Depeche Mode
das ich Sie aufhalte – ich habe gar keine Platte.
– Na Gott sei Dank, – sage ich.
– Das heißt, ich hatte eine, aber letzte Woche habe ich sie unseren Sponsoren geschenkt. Sie hatten versprochen, die Renovierung des Studios zu finanzieren, und da wollte ich ihnen etwas Gutes tun. Und habe ihnen die Platte geschenkt.
– O mein Gott, – sage ich.
– Ich wollte Sie was fragen, wenn Sie nichts dagegen haben, natürlich. Darf ich?
– Sie dürfen, – sage ich.
– Sagen Sie, stimmt es wirklich, daß Sie Wodka trinken und leichte Drogen konsumieren?
– Ja, stimmt, – sage ich zögernd.
– Ehrlich?
– Mhm.
– Und bei mir, – sagt er traurig, – hat's zusammen nie geklappt. Entweder Wodka oder Shit, verstehen Sie?
– Alles Übungssache, – sage ich.
– Und wie fühlen Sie sich dabei?
– Wie wir uns dabei fühlen? – frage ich.
– Ja, wie fühlen Sie sich dabei?
– Wissen Sie, – sage ich, – ich fühle mich wie ein Fluß.
– Wie ein Fluß?
– Ja. Wie ein Fluß, der gegen die eigene Strömung fließt.
Da legt der Moderator auf – wortlos, theatralisch.
20.06.93 (Sonntag)
0.05
– Ich bin müde.
– Kannst im Zug pennen.
– Klar, – sage ich. – Im Zug. Mit dem Waggon voller Armeeabgänger. Oder Pilzsammler. Oder Milizionäre.
– Ein Waggon voller Milizionäre? – wiederholt Wasja skeptisch. – Also ich weiß nicht.
– Los, gehen wir, – sage ich, und wir machen uns fertig.
Kakao läßt uns raus, habt ihr verstanden? fragt er wieder – bis Kinzewa, dort umsteigen, in Wuslowa raus aus dem Zug, dann ist es schon fast um die Ecke, nur noch ein paar Stunden, – fügt er hinzu und drückt uns eine Broschüre in die Hand, was ist das für eine Scheiße? fragt Wasja, nehmt, sagt Kakao, und möge die göttliche Offenbarung mit euch sein. So ein Arsch, sagt Wasja, als die Tür hinter uns zuschlägt, echt ein Arsch, sage ich, wir gehen runter und sehen im Erdgeschoß neben dem Aufzug Dogs Körper, Dog, rufe ich, du, er ist bestimmt tot, Moment mal, beruhigt mich Wasja, geht zum Dog-Körper und dreht ihn auf den Rücken, Dog ist ganz vollgekotzt, lebt aber noch, ein bißchen länger, und er wäre gestorben, an seiner eigenen Kotze erstickt, ein echter Hendrix, ohne Worte, wie könnte er so vor Gott treten – weiße Schnürsenkel an den Springerstiefeln und ganz vollgekotzt, wir stützen ihn, Dog, sagen wir, Dog, wach auf, er kommt zu sich, erkennt uns sogar, ich habe mich verirrt, sagt er, bin rausgegangen, hab Wodka gekauft, komm zurück und weiß nicht mehr wohin, hab hier gesessen und auf euch gewartet, und wo ist der Wodka? fragt Wasja, den Wodka hab ich getrunken, sagt Dog, es hat angefangen zu regnen, war kalt, ich dachte, ihr kommt und sucht mich, okay, – sagt Wasja enttäuscht, kannst du aufstehen? ja, alles in Ordnung, – Dog erhebt sich, und wir gehen raus auf die Gogol-Straße.
0.30
– Was machen wir jetzt? – fragt Wasja.
– Laß uns heimfahren, – sage ich.
– Und Zündkerze?
– Zündkerze? Mit Zündkerze ist alles okay. Und der hier fährt bestimmt nirgends hin. Willst ihn ja wohl kaum bis Wuslowa mitschleppen oder?
– Alles paletti, – sagt Dog. – Bin in Ordnung. Ich kann fahren.
– Vielleicht besser nach Hause? – frage ich.
– Nein, – sagt Dog. – Bloß nicht nach Hause.
– Okay, – sage ich. – Aber wie wollen wir hinkommen? Ganz ohne Knete.
– Hätten uns bei diesem Arsch was leihen sollen, – sagt Wasja.
– Bei dem will ich mir nichts leihen, – sage ich.
– Was tun?
– Hör mal, – sagt plötzlich Dog, – Marusja hat dir doch was für den Molotow gegeben.
– Richtig, – sage ich. – Hab ich total vergessen. – Ich greife in die Tasche und hole einen soliden grünen Zwanziger raus. – Cool, – sage ich. – Das heißt, wir haben einen Haufen Kohle. Müssen nur irgendwo wechseln. Und nicht gleich alles ausgeben.
0.45
Wir lösen unseren Zwanziger an einem nahen Kiosk ein, und kaum, daß wir den Betrag in nationaler Währung nachgezählt haben, werden wir von einer Streife geschnappt. Fragen nicht mal nach unseren Papieren. Der natürliche Kreislauf des Wassers.
1.25
– Junge?
– Mykola Iwanowytsch …
– Hab dir doch gesagt, so was darf nicht mehr vorkommen.
– Mykola Iwanowytsch, ich kann alles erklären.
– Was kannst du, verdammte Scheiße, schon erklären?
– Mykola Iwanowytsch …
Okay, sagt Mykola Iwanowytsch zur Streife, ich kümmere mich um sie,
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