Department 19 – Die Mission
Tanzfläche schob, das mit Leichtigkeit seine Tochter hätte sein können. Der Mann sah Carpenter an und fauchte böse, und auch unter seiner weißen Maske leuchtete es rot, während hinter der Oberlippe zwei spitze Zähne hervorlugten.
Mein Gott, das sind ja Hunderte! Was habe ich nur getan?
Er griff in seine Tasche und zerrte den Pflock hervor, doch ein Mädchen mit einer Diamant-Tiara über einer japanischen kabuki -Maske stolperte gegen ihn, und die Waffe fiel klappernd zu Boden. Carpenter stieß einen Fluch aus und bückte sich danach, doch sofort traten ein Dutzend Füße sie so weit weg, dass er sie nicht mehr zu fassen bekam. Er stand auf, und eine Woge des Grauens erfasste ihn.
Vor ihm stand ein auffallend eleganter Mann. Er trug keine Maske, und sein Gesicht, das eine osteuropäische Abstammung verriet, war so blass, dass es beinahe transparent wirkte und die Adern ein dunkelblaues Muster in das milchige Fleisch zeichneten. Ringsum schien das Tanzen noch wilder geworden zu sein, falls das überhaupt möglich war, und doch kollidierte niemand mit dem Fremden oder kam ihm auch nur so nahe, dass die Gefahr bestanden hätte. Es war, als wäre er von einem unsichtbaren magnetischen Feld umgeben, das die Feiernden von ihm abstieß.
Er ist es. Gütiger Himmel, er ist es tatsächlich. Der jüngste der drei Brüder.
Valentin Rusmanov musterte Carpenter wie eine Laborratte auf dem Untersuchungstisch. Die Augen des Mannes waren genauso blassblau wie die Adern unter seiner Haut und besaßen eine hypnotische Ausstrahlung. Carpenter hatte das Gefühl, in ihnen zu versinken, und es fiel ihm schwer, sich aus ihrem Bann zu lösen. Er wollte gerade etwas sagen, obwohl er nicht wusste, was, als hallende Glockenschläge die letzten Sekunden des alten Jahres einläuteten.
Alles hielt inne. Die Glockenschläge läuteten weiter, drei, vier, fünf, doch sie waren das einzige Geräusch im gesamten Saal. Das Tanzen hatte aufgehört, genau wie die allgemeine Unterhaltung. Carpenter blickte sich um. Er wusste genau, was er sehen würde, und trotzdem flutete Entsetzen durch seine Adern, als er feststellte, dass er sich nicht irrte.
Alle im Saal starrten ihn schweigend an.
Der letzte Glockenschlag verhallte in der Stille, und aus dem Hintergrund rief jemand: »Masken abnehmen!«
Eine Sekunde des Zögerns, dann nickte Valentin, und um sie herum entstand hektische Bewegung, als sämtliche Gäste ihre Masken absetzten und ein rotes Glühen den Raum erfüllte. Zweihundert Paare rot leuchtender Augen starrten Carpenter an.
Er war umgeben von Vampiren.
Sie musterten ihn grinsend, beinahe fröhlich, die Fänge nicht länger verborgen, die Augen voll entsetzlicher Vorfreude.
So also geht es zu Ende. Gleich auf der ersten Mission in Stücke gerissen. Mein Vater würde sich schämen.
23
Runde zwei
Jamie marschierte den Gang des Zellenblocks hinunter, und Frankenstein folgte ihm mit einigen Schritten Abstand. Jamie hatte sich geweigert, zuerst zur Krankenstation zu gehen und sich dort den Hals fachgerecht verarzten zu lassen. Er hatte nicht einmal seine nach Schwefelsäure stinkende Uniform gewechselt. Viele seiner neuen Kollegen hatten den weißen Verband angestarrt, als er mit dem riesigen Frankenstein dicht auf den Fersen durch den Hangar gestürmt war.
An Larissas Zelle hielt Jamie inne. Vor ihm schimmerte die UV-Barriere. Larissa lag auf dem Bett und sah ihn an, als hätte sie seinen Besuch bereits erwartet. Dann wurde Jamie klar, dass sie ihn wahrscheinlich schon beim Betreten des Zellenblocks gehört hatte – es fiel ihm eigenartig leicht zu vergessen, dass sie ein Vampir war.
Sie lächelte ihn an, und dann erstarb das Lächeln auf ihren Lippen, als Frankenstein in Sicht kam und hinter Jamie stehen blieb. Sie hatte ein Buch aufgeschlagen im Schoß liegen, das sie nun hastig hochnahm, um ihr Gesicht dahinter zu verbergen.
»Ich muss mit dir reden«, sagte Jamie.
Larissa rührte sich nicht.
»Hast du verstanden?«, fragte er, und Wut stieg in ihm auf. »Ich habe gesagt, ich muss mit dir reden!«
»Ich hab dich gehört«, erwiderte Larissa hinter ihrem Buch. »Und es gibt nichts auf der Welt, was ich lieber täte, als mich mit dir zu unterhalten. Aber nicht zu dritt.«
Frankenstein murmelte etwas, das Jamie nicht verstand.
»Es ist nichts Persönliches«, sagte Larissa.
Jamie sah den Riesen an und wollte ihn gerade bitten, ihn mit Larissa allein zu lassen, doch Frankenstein hatte sich bereits zum Gehen
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