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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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Moment fühlte es sich an, als hätten sie versagt.
    Allie betrachtete die bizarre Szenerie um sie herum und sagte: »Bist du sicher, dass du allein hier oben bleiben willst? Ist doch alles schlimmer, als ich erwartet hatte.«
    Ein wenig rechnete sie damit, dass Rachel sie bitten werde, nicht zu gehen – sie wollte im Augenblick ja selbst auch nicht allein sein. Doch zu ihrer Überraschung straffte Rachel nur die Schultern und sagte: »Ich komm schon klar. Aber, Allie …« Ihr Gesichtsausdruck verriet Allie, was sie als Nächstes sagen würde. »Ich werd die Kleinen hier nicht im Stich lassen. Ich werd sie auch verstecken.«
    Allie konnte sich nicht erinnern, je so stolz auf sie gewesen zu sein.
    »Der Plan war sowieso scheiße«, sagte sie, und ein schelmisches Lächeln umspielte ihren Mund.
    Rachel reckte die Faust. »Pass auf dich auf.«
    Allie wollte gerade die Geste erwidern, als ihr plötzlich der Gedanke kam:
Zum ersten Mal benimmt sich Rachel so, als wäre sie in der Night School.
    Doch ehe Rachel ihr Zögern bemerken konnte, hatte Allie sich schon wieder gefangen und knuffte mit ihrer Faust gegen die von Rachel. »Sowieso.«
     
    Im Erdgeschoss war die Lage noch verheerender als im Mädchentrakt. Inmitten weinender Schüler, die sich gegen brüllende Uniformierte wehrten, stand August Zelazny und bellte mit hochrotem Kopf: »Alle Schüler gehen bitte wieder ihren normalen Beschäftigungen nach! Es wird nicht im Flur herumgelungert! Und wer Schüler abzuholen hat, möge das so tun, dass der Schulbetrieb dadurch nicht gestört wird!«
    Aber niemand nahm von ihm Notiz.
    »Sie brauchen nicht handgreiflich zu werden!«, sagte ein hoch aufgeschossener Junge, Typ Bücherwurm, und wand sich aus der Umklammerung eines livrierten Muskelmanns. »Ich bin doch kooperativ. Richten Sie ihnen aus, dass ich kooperativ war.« Allie erkannte ihn wieder. Es war derselbe Junge, der sie kürzlich angeschnauzt hatte, als sie versehentlich seine Studierzelle betreten hatte. Jetzt wirkte er ziemlich jung und eingeschüchtert – seine Brille hatte einen Schlag abbekommen und saß verbogen auf seiner Nase, während er versuchte, demonstrativ würdevoll über den Gang zu spazieren, just außer Reichweite der Arme des Leibwächters.
    »Hey!«, rief Allie und lief zu ihm. Der Junge wirbelte herum und sah sie verängstigt durch seine dunkle Hornbrille an. »Alles klar?«, fragte Allie.
    »Alles in Butter«, sagte der Junge mit falscher Bravour. »Ich muss nur leider nach Hause. Da versteht Pete hier keinen Spaß – was, Pete?«
    Dem Muskelmann entging der finstere Sarkasmus in seiner Stimme nicht, und er warf ihm einen warnenden Blick zu.
    »Du hältst dich wohl für besonders witzig, Freundchen? Ich hab die Erlaubnis, dich zu bändigen, wenn’s sein muss. Zwing mich nicht dazu!«
    »Siehste?«, sagte der Junge verzweifelt. »Alles in Butter.«
    Beim Hinausgehen warf der Fahrer Allie einen taxierenden Blick zu, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der Mann wusste, wer sie war.
    Plötzlich bekam sie es mit der Angst zu tun und rannte durch den Eingangsbereich, wo Zelazny inzwischen das Brüllen aufgegeben hatte und nun das Klemmbrett in seiner Hand anmurmelte. Er schien Buch darüber zu führen, welche Schüler das Gebäude mit Koffern verließen.
    »Mr Zelazny«, setzte sie an, doch er schnitt ihr das Wort ab, ohne auch nur aufzusehen.
    »Jetzt nicht.«
    Aber so leicht ließ sie sich nicht abspeisen. Nicht an diesem Tag.
    »Mr
Zelazny
!« Diesmal sprach sie seinen Namen derart bestimmt aus, dass der Lehrer aufsah und sie mit offenem Mund anschaute.
    Als sie seine volle Aufmerksamkeit hatte, fragte Allie laut und deutlich: »Wo ist Isabelle?«, und betonte dabei jede Silbe.
    Einen kurzen Moment blickte er sie an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen. Allie bemerkte, dass das Klemmbrett in seiner Hand leicht zitterte.
    Der furchtlose, aufbrausende Polterer Zelazny hatte Angst. Seltsam, denn wenn er der Spion war, dann musste dieses Tohuwabohu doch genau nach seinem Geschmack sein – oder etwa nicht?
    »Isabelle?«, wiederholte sie.
    Er rieb sich müde das Gesicht und schabte dabei über seinen unrasierten Schnurrbart.
    »Im Rittersaal«, krächzte er dann. Er war völlig heiser vom Herumschreien, und seine Augen waren vom Schlafmangel gerötet.
    Ohne weitere Informationen abzuwarten, kämpfte sich Allie durch die lärmende, verschreckte Menge, über das gebohnerte Eichenparkett, unter den glitzernden Kronleuchtern

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