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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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waren. Es musste niederschmetternd gewesen sein. Carter und ihm war es damals bestimmt nicht weniger schlecht gegangen als ihr jetzt.
    Sie drehte sich zu Carter um, doch der hatte seinen Blick gesenkt, so als hätten Mr Ellisons Worte schmerzhafte Erinnerungen zurückgebracht.
    Die festen Stricke, die ihr seit jener schrecklichen Nacht das Herz abzuschnüren schienen, lockerten sich ein klein wenig.
    Sie war nicht die Einzige, die so etwas durchgemacht hatte. Und es war nicht richtig, ihren Schmerz an ihnen auszulassen. Jeder von ihnen dreien hatte schon einmal jemanden verloren.
    Sie nickte heftig. »Ich krieg das hin, Mr Ellison. Versprochen.«
     
    Allie hockte auf einer Leiter und stutzte den knorrigen, alten Apfelbaum zurecht, indem sie, so wie Mr Ellison es ihr gezeigt hatte, die abgeschnittenen Zweige zwischen den Ästen hindurchfallen ließ. Von ihrem Sitzplatz aus sah sie den oberen Teil des Schulgebäudes – im Schlaftrakt gingen gerade überall die Lichter an. Drinnen war es bestimmt warm und roch nach Speck und Toast.
    Bei dem Gedanken knurrte ihr leerer Magen.
    Um die Gartenschere richtig halten zu können, hatte sie einen Handschuh ausziehen müssen, weshalb sie nun kurz innehielt, um ihren gefrorenen Fingern neues Leben einzuhauchen. Unter ihr zerrte Carter die herabgefallenen Äste auf einen Haufen und rechte Laub und Zweige vom Baumstamm weg.
    Mr Ellison war auf der anderen Seite des Obstgartens damit beschäftigt, größere Äste mit der Säge zu Brennholz zu machen, sodass sie im Grunde mit Carter allein war.
    Allie beobachtete Carter im Schutz der Äste bei der Arbeit und musste daran denken, wie es war, ihm nahe zu sein. Zuerst war sie sein Kumpel gewesen, dann seine Freundin. Und jetzt war sie … gar nichts mehr.
    Seit er mit Jules zusammen war, hatten sie praktisch nicht mehr miteinander geredet. Es machte sie fassungslos, wie schnell er zur Tagesordnung übergegangen war und ihr einfach aus dem Weg ging. Wenn sie sich begegneten, hing immer ein unausgesprochener Vorwurf in der Luft.
    Sie kletterte von ihrer Leiter herunter und rückte sie auf die andere Seite des Baums.
    Carter sah auf. »Brauchst du Hilfe?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Geht schon.«
    Achselzuckend widmete er sich wieder seiner Arbeit.
    Als die Leiter sicher an ihrem neuen Standort lehnte, wandte sich Allie ihm erneut zu und redete schnell, bevor sie es sich anders überlegen konnte. »Hör mal. Wegen vorhin, das tut mir leid. War irgendwie nicht so cool.«
    Carter unterbrach seine Tätigkeit und schaute überrascht zu ihr hoch. »Schon okay. Ich bin dir nicht böse.«
    »Ehrlich gesagt, hatte ich voll Schiss vorhin, als ich in den Garten kam«, sagte Allie und betrachtete ihre Gartenschere. »Ich dachte, ich hätte irgendwas gehört. Aber dann wart ihr es bloß. Darum hab ich einfach … überreagiert.«
    »Dass deine Nerven gerade blank liegen, versteht jeder, Allie«, sagte er. »Das geht uns allen genauso. Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.«
    »Ach, da würde mir schon einiges einfallen, wofür ich mich entschuldigen müsste …«
    Carter entging der ironische Unterton in ihrer Stimme nicht. »Wieso hast du das gemacht, Allie? Wieso bist du abgehauen?«
    Sie lehnte sich an die Leiter, schaute hoch in den heller werdenden Himmel und erinnerte sich daran, wie sie sich an jenem Tag gefühlt hatte.
    »Ich hatte halt das Gefühl … dass hier so gar nichts passiert«, sagte sie. »Da stirbt Jo, und alle außer mir tun so, als wäre nix gewesen. Gehen einfach so zur Tagesordnung über. Und da mach ich nicht mehr mit.«
    Carter biss sich auf die Unterlippe und nickte, allerdings mehr zu sich selbst. »Die Sache ist nur«, sagte er nach einer Weile, »dass hier gar keiner einfach so zur Tagesordnung übergegangen ist, Allie.«
    Das hatte sie nicht erwartet.
    »Was willst du damit sagen?«, fragte sie mit gerunzelter Stirn.
    »Ich meine, hier hat sich alles geändert. Das hat dir nur niemand erzählt, weil alle wussten, dass du … deinen Freiraum brauchst oder was weiß ich.« Er rupfte ein welkes Blatt vom Baum, ohne sie anzusehen. »Aber wir hatten hier ständig irgendwelche Treffen deswegen. Und die Night-School-Ausbildung hat sich auch komplett geändert. Alle suchen wie gestört nach diesem Spion. Raj hat jeden Schritt von Gabe und Nathaniel haarklein rekonstruiert.« Er schüttelte den Kopf und warf ihr einen kurzen Blick zu. »Und du weißt ja, Raj ist Superman, oder?«
    »Moment,

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