuch heraus, nahm ihr die Waffe ab, entlud sie und wickelte sie ein.
»Ich habe auf ihn geschossen, es ist deshalb eine Kugel weniger. Ich habe ihn verfehlt.«
»Das wundert mich.«
»Mich auch«, sagte Rina trocken.
Zvi Adler kam auf sie zu. Erst jetzt merkte Decker, daß Rina halbnackt war. Er zog sein Jackett aus und gab es ihr.
Zvi blieb drei Meter vor ihnen stehen. Auf seinem Gesicht lag ein schmerzlicher Ausdruck des dejävu, »Mir ist nichts geschehen, Zvi.«
Es sah aus, als wollte er noch etwas sagen. Aber dann fragte er nur: »Kann ich etwas für dich tun?«
»Meine Kinder«, stieß sie hervor. »Sie dürfen mich nicht so sehen.«
»Wir
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