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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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auch noch unser Missing Link aus der Klinik auf.« Es wäre zu schön gewesen: Wie im Kolosseum hätte der kernige Gladiator Dr. Hoffmann den drei Bösewichtern das Fangnetz übergeworfen und sie als handliches Bündel bei der Polizei oder vor dem Löwenkäfig abgeliefert. Aber niemand tauchte auf.
    Nachdem wir im weiteren Verlauf der »Langen Nacht« Manfred und Margitta noch ins Hanf-Museum und in die Sternwarte gefolgt waren, brachen wir unsere Kulturexpedition ab. Das Risiko war zu groß, irgendwann auch von ihnen entdeckt zu werden. Oder wieder von Bodo.
    Zurück am Schloßplatz, kaufte ich noch eine Bratwurst, die ich Trixi als Wiedergutmachung dafür, daß wir sie nicht mitgenommen hatten, mitbringen wollte. Zu Hause war dann allerdings nur noch das Brötchen übriggeblieben. Ich glaube, Trixi hat den Betrug gemerkt oder war sowieso ungnädig wegen der langen Nacht ohne sie. Ich versprach, sie gleich morgen zu entschädigen.

    Immobilien-Manfred und Margitta von der Hauspflege zusammen zu sehen war eine ziemliche Entdeckung gewesen, in der Sache hatte es uns aber nicht weitergebracht, denn die geschäftliche Verbindung der beiden war uns seit dem Tod meiner Tante Hilde bekannt und zu ihrer Verbindung in die Humana-Klinik hatte sie uns nicht geführt.
    Trotzdem stiefelte ich am Montag in unsere Personalabteilung, dort müßte noch eine Personalakte von Margitta Seeger existieren, und nach einem Anruf bei Verwaltungsleiterin Beate bekam ich sogar Einblick in diese Personalakte. Mir genügten schon die »Angaben zur Person«:
    »Margitta Seeger, geb. Marske. Familienstand: geschieden. Kinder: keine.«
    Unsere Margitta war offensichtlich eine Vollzeitschwester. Früher Krankenschwester in unserer Klinik, jetzt Oberschwester und Betreiberin des Hauspflegedienstes Süd und seit Geburt Schwester von Manfred Marske. Traute Familienbande, wahrscheinlich keine schlechte Absicherung bei Geschäften auf Gegenseitigkeit!

    Der Gegenschlag kam am selben Montagabend. Später würden wir noch unsere übliche Wanderung zum Tagesabschluß machen, aber für ihre akuten Bedürfnisse nahm ich, eben aus der Klinik gekommen, Trixi schnell mit um die Ecke zu Aldi. Wir hatten kein Hundefutter mehr im Haus, geschweige denn die versprochene Entschädigung für gestern, und vielleicht würde ich mir auch eine kleine Leckerei für den Abend gönnen.
    Es war kurz vor halb sieben und Aldi wie üblich rammelvoll. Die gesamte Rentnerschaft Zehlendorfs, tagsüber mit wichtigeren Dingen beschäftigt, drängelte sich vor den zwei Kassen. Aber ich bin geübt und manövrierte, zugegeben unter billigender Inkaufnahme eines Knöchelschadens an der Rentnerin vor mir, meinen Einkaufswagen in die kürzere Kassenschlange. Ich wollte wieder raus sein, bevor Trixi ihr nerviges Gekläffe begann, ein Wunder, daß noch nichts zu hören war. Ich hatte aber nur vermeintlich die Pool-Position erobert: Mit triumphierendem Grinsen verstaute die Dame mit dem Fast-Knöchelschaden ihre Beute bereits im praktischen Einkaufsroller, während der Mann vor mir immer noch die Kassiererin nervte, warum er den Rest seines Einkaufs nicht in »guter alter D-Mark« bezahlen könne.
    Als ich endlich, nun stolzer Besitzer von zweimal Hundefutter, einmal »Festtagssuppe extra« und einer Packung Bratwürste als Sonderration, aus dem Laden trat, war Trixi verschwunden. Verschwunden mitsamt Leine, Halsband und Steuermarke. Hatte sie sich irgendwie losgerissen und irrte orientierungslos durch die Gegend? Saß sie schon bei mir vor der Tür? Oder war ich in einem Zustand geistiger Umnachtung ohne den Hund losmarschiert?
    War ich nicht. Und Trixi saß auch nicht vor der Haustür. Es wurde ein ziemlich langer Abend. Gemeinsam mit Celine patrouillierte ich durch die Parks der näheren und der nicht so nahen Umgebung, kontrollierte ihre Lieblingsecken, fragte bei der Polizei nach. Keine Spur von Trixi.
    »Wer immer Trixi entführt hat, kann dich nicht allzugut kennen. Im Prinzip war dir dieser Hund doch nur lästig.«
    Stimmte. Trixi und ich waren nicht durch eine Liebesheirat verbunden, eher durch eine vom Schicksal erzwungene Notgemeinschaft, basierend auf gegenseitigem Mißtrauen und leidlicher Duldung. Trixi war extrem häßlich, unverschämt und total nutzlos. Also konnte ich eigentlich froh sein, daß sich das Problem so elegant gelöst hatte. War ich aber nicht. Zumindest fühlte ich eine Verantwortung gegenüber diesem Tier, ob freiwillig oder unter dem Zwang der Umstände

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