Depeche Mode
gehören die zu dir? fragt er mich und zeigt auf Wasja und Dog, zu mir, sage ich, zu mir, und der Vollgekotzte hier? er zeigt noch mal auf Dog, auch zu mir, sage ich, also gut, kommt mit, ich kümmere mich um sie, sagt er nochmal zur Streife, rede in MEINEM Büro mit ihnen, klar? Genosse Hauptmann, sagt die Streife, und was ist mit unserem Plansoll, verpißt euch, sagt Mykola Iwanowytsch, kapiert? kapiert, sagt die Streife traurig und geht wieder auf die Pirsch, Plansoll erfüllen.
– Also folgendes: Ihr beide bleibt hier im Korridor sitzen und wartet. Und du, – zeigt er auf mich, – kommst mit.
– Gut, – sage ich und betrete sein mit Propaganda vollgehängtes Büro. – Sie haben aber viele Poster hier, – sage ich.
– Quatsch bloß nicht rum, verdammte Scheiße, – regt sich Mykola Iwanowytsch auf. – Quatsch bloß nicht rum. Dir werd ich's zeigen, kleines Arschloch. Was hab ich dir gesagt? Ich bring dich um, wenn du mir noch mal unter die Augen kommst. Stimmt's oder hab ich recht?
– Stimmt.
– Und?
– Mykola Iwanowytsch …
– Was?
– Verzeihen Sie mir. Ich wollte heute nicht trinken. Verstehen Sie … Wir kommen gerade vom Leichenschmaus.
– Wo kommt ihr her?
– Vom Leichenschmaus.
– Von welchem Leichenschmaus?
– Der Dekan … – presse ich hervor.
– Was?
– Der Dekan, – sage ich. – Ist am Freitag gestorben. Heute war die Beerdigung. Wir haben auf dem Friedhof ausgeholfen. Wissen Sie, das Grab schaufeln, den Sarg zuschütten.
– Wirklich? – fragt Mykola Iwanowytsch bestürzt.
– Mhm.
– Und warum läufst du ohne Schnürsenkel rum?
– Die haben Sie mir doch weggenommen, Mykola Iwanowytsch.
Mykola Iwanowytsch schweigt lange und traurig, die Schnürsenkel gibt er mir aber nicht zurück.
– Ach, Junge, Junge. Was soll ich bloß mit dir machen?
– Weiß nicht, – sage ich. – Keine Kohle. Dekan tot.
– Wie hat er denn geheißen, dein Dekan?
– Weiß der Kuckuck.
– Wie?
– Na, er hatte so einen komischen Namen, verstehen Sie …
– Ich verstehe, – sagt Mykola Iwanowytsch nachdenklich.
– Was ist das nur für ein beschissenes Land? – sagt plötzlich Mykola Iwanowytsch. – Die Leute sterben wie die Fliegen. Mein Sohn liegt auf der Intensivstation.
– Wie, auf der Intensivstation? – frage ich.
– Also vor drei Tagen ist er nachts in eine Apotheke eingebrochen. Vitamine holen, sagt er. Na, ich weiß schon, was das für Vitamine sind, mich kannst du nicht an der Nase herumführen, mit MEINER Lebenserfahrung.
– Und?
– Das kleine Arschloch ist durch die Fensterluke reingeklettert, hat dort irgendwelche Tabletten genommen, eine ganze Packung geschluckt, und als er zurück wollte, machte er schlapp. Blieb im Fenster stecken.
– O mein Gott, – sage ich.
– Ja, – Mykola Iwanowytsch studiert nachdenklich eines der Plakate hinter meinem Rücken. – Morgens kommen die Leute zur Apotheke und sehen, da hängt einer im Fenster und atmet nicht. Haben Schiß gekriegt, dachten, aus – der ist tot, aber als sie näher kommen, sehen sie, er atmet doch noch.
– Na super, – sage ich.
– Was heißt hier super? Beim Rauskriechen hat er sich was verrenkt, dazu hatte er auch noch meine Jacke an, stell dir mal vor, MEINE Jacke, also, mit einem Wort, ist steckengeblieben, kein Vor, kein Zurück. Dabei ist er auf Turkey.
– Und dann?
– Sie haben den Rettungswagen gerufen. Die Sanitäter sagen – wir können ihn da nicht rausholen, er reißt sich alles auf oder erstickt dabei, was sollen wir also tun? fragen sie die Sanitäter, was tun, sagen die Sanitäter, was tun, keine Ahnung, sagen sie, laßt ihn hängen, bis er von selbst rausfällt, er ist doch auf Turkey, sagen sie, wenn er auf Turkey ist, gebt ihm was, damit er nicht ins Gras beißt. Und diese Idioten, stell dir mal vor, haben wirklich angefangen, ihn mit Rauschgift zu füttern. Und er, das kleine Arschloch, hat alles, was er braucht, denkt gar nicht dran, da rauszukriechen, stell dir mal vor, da hängst du in einer fremden Jacke und kriegst noch Drogen gefüttert.
– Geil, – sage ich.
– Ja, – sagt Mykola Iwanowytsch … – Was heißt hier geil? Hat nicht mal seinen Namen genannt, der Hund. Ich komme vom Dienst heim, und meine Alte heult – unser Sohn ist verschwunden. Verstehst du? Gut, daß sie am nächsten Tag in seiner Tasche MEINEN Ausweis gefunden haben.
– Und warum haben sie ihm in die Taschen gegriffen? – frage ich.
– Ich denke, sie
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