Depeche Mode
Heiratsurkunden zu helfen. Der junge Dave wuchs also in einer Atmosphäre des nationalen Selbstbewußtseins und des Hasses auf die Königin-Mutter, Prinz Charles und seine sämtlichen minderjährigen Bastarde heran, jedenfalls behauptet das Mister Bascombe. Die erste emotionale Erschütterung erlebte der zukünftige Estradenkünstler, als berittene britische Polizisten die traditionelle Erste-Mai-Demonstration der irischen Separatisten durch die katholischen Bezirke von Ulster auflösten und dabei Daves Vater vergewaltigten … nein, – der Moderator stockt plötzlich, – nicht den Vater … die Mutter. Genau – Daves Mutter. Verehrte Hörerinnen und Hörer, entschuldigen Sie bitte, diese Informationen wurden von unseren Kollegen aus der Londoner Redaktion übersetzt, stilistische Ungenauigkeiten sind deshalb möglich. Also, Daves Mutter. Vor den Augen des zukünftigen Stars des Showbiz. Für den Jungen, der noch keine ähnlichen Erfahrungen gemacht hatte, war das zweifellos eine starke Anregung … vielmehr eine starke Aufregung, und die Grundlage für seine erste Platte, die auf Anhieb mit Platin ausgezeichnet wurde. Aber mehr davon und von anderen spannenden Dingen nach einer kurzen musikalischen Pause (Der Moderator macht eine Pause). Musik und Text von stepan haljabarda. »Meine Mutter«. Es spielt der Komponist.
stepan haljabarda greift mit seinen haarigen Fingern in die Tasten, meine Haut erspürt die Bewegungen seiner dicken, haarigen, roten Extremitäten, spielt auf seinem Plastikkeyboard ein Intro und fängt an zu singen. »Ich frug den Wind dort an dem Wasser«, – singt er, – »sahst du, pam-pa-ram, my mother? Geh nur, irgendwann pam-pa-ram, an dieses Wasser, dort sah ich, pam-pa-ram, your mother« – »your mother, your mother«, – setzt düster der Chor ein.
– Was ist das – ein Chor? – frage ich und drehe mich um.
– Ein Chor, – antwortet Wasja unsicher.
– Wirklich? Und ich hab geglaubt, stepan haljabarda singt allein.
– Es ist ein Chor.
– Was ist ein Chor?
– stepan haljabarda ist ein Chor, – sagt Wasja.
– Wie das?
– Einfach so. Hör doch.
»Your mother, your mother«, – bestätigt schwermütig stepan haljabarda aus den Tiefen des Weltalls.
– Weißt du, – sage ich, – wenn das ein Chor ist, dann irgendwie kein netter. Ein schlimmer Chor. Hörst du, was sie da über die Mutter singen?
»Your mother«, stößt stepan haljabarda noch mal drohend aus.
– Ich glaube, – sagt Wasja, – sie belauschen uns.
– Mhm, und jetzt haben sie die Ohren gespitzt, merkst du – sie sind ganz still?
– Sie haben uns auf dem Kieker.
– Glaub ich nicht. Wozu denn?
– Keine Ahnung. Vielleicht gehören sie zur Miliz?
– Ja, irgendwie sind sie böse.
– Ich sag dir, – sagt Wasja überzeugt, – Bullen, hundertpro Bullen. Hörst du? Jetzt sind sie still, die Arschlöcher.
– Moment, – sage ich. Flipp nicht aus. Was für Bullen denn? Bullen singen nicht.
– Und ob die singen! Hast du irgendwann mal Nachrichten angeschaut?
– Was?
– Nachrichten.
– Ach so. Nee, nie.
– Ich schon, – sagt Wasja. Sie haben mongolische Milizionäre gezeigt. Es war ihr Unabhängigkeitstag, und sie haben gesungen.
– Wie, alle?
– Nee, nicht alle. Ein Chor. Genau wie hier, – Wasja zeigt auf den geilen Superphono. Standen da und haben gesungen, die Schweine.
– Na und?
– Genau wie hier. Es sind Bullen, glaub mir.
– Laß doch.
– Ich sag's dir.
Khrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr
– Hörst du? – flüstert Wasja. – Bullen.
Ich stelle mir, am anderen Ende des Radioraums, irgendwo in der Mongolei, einen Chor aus Milizionären vor, hoch zu Roß, die Peitschen fest in der Hand, und sie lauschen angespannt in den Äther, um unser Flüstern zu orten. Mir läuft es kalt den Rücken runter, o-oh, – denke ich.
– Moment, – sage ich, – aber der Moderator hat doch gesagt, daß es stepan haljabarda ist.
– Und weißt du, – fragt Wasja, – was das bedeutet?
– Was bedeutet?
– Also das da – »haljabarda«?
– Was denn?
– Es bedeutet Bullen.
– Red kein Scheiß.
– Ich sag's dir. Das sind Bullen. Das ist der Chor der mongolischen Milizionäre.
– stepan haljabarda ist der Chor der mongolischen Milizionäre?
– Ja.
– stepan haljabarda?
– Hundertpro.
– Okay, – sage ich. – Ich geb dir recht, daß es wirklich viele sind, und vielleicht
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