Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Department 19 – Die Mission

Department 19 – Die Mission

Titel: Department 19 – Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Hill
Vom Netzwerk:
eher auf die Neonlichter, die dunklen Ecken, in denen sie knutschen konnten, die Spiele und die Automaten. Genau genommen war der Jahrmarkt nicht mehr als eine Ansammlung von irgendwelchen Buden und zwei oder drei halbwegs anständigen Fahrgeschäften, doch die bunt beleuchteten Schilder und der Duft von Zuckerwatte und gerösteten Mandeln, dazu die blecherne Musik aus den zahllosen Lautsprechern erzeugten eine beinahe magische Atmosphäre.
    Larissas Freundin Amber hatte für all das keinen Sinn. Stattdessen knutschte sie leidenschaftlich mit einem Jungen aus ihrem Geschichtsunterricht. Sie stand mit dem Rücken an der Wand der Wurfbude und hielt die Hände des Jungen fest an dessen Seiten gedrückt, damit er nicht auf die Idee kam, sie irgendwo anders hinzulegen. Die anderen Mädchen hatten sich hinter den Autoscooter verzogen, um einen Joint zu rauchen, und Larissa fand sich mit einem Mal allein.
    Sie wartete einige Minuten in der Hoffnung, dass Amber sich von dem Jungen mit den fettigen Haaren und der Akne lösen würde, doch die schien es nicht eilig damit zu haben, obwohl es schon der dritte Junge war, mit dem sie in der kurzen Zeit, seit sie auf der Kirmes waren, herumknutschte. Schließlich wurde es Larissa zu dumm, und sie zog allein weiter.
    Sie schlenderte über den Hauptweg des Jahrmarkts und hinaus in die Dunkelheit des Parks, immer am Zaun entlang, der den Rasen und die Spielfelder von der Straße trennte. Autos jagten mit blitzenden Scheinwerfern an ihr vorbei, und aus ihren offenen Fenstern drangen Fetzen von Musik. Ein Gefühl von Einsamkeit und Verlust überkam sie. Ihre Hände zitterten, als sie ein Päckchen Marlboro Lights aus der Tasche zog, eine Zigarette aus der Schachtel nahm, zwischen die Lippen schob und die kleine gelbe Flamme ihres Feuerzeugs an die Spitze hielt.
    »Diese Dinger werden dich irgendwann umbringen.«
    Larissa zuckte zusammen, und für einen Augenblick stockte ihr Herz beim Klang der Stimme. Sie wusste, dass es der alte Mann war, noch bevor sie sich nach dem Ursprung der Worte umdrehte. Die Stimme war außergewöhnlich, anders als alle, die sie je gehört hatte. Sie rollte und schwankte, tief wie ein Kontrabass und glatt wie Honig, voll geflüsterter Verheißungen und dunkler Geheimnisse. Larissa drehte sich zum Zaun und sah den alten Mann auf der anderen Seite stehen, auf dem Bürgersteig, mit den Händen in den Taschen. Zum ersten Mal, seit sie ihn vor zwei Tagen auf dem Rückweg vom College an der Ecke zu ihrer Straße erblickt hatte, lächelte er sie nicht an. Stattdessen stand in seinem Gesicht ein Ausdruck von tiefer Traurigkeit.
    Der Zaun zwischen ihnen war mehr als drei Meter hoch, grünes Metall mit scharfen Spitzen, was sie mutig machte. Sie ging einen Schritt auf den alten Mann zu. »Warum verfolgen Sie mich?«, fragte sie in scharfem Ton. »Was zum Teufel haben Sie heute Morgen in unserem Garten gemacht?«
    Das Lächeln kehrte zurück. »Es tut mir leid, bitte entschuldige«, sagte er. »Du erinnerst mich an jemanden.«
    Sie öffnete den Mund, um zu fragen, wen er meinte, doch bevor sie die Worte formen konnte, bewegte sich der alte Mann. Er trat in die Luft, so lässig, wie die meisten Menschen eine Treppe hochsteigen würden, und schwebte nach oben und über den Zaun.
    Sein Mantel blähte sich hinter ihm auf, die Ärmel glitten hoch, und Larissa sah, dass er ein Tattoo auf der Innenseite seines linken Unterarms trug: ein schwarzes W. Als er behutsam vor ihr landete, öffnete sie den Mund, um zu schreien, doch er überwand den Abstand zwischen ihnen mit einer geradezu unfassbaren Geschwindigkeit und presste ihr eine Hand auf den Mund.
    »Es tut mir leid«, flüsterte er, und sie spürte seinen heißen Atem neben ihrem Ohr. »Es tut mir aufrichtig leid.«
    Dann vergrub er das Gesicht in ihrer Halsbeuge. Sie spürte einen stechenden Schmerz, so scharf, dass er beinahe schon wieder süß war – und wurde ohnmächtig.
    Es war immer noch dunkel, als Larissa aus ihrer Ohnmacht erwachte. Sie lag unter einer Eiche im Gras. Sie war feucht vom Tau, und ihr war kalt. Ihr Kopf war schwer, und sie hatte Mühe aufzustehen. Auf unsicheren Beinen stapfte sie zwischen den verlassenen Buden und Fahrgeschäften des Jahrmarkts hindurch, durch Berge von Abfällen und Essensresten zum Ausgang des Parks.
    Sie erinnerte sich an nichts mehr von den Ereignissen des vorangegangenen Abends, nichts mehr, seit sie ihrem Vater in der Einfahrt begegnet war. Wo steckten Amber und die anderen

Weitere Kostenlose Bücher