Depression - 100 Fragen 100 Antworten - Hintergruende - Erscheinung - Therapie
zum Depressionsverständnis bei?
Freud hat mit der Begründung der Psychoanalyse am Ende des 19. Jahrhunderts eine wissenschaftliche Disziplin geschaffen, die mit einer Reihe von Theorien die beobachtbaren Reaktionen der menschlichen Psyche zu erklären versucht. Die psychoanalytische Theorie ist ein System von Hypothesen über normale wie auch gestörte Funktionsweisen und Entwicklungen der menschlichen Psyche, die den bedeutendsten Beitrag darstellen, der bis heute zur Psychologie des Menschen geleistet worden ist.
Im psychoanalytischen Denken finden sich zwei Grundannahmen, die durch zahlreiche neuere Forschungen und Beobachtungen bestätigt worden sind. Die erste Grundhypothese besagt, dass menschliches Denken, Fühlen und Handeln stärker von unbewussten psychischen Vorgängen als von bewussten Überlegungen geleitet wird. Das zweite Grundprinzip ist das der psychischen Determiniertheit, was heißt, dass im psychischen Leben nichts zufällig ist, sondern alles von vorangegangenen Geschehnissen beeinflusst wird. Fügt man diese beiden fundamentalen Hypothesen zusammen, so bedeutet dies, dass frühe Beziehungserfahrungen (z. B. mit Mutter und Vater) Auswirkungen darauf haben, wie man im späteren Leben Beziehungen erlebt, ohne dass man sich jedoch dieser Verknüpfung und ihrer vielfältigen Folgen wirklich bewusst ist.
Auf dem Hintergrund der geschilderten Gegebenheiten wird verständlich, dass schwierige Kindheitserfahrungen ein Leben auch im Erwachsenenalter mit ungelösten Konflikten so einschränken und belasten können, dass sich daraus Depressionen entwickeln können. Zu den verschiedenen Entstehungsarten von Depressionen sind zahlreiche psychoanalytische Theorien entstanden, aus denen fünf charakteristische Depressionstypen herausgearbeitet worden sind (H. Will):
• Eine Ü berich- oder Schulddepression , bei der Schuldempfindungen mit Selbstanklage im Zentrum der Emotionen stehen,
• eine oral-abhängige Depression mit ängstlicher Sehnsucht nach Liebe und Trost und der Enttäuschung, zu wenig von dieser Zuwendung zu erhalten,
• eine Ich-Depression mit Hilflosigkeits- und Hoffnungslosigkeitsgefühlen,
• eine narzisstische Depression mit der Empfindung von Scham und Selbsterniedrigungsimpulsen,
• und eine realistische oder schöpferische Depression , in der eine echte Trauer zugelassen werden kann, die zum Ausgangspunkt für Hoffnung und für eine Zukunft werden kann.
Diese Depressionstypen, die hier schlagwortartig dargestellt sind, können sich untereinander auch kombinieren und bilden gesamthaft ein theoretisches Gerüst zum psychoanalytischen Depressionsverständnis. Das individuelle Erkennen der jeweils vorliegenden Depressionssituation soll eingebettet in die Technik psychoanalytischer Bearbeitung ungelöste psychische Konflikte lösen und eine positive Entwicklung aus der Depression ermöglichen.
Gemäß einer Studie der Uni-Kliniken Berlin und Heidelberg bieten langfristige Psychoanalysen, die an die Wurzeln eines Seelenleidens gehen, echte Heilungschancen, während die Anwendung kurzzeitiger Psychotherapien zwar durchaus Linderung verschaffe, aber nicht verhindern könne, dass Störungen zu einem späteren Zeitpunkt wieder auftauchen.
Frage 69
Um welche Art von Behandlung geht es bei EMDR?
EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) bedeutet frei übersetzt «Desensibilisierung und Neugestaltung durch Augenbewegungen». Es handelt sich um ein Verfahren, das basierend auf der 1987 erfolgten zufälligen Entdeckung von Frau F. Shapiro, einer Forscherin aus Palo Alto (Kalifornien), entstand. Die Forscherin, die nach einer überlebten Krebserkrankung unter schwierigen Erinnerungen litt, merkte, dass sie sich mit schnellen Augenbewegungen Erleichterung von diesen belastenden Gedanken verschaffen konnte. Das therapeutische Verfahren, das daraus entwickelt wurde, verknüpft verschiedene bewährte Therapieformen und weist damit verhaltenstherapeutische Elemente (siehe Frage 66 ) auf, wie auch Vorgehensweisen, die viel Ähnlichkeit mit einem klassischen psychoanalytischen Vorgehen haben (siehe Frage 68 ) . EMDR kann in diesem Sinne nicht als isolierte Technik angewendet werden, sondern nur eingebettet in eine Gesprächstherapie, die der dynamischen Funktionsweise der menschlichen Psyche Rechnung trägt. EMDR ist ein machtvolles Instrument, das eine solide Ausbildung verlangt und erst nach längerer therapeutischer Erfahrung mit der entsprechenden
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